Wie Alonso zum Architekt des Bayer-Erfolgs wurde

Als Xabi Alonso im Oktober 2022 das Traineramt bei Bayer 04 Leverkusen übernahm, war der Klub weit von der Bundesliga-Spitze entfernt. Nach einem schwachen Saisonstart drohte ein enttäuschendes Jahr, doch nur kurze Zeit später war klar: Mit Alonso hatte Leverkusen nicht nur einen neuen Trainer, sondern eine völlig neue Identität erhalten. Der Spanier brachte frischen Wind, taktische Raffinesse und ein klares Konzept mit – und formte innerhalb kürzester Zeit aus einer verunsicherten Mannschaft ein Top-Team.
Was genau hat Alonso bei der Werkself verändert, und wie konnte der im Sommer scheidende Trainer einen derart tiefgreifenden Wandel herbeiführen?
Taktische Klarheit und Spielintelligenz
Ein wesentlicher Faktor für den Erfolg unter Alonso ist die taktische Disziplin, die er der Mannschaft eingepflanzt hat. Bereits als Spieler galt Alonso als Denker auf dem Feld – jemand, der das Spiel nicht nur verstand, sondern es lesen konnte. Diese Fähigkeit bringt er nun als Trainer ein.
Leverkusen spielt unter dem Spanier strukturiert, kontrolliert und gleichzeitig mit einer hohen Dynamik. Besonders auffällig ist die Flexibilität des Systems: Ob 3-4-2-1 oder 4-2-3-1 – Alonso passt seine Formation an den Gegner an, ohne dass die Mannschaft dabei ihre Spielidee verliert.
Ein weiteres Merkmal ist das überlegte Aufbauspiel, das mit klaren Passwegen und Positionsspiel überzeugt. Alonso verlangt viel Ballbesitz, aber nicht zum Selbstzweck, sondern um Lücken zu reißen und gezielt Räume zu bespielen. Spieler wie Granit Xhaka oder Exequiel Palacios haben unter ihm an Konstanz und Präsenz gewonnen. Auch ohnehin hochbegabte Talente wie Florian Wirtz oder Jeremie Frimpong profitieren von Alonsos System, blühen unter seiner Führung auf und sind am Ende seiner Amtszeit zu absoluten Führungsspielern herangereift.
Spielerentwicklung und Kaderoptimierung
Ein weiterer Erfolgsfaktor ist Alonsos Fähigkeit, Spieler gezielt weiterzuentwickeln. Er erkennt Stärken und Schwächen und setzt seine Spieler entsprechend ein – oft auf Positionen, auf denen sie ihr Potenzial besser entfalten können.
Besonders bei Wirtz, Frimpong und Piero Hincapié zeigt sich, wie gut Alonso junge Talente integriert und gleichzeitig fordert. Auch Neuzugänge wie Alejandro Grimaldo oder Victor Boniface schlugen direkt ein und passten perfekt ins Konzept – eine Folge kluger Kaderplanung, bei der Alonso eine zentrale Rolle gespielt hat.
Darüber hinaus herrscht in der Mannschaft eine klare Hierarchie, ohne dass sie starr wirkt. Routiniers wie Granit Xhaka und Jonathan Tah geben Stabilität, während die jungen Spieler kreativ und risikofreudig agieren dürfen. Diese Balance zwischen Erfahrung und jugendlichem Elan ist ein Markenzeichen des aktuellen Leverkusener Spiels.
Mentale Stärke und Teamgeist
Nicht zu unterschätzen ist Alonsos Einfluss auf die mentale Verfassung der Mannschaft. Wo zuvor Unsicherheit herrschte, ist heute Selbstvertrauen spürbar. Leverkusen tritt nicht nur spielerisch reif auf, sondern auch mental gefestigt. Späte Tore, Comebacks und eine hohe Laufbereitschaft sind Ausdruck eines Teams, das an sich glaubt und für den Trainer durchs Feuer geht.
Alonso schafft es, eine klare Philosophie zu vermitteln, die von der gesamten Mannschaft mitgetragen wird. Seine ruhige, aber bestimmte Art verschafft ihm Respekt, ohne autoritär zu wirken. Er ist nah an den Spielern, aber auch fordernd – eine Mischung, die bei vielen Trainern schwer zu finden ist.
Fazit:
Xabi Alonso hat Bayer Leverkusen nicht einfach nur verbessert – er hat die Mannschaft auf ein neues Level gehoben. Mit kluger Taktik, individueller Spielerförderung und mentaler Stärke hat er aus einem Bundesligisten mit Potenzial ein echtes Top-Team geformt.
Doch ob diese Mannschaft auch in Zukunft noch Bestand haben wird, steht unter einem anderen Stern. Der Abgang von Alonso, vermeintlich zu Real Madrid, wird schwer aufzufangen sein – nicht nur auf Trainer-, sondern auch auf Spielerseite. Denn wer aus dem aktuellen Team in der Saison 2025/26 weiterhin unterm Bayer-Kreuz auflaufen wird, bleibt abzuwarten. Gerüchte im Wechsel zur Konkurrenz gibt es wie Sand am Meer.
Marco Asbeck