Jonas Hofmanns überraschender Aufstieg im DFB-Team

Drei Tore schoss die DFB-Elf in den vergangenen drei Länderspielen, an allen war Jonas Hofmann von Borussia Mönchengladbach direkt beteiligt. Der 29-Jährige ist der große Gewinner im Nations-League-Block, für die WM scheint er unverzichtbar zu werden.
Jonas Hofmann war unter dem Strich wieder einmal einer der Besten in der verunsicherten Mannschaft von Hansi Flick - obwohl er in der 72. Minute die Riesenchance zum vermeintlichen Siegtreffer in Budapest gegen Ungarn recht kläglich vergab.
"Ich muss das Siegtor machen, das muss ich auf meine Kappe nehmen", gab der Gladbacher hinterher zu. Am Ende reichte es für die DFB-Auswahl, wie schon zuvor gegen Italien und England, nur zu einem 1:1-Unentschieden.
Dass es Hofmann besser kann, hat er dem Bundestrainer mehrfach schon bewiesen. Denn seit Hansi Flick das Erbe von Joachim Löw antrat, war Hofmann in zehn von zwölf Länderspielen mit von der Partie. Nur bei den Freundschaftsspielen im März fehlte er aufgrund eines Muskelfaserrisses.
Zunächst galt er lediglich als Verlegenheitslösung auf der rechten Abwehrseite, nachdem der eigentliche Hoffnungsträger Ridle Baku Anfang September 2021 nach 30 Minuten gegen Liechtenstein aus taktischen Gründen ausgetauscht wurde. Dann durfte er auch auf seiner Stammposition als rechter Mittelfeldspieler ran.
Hofmann: "Hansi Flick ist ein Glücksfall für mich"
Hofmann löst seine Aufgabe derart zuverlässig, dass er sich als Flicks Allrounder auf der rechten Seite fest spielte. Am 14. Juli wird der Gladbacher 30 Jahre alt und ist für die WM eigentlich nicht mehr wegzudenken.
"Hansi Flick ist ein Glücksfall für mich", ahnte Hofmann bereits Ende des letzten Jahres. Und Flick gab das Lob zurück: "Jonas ist ein sehr intelligenter und ballsicherer Spieler mit einer guten Geschwindigkeit." Wie torgefährlich der "Spätzünder" ist, bewies Hofmann insbesondere in der vergangenen Saison bei den Gladbacher Fohlen.
Zwölf Tore schoss er in 2021/22 und verdoppelte damit seine bisherige persönliche Bestmarke innerhalb einer Bundesliga-Saison. Nebenbei war er damit der zweitbeste deutsche Torschütze hinter Bayerns Serge Gnabry (14 Tore).
Eine umso erstaunlichere Entwicklung, flog Hofmann doch lange Zeit unter dem Radar. Vor Flicks Dienstantritt sammelte er nur drei Teilzeiteinsätze im DFB-Trikot. Erst mit Mitte 20 hatte Hofmann den Durchbruch bei Borussia Mönchengladbach geschafft, zuvor hatte er sich unter anderem beim BVB nicht final durchsetzen können. Damals wie heute war der gebürtige Heidelberger keiner, für den Klubs aus England oder Spanien viel Geld in die Hand genommen hätten.
Spielintelligenz gepaart mit Torriecher
Doch auf den Schienenspieler ist längst Verlass. Zudem zeigt er eine außergewöhnliche Spielintelligenz und das Gespür für freie Räume. Wie jüngst beim 1:1-Ausgleich in Ungarn unter Beweis gestellt, als er im Stile eines Mittelstürmers einlief und den Ball mit seiner feinen Technik an Schlussmann Peter Gulacsi vorbeispitzelte.
Hofmann ist ein Hoffnungsträger, der keiner sein sollte. Denn Tore schießen sollen eigentlich andere. Wie etwa Timo Werner, der in Budapest nur viermal im gegnerischen Strafraum den Ball berührte. Der Gladbacher hatte acht dieser Ballkontakte und war mit Abstand führend in jener Kategorie.
Und so macht er es wie in Mönchengladbach: Er klebt nicht bloß auf seiner rechten Seite, speziell gegen Ungarn rotierte er viel und erwischt den Gegner häufig auf dem falschen Fuß.

Drei Tore schossen Flicks Mannen in den drei Nations-League-Spielen: Hofmann bereitete als Joker das 1:1 gegen Italien vor und schoss die Tore gegen England und Ungarn höchstselbst. "Er ist da, wo Tore fallen", brachte Flick die Qualitäten seines Hoffnungsträgers auf den Punkt. Mit dem Wissen, dass er momentan nur wenige Spieler mit dieser Kompetenz im Kader hat.
Hofmann-Heimspiel gegen Italien
Jonas Hofmann hat seine Chance genutzt - wahrscheinlich seine letzte, um an einer Weltmeisterschaft teilzunehmen. Denn der 29-Jährige hat mehr vor in seinem Leben, als "nur" Fußball-Nationalspieler gewesen zu sein. Sein Bauchgefühl sage ihm, dass sein Abschied vom Rasen, vielleicht mit 32 oder 33, auch eine Abkehr vom Fußballgeschäft sein werde.
Nach der aktiven Karriere wünscht sich Hofmann "einen geregelten Arbeitstag - und auch mal wieder ein freies Wochenende". Vorgesorgt hat er: Als Gründer der Immobilienfirma "Big Bang Building" oder als Franchisenehmer einer Sandwich-Kette sind die Weichen gestellt.
Das Länderspiel gegen Italien wird für Hofmann ein krönender Abschluss der Juni-Länderspiele. In Mönchengladbach hat er ein echtes Heimspiel und kann vor den eigenen Fans beweisen, dass er auf dem Weg zur WM unverzichtbar geworden ist.
Lars Wiedemann