22.03.2018 10:47 Uhr

Vorarbeiter, Vorbild, MSV-Idol: "Ennatz" Dietz wird 70

Runder Geburtstag: Bernard Dietz wird am Donnerstag 70 Jahre alt
Runder Geburtstag: Bernard Dietz wird am Donnerstag 70 Jahre alt

Kapitän der Nationalelf beim EM-Triumph 1980, Jahrhundertfußballer des MSV Duisburg - die Höhepunkte seiner Karriere holen Bernard Dietz auch zu seinem 70. Geburtstag am Donnerstag ein.

Die Party mit 250 Freunden und Weggefährten steigt in der MSV-Arena, in der die Fans ihren "Ennatz" bis heute verehren. Aber auch die Nationalmannschaft hat Dietz gerade genau im Blick - denn eine Rekordserie, auf die er bis heute stolz ist, wackelt bedenklich.

Nach der WM-Pleite 1978 blieb die DFB-Elf mit Dietz als Kapitän bis Ende 1980 in 23 Spielen ungeschlagen, mit dabei das 2:1 im EM-Finale gegen Belgien in Rom. Die Serie von Joachim Löws Weltmeistern weist momentan 21 Spiele auf. Bleiben sie in den Länderspielen gegen Spanien und Brasilien ungeschlagen, haben sie gleichgezogen. "Das ist okay für mich", sagt Dietz und lacht, "aber nur, wenn sie danach auch Weltmeister werden."

Der Blick auf seine Zeit in der Nationalelf und die damalige Erfolgsserie erfüllt ihn noch heute mit Stolz. "Nach der WM-Pleite in Argentinien machte Jupp Derwall Sepp Maier zum Kapitän, doch als er seinen Autounfall hatte, war ich an der Reihe", erzählt Dietz. Niemand seit Fritz Walter vereinte in dieser Rolle die "deutschen Tugenden" besser als er.

Vorarbeiter für Rummenigge und Schuster

Dietz wuchs in einer Bergarbeiterfamilie im Hammer Stadtteil Bockum-Hövel als jüngstes von sechs Kindern auf, drei weitere Geschwister waren früh gestorben. Er lernte Schmied und Schlosser, bei einem Arbeitsunfall verlor Ennatz - alle nennen ihn bis heute so, weil die kleine Erika von nebenan den Vornamen ihres Spielkameraden nicht anders aussprechen konnte - zwei Finger der rechten Hand.

Über seine Kindheit sagte Dietz mal dem "Reviersport": "Wir waren glücklich, selbst im Winter mit Pappe in den Schuhen und gefrorenen Füßen. Deshalb sehe ich noch heute nur den Menschen, egal, ob er Oberbürgermeister ist oder in der Kreisliga die Asche abkreidet."

Dieser Ennatz Dietz war nun Anführer von Stars wie Karl-Heinz Rummenigge oder Bernd Schuster. Besser gesagt: Er war ihr Vorarbeiter. 53-mal räumte er für Deutschland in oder vor der Abwehr auf.

Dietz war auf dem Platz unerbittlich, aber nie unfair. Er sah in 495 Bundesligaspielen für seinen MSV und Schalke 04 nur elf Gelbe Karten und wurde nie vom Platz gestellt. Der vom Linksaußen umgeschulte Abwehrspieler erzielte 76 Treffer und ist damit einer der torgefährlichsten Defensivkräfte der Ligageschichte.

Erfolglose Trainerkarriere

"Ich bin gesund, habe eine tolle Familie - alles läuft gut", sagt Dietz heute. Auch der Blick auf seine Karriere erfüllt ihn mit tiefer Zufriedenheit. "Ich bin erst mit 22 Jahren Profi geworden, dafür ist noch gut was rumgekommen", sagt er.

Seine Trainerkarriere verlief weniger erfolgreich, doch er blieb immer er selbst. Zu seinem Rücktritt beim VfL Bochum im Dezember 2001 sagt er: "Die Spieler haben angefangen, sich woanders auszuweinen. Plötzlich standen die Berater auf der Matte, alle wollten mitreden. Also bin ich gegangen." Höhere Diplomatie war nichts für ihn.

"Die alten Werte zählen nicht mehr, das ist schade", merkt Dietz an, doch er spricht es nüchtern aus, nicht resigniert. Dafür ist er viel zu sehr Optimist - wie sein Blick auf den MSV beweist. Auch nach drei Niederlagen in Folge und sieben Punkten Abstand zu Platz drei (und nur vier zu Platz 16!) spricht Vorstandsmitglied Dietz noch immer vom Aufstieg. "Es sind noch sieben Spiele, alles ist drin", sagt er: "Man sollte immer nach oben schauen, nie zu sehr nach unten."