27.06.2025 13:02 Uhr

Gehalts-Ärger? Das steckt hinter dem Poker um Woltemade

Nick Woltemade will zum FC Bayern wechseln
Nick Woltemade will zum FC Bayern wechseln

Diese Transfer-Überraschung beschäftigt Fußball-Deutschland. Durchstarter Nick Woltemade ist sich mit dem FC Bayern mündlich über einen Vertrag bis 2030 einig. Nun zeichnet sich ein harter Poker zwischen den Bayern und dem VfB Stuttgart ab. Wir beantworten die wichtigsten Fragen rund um die Causa Nick Woltemade.

Wie kam es zu der jüngsten Entwicklung? Welche Rolle spielt das Geld?

Eigentlich schien alles klar. Woltemade hat beim VfB in der vergangenen Saison eine rasante Entwicklung genommen, wurde zum Shootingstar, gewann den Pokal und verfügt über einen langfristigen Vertrag bis 2028 – ohne Ausstiegsklausel. Im Klub ging man fest davon aus, dass der Nationalspieler in Stuttgart bleibt, trotz immer mehr Gerüchten rund um Klubs wie Real oder Atletico Madrid – oder auch die lauter werdenden aus München.

Eine Entwicklung hat aber für ein Umdenken gesorgt. Ende der Saison hat nach Recherchen unserer Redaktion der VfB Stuttgart Woltemade ein verbessertes Vertragsangebot vorgelegt. Das Jahresgehalt sollte demnach von 1,5 Millionen Euro auf 2,5 Millionen Euro ansteigen.

Aufgrund der steilen Entwicklung und Leistungen im VfB-Dress und auch der Nationalmannschaft wertete die Woltemade-Seite diese Offerte aber als deutlich zu niedrig.

Zum Vergleich: Stars wie Deniz Undav und Angelo Stiller gehören seit ihren neuen Vertragsabschlüssen mit kolportierten 4,5 Millionen Euro zu den Topverdienern. Woltemade wäre also noch im Gehalts-Mittelfeld angesiedelt gewesen.

So ist im Lager von Woltemade und beim Spieler offenbar der Eindruck entstanden, dass er doch ein Verkaufskandidat sei und der VfB ihn nicht mit allen Mitteln halten wolle. Der Angreifer lehnte ab und öffnete sich in den vergangenen Wochen daher für einen Wechsel schon in diesem Sommer. Auch die mangelnde Kommunikation mit den Verantwortlichen habe eine Rolle gespielt, ist zu hören. Ein weiteres neues Angebot ist trotz der Top-Leistungen nicht eingegangen.

Was will Woltemade? Traut er sich den Sprung zu den Bayern schon zu?

Der Stürmer will unbedingt Champions League spielen und traut sich den riesigen Karriereschritt zum Weltklub FC Bayern schon in diesem Sommer zu. Dem 1,98-Meter-Mann ist aber bewusst, dass er nicht jedes Spiel starten wird, sich hinter Größen wie Harry Kane mal hinten anstellen muss. Und: Woltemade möchte nur zu den Bayern, zu keinem anderen Klub.

Welche Rolle sieht der Klub für Woltemade vor?

Der Rekordmeister sieht in dem Angreifer das Potential ein Gesicht des Klubs zu werden. Das trifft sich gut, denn in Thomas Müller dreht gerade eine Vereinslegende die letzten aktiven Runden auf dem Rasen. In gewisser Weise wäre Woltemade also eine Art Müller-Nachfolger.

Woltemade ist ein echter "Typ". Die lockere Art kommt bei den Fans an. Der gebürtige Bremer hat das Potential zum Kult-Kicker zu reifen und ein Bayern-Aushängeschild zu werden.

Wo könnte er spielen?

Eine der wichtigsten Fragen. Die Bayern sehen mehrere Optionen, wo sie den hochgewachsenen und technisch versierten Stürmer einsetzen können.

Was Woltemade zugutekommt: Er ist trotz seiner Größe kein reiner Strafraumstürmer und damit auch nicht notwendigerweise "nur" ein Ersatz oder Backup für Harry Kane. Diesen Job kann er freilich als Neuner übernehmen, doch bei den Bayern traut man dem Schlaks auch eine Rolle hinter den Spitzen als Achter oder Zehner zu. Als einer, der zwischen den Räumen lauert, die Räume à la Müller deutet und für Offensivedeltechniker wie Jamal Musiala oder Michael Olise öffnet.

Schon in Stuttgart hat Woltemade bewiesen, dass er auf verschiedenen Positionen in der Offensive agieren und gefährlich sein kann. Sei es als Ankerstürmer oder dahinter.

Welche Gefahr lauert?

Auf dem Papier liest sich der Transfer gut. Doch falls Woltemade doch mit dem System von Vincent Kompany fremdeln oder gar keinen Stammplatz bekommen sollte, wird es brisant. Denn im Sommer 2026 steigt die Weltmeisterschaft in den USA. Woltemade will unbedingt dabei sein und auch spielen. Sollte er in München, wo nun mal jeder Fehltritt nochmal anders kommentiert wird als in Stuttgart, in eine größere Krise geraten, könnte es Richtung WM-Nominierung womöglich kritisch werden.

Wie reagiert der VfB Stuttgart?

Die Schwaben fahren bislang eine harte Linie. Dabei haben die Verhandlungen noch gar nicht begonnen.

Alexander Wehrle hatte in der Vergangenheit schon mehrmals betont, dass man die kommende Saison mit Woltemade plane. Nun legte der Vorstandsvorsitzende nach:

Auf Nachfrage von RTL/ntv und sport.de bekräftigte der VfB-Boss Wehrle am Freitag seine Haltung, dass Nick Woltemade nicht zum Verkauf stehe. "Ich habe mich dazu bereits geäußert. Und zwar mit Punkt. Dabei bleibt es", stellte der CEO unmissverständlich klar.

Gegenüber der "Stuttgarter Zeitung" und den "Stuttgarter Nachrichten" hatte der 50-Jährige vergangene Woche betont: "Wir gehen mit Nick in die nächste Saison. Punkt!"

Klare Kante auch von Sportvorstand Fabian Wohlgemuth: "Wir planen fest mit Nick und wollen auch im kommenden Jahr von seinen sportlichen Qualitäten profitieren. Dazu gibt es kein alternatives Planungsszenario", sagte er der "Bild".

Aus dem Umfeld ist zu hören, dass jüngsten Entwicklungen auch zu Unmut bei Cheftrainer Sebastian Hoeneß geführt haben sollen. Der Coach war von den Verhandlungen Woltemades mit den Bayern offenbar überrascht. Er hat fest mit dem Stürmer für die kommende Spielzeit geplant.

Gleichzeitig sollen die Stuttgarter Führungskräfte auch verärgert über das Vorgehen der Bayern-Kollegen gewesen sein, die ohne ihr Wissen an Woltemade herantraten.

Wie geht es nun weiter? Warum könnten die Verhandlungen zäh werden?

Der FC Bayern wird nun auf den Pokalsieger zugehen und ein erstes Angebot für Woltemade abgeben. Theoretisch sitzt der VfB am längeren Hebel. Woltemades Arbeitspapier hat keine Ausstiegsklausel, was dem Klub einst bei Serhou Guirassy oder Waldemar Anton schwer auf die Füße fiel.

Eigentlich sind die Drähte zwischen dem VfB und FCB auf Managementebene eng und gut. Schon beim Leih-Deal mit Keeper Alexander Nübel oder Frans Krätzig sowie dem Transfer von Hiroki Ito liefen die Transfers relativ geräuschfrei und ohne größere Probleme ab.

Nun könnten sich die Fronten aber deutlich verhärten.

Beim VfB war zuletzt die Rede von einer internen Schmerzgrenze von 60 Millionen Euro. Eigentlich zu hoch für die Bayern. Nun sollen erste Stimmen im Klub schon von 80 Millionen Euro sprechen, bis das Label "Unverkäuflich" wackelt.

Der Deal hat das Potential zum Kaugummi-Transfer zu werden. Die Frage ist, wer zuerst einknickt: der VfB oder die Bayern?