Warum Jovic derzeit kaum vermittelbar ist

Wenn Real Madrid am Mittwochabend versucht, die 3:4-Niederlage aus dem Halbfinal-Hinspiel gegen Manchester City noch wettzumachen, um das Endspiel der Champions League zu erreichen, dürfte Luka Jovic wieder einmal nur eine Nebenrolle spielen. Bei den Königlichen ist der frühere Torjäger von Eintracht Frankfurt nie wirklich angekommen, ein Abschied im Sommer gilt als wahrscheinlich. Doch manch ein Interessent - u.a. der BVB wurde gehandelt - könnte bei der Kosten-Nutzen-Analyse eines Transfers skeptisch werden.
Manchmal kann eine Ablöse ein ziemlich schwerer Rucksack sein: Wahnwitzige 63 Millionen Euro wanderten im Sommer 2019 aufs Konto der Frankfurter Eintracht, als Luka Jovic in Madrid unterschrieb.
Gleich für sechs Jahre band sich der Angreifer damals an die Königlichen, die ersten drei liefen allerdings, so viel lässt sich heute schon sagen, überhaupt nicht nach Plan. Bei Real erhält der 24-Jährige weiterhin kaum Spielzeit.
Unübersehbar ist Jovics Karriere gewaltig ins Stocken geraten: In der aktuellen Saison durfte der Serbe erst 473 Minuten in Pflichtspielen mitwirken, verteilt auf 17 Einsätze. Ein Tor und zwei Vorlagen sind seine frustrierende Ausbeute.
Auch am Mittwoch wird der Nationalspieler im elementar wichtigen Heimspiel gegen Manchester City (ab 21 Uhr im LIVE-Ticker bei sport.de) wohl höchstens als Joker für die Schlussphase eine Option sein.
Wahrscheinlicher ist jedoch, dass Reals Meister-Trainer Carlo Ancelotti einmal mehr komplett auf Jovics Dienste verzichten wird - für den Goalgetter a. D. längst trauriger Alltag. Doch wie konnte es so weit kommen?
Stellvertreter-Rolle für Jovic mehrere Nummern zu groß
In Frankfurt war Jovic als Teil der legendären "Büffelherde" neben Sébastien Haller und Ante Rebic einst zu einem der begehrtesten Spieler Europas aufgestiegen. Insgesamt 40 Tore erzielte er in 93 Spielen mit dem Adler auf der Brust.
Zwischenzeitlich war Jovic so gehypt, dass selbst die von Real investierten 63 Millionen Euro als fairer Preis galten. Aus heutiger Sicht dürften die Bosse des spanischen Top-Klubs freilich anders denken.
Dabei kann dem Stürmer wohl kaum vorgeworfen werden, am momentan vielleicht besten Neuner der Welt, Karim Benzema, nicht vorbeizukommen. Doch auch die Rolle des Stellvertreters scheint für Jovic derzeit mehrere Nummern zu groß. Zu unauffällig blieb er bei seinen wenigen Bewährungschancen.

Die unbefriedigende Situation bereitet längst auch ehemaligen Wegbegleitern aus Frankfurter Zeiten große Sorgen. Einer davon ist Jovics Landsmann Dragoslav Stepanovic, selbst lebende Eintracht-Legende.
"Die Zeit ist ein großes Problem. Luka spielt seit drei Jahren nicht mehr regelmäßig", mahnte der 73-Jährige im Gespräch mit "Sport1" an und forderte: "Er sollte zu einem Verein wechseln, bei dem er Stammspieler ist und bei dem er wieder das Top-Level erreicht. [...] Er muss weg von Real Madrid!"
Fragt sich nur, wer als Abnehmer überhaupt in Frage käme.
Hartnäckige Gerüchte um BVB-Interesse - Bosse hegen Zweifel
Ein Verein, der in der Gerüchteküche regelmäßig mit Jovic in Verbindung gebracht wird, ist Borussia Dortmund. Im Angriff steht dem BVB ein Umbruch bevor, nach einem möglichen Verkauf von Top-Star Erling Haaland könnte die Offensivwucht auf mehrere Schultern verteilt werden.
Und siehe da: Nach "Sport1"-Informationen soll sich Jovic zuletzt sogar selbst bei den Westfalen angeboten haben. Doch so sehr er auch mit einem Engagement bei den Schwarz-Gelben flirtet, so groß sollen die Vorbehalte in der Chefetage des Bundesligisten sein.
Mehr dazu: Jovic flirtet mit BVB-Wechsel - Zweifel an Ex-Eintracht-Stürmer
Skepsis gibt es dort angeblich sowohl mit Blick auf den Fitnesszustand als auch die fehlende Spielpraxis des Serben. Der BVB stehe daher "nicht komplett hinter dieser Idee".
Neben besagten Zweifeln soll es noch ein weiteres Problem geben: Jovics exorbitantes Gehalt. Zwar soll Real bereit sein, den 24-Jährigen schon für 20 Millionen Euro ziehen zu lassen, allerdings soll er bei den Königlichen derzeit über zehn Millionen Euro pro Saison verdienen.
Spätestens an diesem Punkt dürfte eine Kosten-Nutzen-Analyse der Borussen einen gesenkten Daumen zur Folge haben, die Mitbewerber (FC Arsenal, Juventus Turin) ebenso zaudern. Das Gesamtpaket scheint im Moment kaum vermittelbar.
Jovic muss Argumente sammeln, darf es aber nicht
Und nun? Das wissen weder Luka Jovic, noch seine Berater wohl selbst so recht. Kleinere Brötchen backen wollen sie eigentlich nicht, den lukrativen Vertrag auszusitzen könnte die Karriere des abgestürzten Überfliegers jedoch komplett ruinieren.
Ein erster Schritt in die richtige Richtung wäre zunächst einmal das eine oder andere sportliche Lebenszeichen des Edelreservisten, frei nach dem Motto: "Schaut her, ich kann's noch!"
Ob Coach Ancelotti Jovic diese Gelegenheiten im Saison-Endspurt einräumen wird, ist indes mehr als fraglich. Allzu große Stücke soll der frühere Übungsleiter des FC Bayern auf den Angreifer nicht halten, das berichten mehrere spanische Medien übereinstimmend.
Die Krux: Ohne neue sportliche Argumente dürfte ein derart ambitionierter Klub wie der BVB, enttäuschende Saison hin oder her, sicher nicht bereit sein, ein Multi-Millionen-Paket für Jovic zu schnüren. Zu groß ist das Risiko, dass Preis und Leistung am Ende nicht zusammenpassen.
Heiko Lütkehus