19.03.2025 19:26 Uhr

Nagelsmanns wundersame Abkehr vom Leistungsprinzip

Julian Nagelsmann setzt auf Oliver Baumann (r.) im DFB-Tor
Julian Nagelsmann setzt auf Oliver Baumann (r.) im DFB-Tor

Hoffenheims Oliver Baumann geht als Übergangs-Nummer-eins in die Nations-League-Viertelfinalspiele gegen Italien (20.03./ARD, 23.03. live bei RTL) und erhält damit von Bundestrainer Julian Nagelsmann den Vorzug gegenüber Alexander Nübel vom VfB Stuttgart. Eine Entscheidung, die sich durch das öffentlich in den Fokus gestellte Leistungsprinzip nicht rechtfertigen lässt. Ein Kommentar.

"Der entscheidende Punkt ist sportliche Bewertung: Hat er es verdient oder nicht?", so erklärte Julian Nagelsmann in der vergangenen Woche die Nominierung seines 23-köpfigen Aufgebots für die Nations-League-Partien gegen Italien (20.03./ARD, 23.03. live bei RTL und auf RTL+). Im Vergleich zu seinen Vorgängern steht das berüchtigte Leistungsprinzip bei der Auswahl des Aufgebots endlich wieder im Fokus.

Bislang handelte der Bundestrainer stets konsequent, schreckte auch vor Härtefallentscheidungen nicht zurück. Umso verwunderlicher, dass der 37-Jährige bei der Torwart-Frage so von seinen Prinzipien abweicht. Warum erhält Oliver Baumann, der zuletzt verletzungsbedingt wochenlang ausfiel, nun den Vorzug gegenüber Alexander Nübel?

Nationalmannschaft: Baumann patzt - Nübel nicht

Zunächst einmal: Weder der eine noch der andere Schlussmann konnte in den vergangenen Wochen sein ganzes Leistungsvermögen konstant unter Beweis stellen. Auch die klare DFB-Nummer drei, Stefan Ortega, leistete sich bei Manchester City zuletzt mehrfach Patzer, bewarb sich so ebenfalls nicht für die Rolle als Nummer eins.


Exklusiv: So begründet Nagelsmann seine Entscheidung


Von einem Torwart-Problem ist man zwar noch weit entfernt, dennoch überrascht die Entscheidung pro Baumann. Vier Wochen lang stand der Routinier der TSG Hoffenheim nicht zur Verfügung, verpasste fünf Partien in der Bundesliga. Bei der jüngsten Niederlage beim FC St. Pauli patzte der 34-Jährige entscheidend, ermöglichte den Hamburgern so den 1:0-Sieg. Ein Fehler zur absoluten Unzeit.

Auch Nübel bekleckerte sich zuletzt nicht mit Ruhm, kleine Unsicherheiten leistete sich auch der Schlussmann des VfB. Gravierende Patzer suchte man bei der Leihgabe des FC Bayern zuletzt aber vergeblich. Zudem ist der 27-Jährige voll im Rhythmus, absolvierte in diesem Jahr bereits 13 Pflichtspiele über 90 Minuten. 

Nagelsmann-Entscheidung sendet ein fatales Signal

Natürlich könnte man nun sagen, dass die Entscheidung des Bundestrainers von nicht allzu großer Bedeutung ist, rückt Baumann doch wieder ins zweite Glied, sobald Marc-André ter Stegen nach seiner Verletzung zurückkehrt. Dennoch ist eine Entscheidung mit fataler Signalwirkung für andere Positionen. Ist das Leistungsprinzip nun doch nicht der alles entscheidende Faktor?

Mit Blick auf die Statistiken der Bundesliga-Keeper lassen sich kaum Unterschiede feststellen. Baumann überzeugt insbesondere auf der Linie, fällt positiv auf, wenn es um die Vereitelung von Torchancen geht. Nübel hingegen glänzt, wenn es darum geht, am ballbesitzorientierten Spiel der Schwaben teilzunehmen. Ein Ansatz, den auch das DFB-Team unter Nagelsmann verfolgt.

Durch klare, nachvollziehbare Entscheidungen hatte sich der Bundestrainer zuletzt Vertrauen und Glaubwürdigkeit bei Spielern und Fans erarbeitet. Durch das fragwürdige Torwart-Machtwort, das sich nicht alleine durch die Leistungen der jüngeren Vergangenheit erklären lässt, könnte dies nun anfangen zu bröckeln.