08.07.2025 08:13 Uhr

Bayerns Selbstverständnis bekommt Kratzer

Bayerns Cheftrainer Vincent Kompany (l.) mit Joshua Kimmich
Bayerns Cheftrainer Vincent Kompany (l.) mit Joshua Kimmich

Der FC Bayern München wird nach der verdienten Sommerpause erneut die höchstmöglichen Ziele aussprechen – sprich: die deutsche Meisterschaft ist Pflicht, der CL-Titel das Ziel. Etwas anderes erlaubt das vereinseigene Selbstverständnis kaum. Doch wie realistisch ist diese Zielvorgabe mit Blick auf die neuerliche Enttäuschung auf internationaler Bühne und einer immer dünner werdenden Personaldecke?

In vier der vergangenen fünf Spielzeiten war im Viertelfinale der Champions League Endstation, so auch nun bei der Premiere der Klub-WM gegen Paris Saint-Germain. Und wem das nicht reicht, sei gesagt, dass der CL-Sieger von 2020 im Jahr 2025 nur zwei der acht Spiele auf europäischer Bühne gegen ausländische Klubs gewinnen konnte.

Die zwei Siege bejubelte der FC Bayern in der CL-Ligaphase gegen Slovan Bratislava (3:1 H) und in einem überraschend schweren Achtelfinale gegen Außenseiter Celtic Glasgow (2:1 A). Begeistert haben die Fans andere Teams wie der FC Barcelona, Inter Mailand oder Titelträger Paris Saint-Germain.

Kimmich als einziger Mahner

Immer wieder bläst die sportliche Leitung ins selbe Horn. Man sei dem aktuellen CL-Sieger "auf Augenhöhe begegnet und hat es sehr gut gespielt", konstatierte etwa Max Eberl nach dem Aus gegen PSG. Ähnlich positiv fiel die Analyse nach dem CL-Aus gegen Inter im April aus. Dass der FCB aber immer häufiger den anderen beim Jubeln zuschauen muss, macht ratlos. Grundtenor ist: Wir waren ja eigentlich besser...".

Kritisch äußerte sich nach den inzwischen regelmäßigen Pleiten in großen Spielen meist nur Kapitän Joshua Kimmich. "Wir hatten eigentlich schon Glück, mit so vielen Niederlagen so weit zu kommen", konstatierte er nach dem Inter-Aus und ordnete die Saison ein. Angesichts krachender Niederlagen in Barcelona (1:4) und Rotterdam (0:3) muss man ihm Recht geben, aber sich auch fragen: Sind das wirklich die "Mia-San-Mia-Bayern"?

Verletzungspech und Kompanys verpasste Chancen

Vincent Kompany dürfte trotz seines unerschütterlichen Optimismus mit Sorgenfalten in die verdiente Sommerpause gehen: Thomas Müller ist genauso weg wie Leroy Sané, mit Jamal Musiala und Alphonso Davies stehen zwei weitere Schlüsselspieler vorerst nicht zur Verfügung.

Aus dem fast schon vermeldeten Transfercoup von Florian Wirtz wurde nichts, der Mittelfeldstar kickt fortan in Liverpool. Bis dato wurde nur die Abwehr mit Jonathan Tah verstärkt.

Und eines hat der Trainer selbst verpasst: Bei der Klub-WM hat er keines seiner Talente nachdrücklich getestet. Der Transfer von Tom Bischof aus Hoffenheim wurde aufgrund des Turniers extra schnell realisiert, der Mittelfeldspieler lief jedoch nur 45 Minuten gegen Benfica (0:1) auf.

Adam Aznou aus dem eigenen Nachwuchs hätte den am Kreuzband verletzten Davies positionsgetreu ersetzen können, bekam aber nur acht Minuten beim 10:0-Sieg über Auckland. Stattdessen spielte der etatmäßige Rechtsverteidiger Josip Stanisic zumeist auf links. Ähnlich erging es Lennart Karl, der im offensiven Mittelfeld beheimatet ist: eine Halbzeit gönnte ihm Kompany gegen Auckland – da stand es bereits 6:0.  

Auch wenn es um viel Geld ging: Ein bisschen mehr Matchpraxis hätte dem talentierten Trio sicher gut zu Gesicht gestanden. Genauso wie Joao Palhinha, der nach Portugals Sieg gegen Deutschland im Halbfinale der Nations League im Juni ein Gespräch mit den Bayern-Bossen ankündigte, um auszuloten, "ob ich hier meine Chancen bekomme". Mit Blick auf die Klub-WM, bei der er nur eine Halbzeit spielte, sind die Verantwortlichen weiterhin nicht überzeugt von ihm.

Verstärkungen dringend benötigt

Noch hat der FC Bayern um Sportvorstand Max Eberl knapp zwei Monate Zeit, bis das Transferfenster am 1. September schließt. "Da fließt noch viel Wasser die Isar runter", würde Max Eberl sagen. Ganz oben auf dem Einkaufszettel steht aktuell Nick Woltemade, der zunächst als potenzieller Nachfolger für die "Thomas-Müller-Position" galt – nun wird er aufgrund der schweren Verletzung Musialas noch dringender gebraucht. 

Andere Namen wie Nico Williams oder Bradley Barcola, die auf internationaler Bühne nochmal anders klingen, dürften gedanklich von dieser Liste gestrichen sein.

Eines ist klar: Der Versuchung FC Bayern können aktuell viele Top-Stars widerstehen - und das nicht nur, weil Angebote von anderen Vereinen lukrativer sind.