27.06.2024 09:05 Uhr

Warum Danish Dynamite für Deutschland schwer zu knacken ist

Das DFB-Team bekommt es im Achtelfinale mit Dänemark zu tun
Das DFB-Team bekommt es im Achtelfinale mit Dänemark zu tun

Kein Sieg, keine Niederlage, nur zwei Tore: "Danish Dynamite" erreichte nur aufgrund der weniger erhaltenen Gelben Karten gegenüber Slowenien als Gruppenzweiter das Achtelfinale der EM 2024. Vor allem in der Offensive fehlte es dem Europameister von 1992 an Durchschlagskraft. Unterschätzen sollte die deutsche Fußball-Nationalmannschaft das Team von Kasper Hjulmand aber keinesfalls.

Als einzige Mannschaft neben Slowenien spielte Dänemark dreimal unentschieden. Doch ist das Glas nun halbvoll oder halbleer? "Lasst uns einfach fröhlich darüber sein, dass wir weitergekommen sind", formulierte es Trainer Kaspar Hjulmand nach dem mäßigen 0:0 gegen Serbien in München und wollte eher voraus- als zurückblicken.

Der Coach, der in der Saison 2014/15 Mainz 05 trainierte, habe Deutschland von Beginn an als Turnierfavoriten gesehen, habe aber ein gutes Gefühl. "Wir mögen solche Spiele." Dass dem so ist, zeigte Dänemark unter anderem am 2. Spieltag gegen die derzeit etwas biederen Engländer, als man als Außenseiter einen Sieg durchaus verdient gehabt hätte.

Die sieglosen Dänen zu unterschätzen, wäre ein großer Fehler für Julian Nagelsmann und sein Trainerteam. Das dürfte klar sein, denn insbesondere in der Offensive wäre deutlich mehr drin gewesen als die mageren zwei Törchen.

  • Viel Aufwand, wenig Ertrag: Dänemark gab bis dato in jedem EM-Spiel mehr Schüsse als der Gegner ab. Summa summarum sind es 42 Abschlüsse, von denen allerdings nur zwei im Netz zappelten. 21 Schüsse für ein Tor benötigt "Danish Dynamite" also - eine schwächere Quote haben nur Frankreich (24) und Gruppengegner Serbien (26). Die Hjulmand-Elf erspielte sich lediglich vier Großchancen, von denen eine genutzt wurde. Ein weiteres Problem: Dänemark bringt Stürmer Rasmus Höjlund, der sieben Tore in der EM-Qualifikation erzielte, zu selten in gute Abschlusspositionen. Der 21-Jährige, den Manchester United im Sommer 2023 für 74 Millionen Euro verpflichtete, stand in allen Gruppenspielen als zentrale Spitze in der Startelf, kam aber auf nur auf zwei Abschlüsse und hatte keine Großchance! "Rasmus arbeitet viel, ist aber sehr einsam", verweist Coach Hjulmand auf die fehlende Unterstützung für sein Sturmjuwel.

Deutlich auffälliger präsentiert sich hingegen ein Routinier, der bereits bei der vergangenen Europameisterschaft im Fokus stand: Christian Eriksen. Beim EM-Auftakt 2021 war er gegen Finnland zusammengebrochen, die dramatischen Bilder gingen damals um die Welt. Dass der inzwischen 32-Jährige wieder voll auf der Höhe ist, zeigte er spätestens in der laufenden Gruppenphase.

  • Rekordnationalspieler Eriksen als "One-Man-Show": Er genießt alle Freiheiten im offensiven Mittelfeld und erzielte nicht nur das erste Turniertor der Dänen gegen Slowenien. An mehr als der Hälfte der Abschlüsse seines Teams war Eriksen direkt beteiligt (23 von 42) - zehnmal suchte er selbst den Abschluss, 13 Mal legte er auf. Hinzu kommt eine überragende Zweikampfbilanz von 73 Prozent gewonnener Duelle. Übrigens ist Eriksen seit dem jüngsten 0:0 gegen Serbien mit 133 Einsätzen Rekordnationalspieler seines Landes - und das, nachdem er 2021 noch um sein Leben bangen musste.

Das dänische Herzstück ist seit Jahren die Defensivabteilung. Top organisiert von Abwehrchef Andreas Christensen, fleißig in der Arbeit gegen den Ball und schwer zu knacken: In den vergangenen 27 Länderspielen kassierte Dänemark nur einmal mehr als zwei Gegentore. 

  • Gut organisiertes Bollwerk: Im bisherigen Turnierverlauf ließ Dänemark nur sieben Schüsse zu (von 28), die auf das Tor des erfahrenen Kasper Schmeichel gingen. Das unterbietet nur Portugal (vier). Gegen Serbien etwa ließ Dänemark insgesamt nur fünf Abschlüsse des Gegners und keine einzige Großchance zu. Ein Schlüssel ist dabei das defensive Mittelfeld um den offensiv sehr agilen Pierre-Emile Höjbjerg und Morten Hjulmand, die im Spielaufbau immer wieder auch vom aufrückenden Innenverteidiger Christensen unterstützt werden. Die Komponente Hjulmand fällt im Achtelfinale gegen Deutschland allerdings weg, denn der Mann von Sporting Lissabon ist gelb-gesperrt. Wer in die Bresche springen wird, ist noch unklar. Ein Kandidat ist der erfahrene Ex-Borusse Thomas Delaney, der am Samstag im Dortmunder EM-Stadion sicherlich besonders gern auflaufen würde. 

Lars Wiedemann