22.07.2015 16:23 Uhr

Check: Zwischen Hoffen und Bangen

Der 1. FC Nürnberg in der Vorbereitung
Der 1. FC Nürnberg in der Vorbereitung

Vor dem Auftakt der 2. Bundesliga nimmt weltfussball die 18 Klubs unter die Lupe. Was macht Hoffnung, was bereitet Sorgen? Im vierten Teil dabei: Geballte Erfahrung bei den Eisernen sowie dicke Fragezeichen in Nürnberg und Heidenheim.

1. FC Nürnberg

Die ersten Spiele: SC Freiburg (A), 1. FC Heidenheim (H), 1860 München (H)

Die letzten Ergebnisse: Celta Vigo (2:2), Würzburger Kickers (2:2), 1. FC Schweinfurt (1:0)

Das Personal: Positiv an der Nürnberger Transferpolitik in diesem Sommer ist zu erwähnen, dass die Mannschaft im Kern zusammengehalten werden konnte und der Club keine Leistungsträger abgeben musste. Das Team sollte an den richtigen Positionen gezielt verstärkt werden. Doch kurz vor dem Saisonstart entpuppt sich das Vorhaben als Ritt auf des Messers Schneide. Dem FCN ist es nicht gelungen, die drei Problemzonen im Kader adäquat zu besetzen. Für das Sturmzentrum wurde Stefan Kutschke verpflichtet, der in allen Vorbereitungsspielen nur einen Treffer erzielen konnte – per Elfmeter. Einen echten Torjäger sucht man im Kader von Rene Weiler weiterhin vergebens.

Auf den Außenverteidigerpositionen wurden Javier Pinola, Ondřej Čelůstka und Tobias Pachonik abgegeben. Für die linke Seite wurden mit László Sepsi und Tim Leibold zwei Spieler geholt, die sich prompt verletzt haben und die Vorbereitung somit verpassten. Auf der rechten Abwehrseite ist das Loch noch größer, denn der anvisierte Transfer von Martin Linnes (Molde FK) wird zur Hängepartie, da dieser vor einem Wechsel an die Noris noch die Champions-League-Qualifikation für die Norweger spielen soll. Das könnte sich bis Ende August hinziehen, im schlechtesten Falle steht Nürnberg am Ende ohne gelernten Rechtsverteidiger da.
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Die Vorbereitung: Wie in der Vorsaison drückt der fränkische Schuh im Angriff. In fünf Testspielen gegen weitestgehend unterklassige Gegner konnte der Club lediglich sechs Tore erzielen, ein Aufwärtstrend ist nicht auszumachen. Dazu kommen in der noch gar nicht vollständigen Defensive Abstimmungsprobleme, was sieben Gegentore in diesen Spielen zur Folge hatte.

Dies brachte zwischenzeitlich auch Weiler auf die Palme: "Einen unterklassigen Gegner gilt es zu schlagen, ganz gleich ob man müde war oder nicht. Gerade wenn man schwere Beine hat, muss man so ein Spiel besser lesen", so der Coach. Gleichzeitig ist er allerdings um Ruhe bemüht und will die Situation "in Ruhe analysieren und aufarbeiten." Das Ziel ist in dieser Saison die Rückkehr in die Bundesliga, doch auch bei diesem Vorhaben warnt Weiler vor zu hohen Erwartungen: "Wer glaubt, dass wir von Beginn an gleich vorne wegmarschieren können, der hat von Fußball keine Ahnung."

Prognose: Der 1. FC Nürnberg  hat es versäumt, trotz der spielerisch starken Rückrunde 2014/15, eine Euphorie im Umfeld zu erzeugen. Dafür wurden die erwähnten Schlüsselpositionen nicht oder zu schlecht besetzt. Der große Trumpf soll Trainer Weiler sein, der das Team schon im Vorjahr deutlich verbessern konnte. Doch die Franken brauchen Zeit, bis sich das Kollektiv gefunden haben wird. Zeit, die in Nürnberg aber nur selten gewährt wird. Es dürfte ein unruhiger Herbst für Martin Bader und Co. werden. Dennoch werden die Franken beim Thema Aufstieg ein Wort mitreden.
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1. FC Union Berlin

Die ersten Spiele: Fortuna Düsseldorf (H), SV Sandhausen (A), 1. FC Kaiserslautern (H)

Die letzten Ergebnisse: Crystal Palace (2:0), Hapoel Tel Aviv (2:0), Hallescher FC (3:0)

Das Personal: Bereits im vergangenen Sommer wurde bei den Eisernen ein Umbruch eingeleitet. Mit dem mittlerweile auch bei den Fans akzeptierten Coach Norbert Düwel wurden teils auch unpopuläre Transfers getätigt – allen voran der Abgang von Kapitän Torsten Mattuschka. Zum ersten Mal konnte Düwel nun aber den Kader komplett nach seinen Wünschen zusammenstellen. Dennoch muss Union auch Abgänge verkraften. Besonders der Verlust von Stürmer Sebastian Polter muss kompensiert werden, war dieser mit 14 Treffern in der Vorsaison interner Torschützenkönig der Berliner.

Dafür kommt nun geballte Zweitligapower in die Hauptstadt. Die Neuzugänge Dennis Daube, Stephan Fürstner, Benjamin Kessel, Raffael Korte, Collin Quaner und Bobby Wood blicken auf zusammen 456 Spiele in der 2. Bundesliga zurück. Sie wissen also, wie im Unterhaus Fußball gespielt wird.
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Die Vorbereitung: Die neu zusammengestellte Mannschaft konnte in der Vorbereitung von Beginn an überzeugen. Lediglich gegen die beiden Kontrahenten aus Österreich (Austria Wien, Austria Klagenfurt) setzte es Niederlagen. Demgegenüber stehen fünf Siege, unter anderem gegen namhafte Gegner wie Crystal Palace oder Hapoel Tel Aviv. Die Tordifferenz spricht in sieben Vorbereitungsspielen mit 28:5 eine deutliche Sprache.

Diese ersten Eindrücke lassen Düwel positiv in die Zukunft blicken: "Im Vorjahr hatten wir einen strukturellen Umbruch. Jetzt einen personellen. Aber der findet in einem gefestigten Umfeld statt", so der Coach. Sein erstes Fazit: "Wir haben den Kader gut aufgewertet." Die Wahrheit liegt bekanntermaßen auf dem Platz und dort muss letztlich die Mannschaft, die hinten erneut mit Dreierkette spielen wird, die positiven Eindrücke bestätigen: "Wir können nur die Stellschrauben drehen. Die Jungs sind selber gefordert, sie müssen den nötigen Teamspirit leben."
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Prognose: Union Berlin hat sich mit enorm viel Zweitligaerfahrung verstärkt. Wenn die Mannschaft bereits zu Beginn der Spielzeit den nötigen Zusammenhalt finden sollte und nicht wie im Vorjahr den Saisonstart verpatzt, können die Eisernen oben angreifen. Berlin gehört dann sicherlich zu dem in der zweiten Liga recht großen Kreis der Mitfavoriten. Zudem bleibt das Umfeld auch bei kleineren Durststrecken tendenziell ruhig. Ein Vorteil gegenüber anderen Klubs, der am Ende den Unterschied ausmachen kann.

 

1. FC Heidenheim

Die ersten Spiele: 1860 München (H), 1. FC Nürnberg (A), Fortuna Düsseldorf (H)

Die letzten Ergebnisse: Normannia Gmünd (2:0), Eintracht Frankfurt (2:1), FC Liefering (2:1)

Das Personal: Als Neuling spielte der 1. FC Heidenheim in der Vorsaison eine überragende Runde und übertraf alle Erwartungen. Doch Erfolg weckt auch Begehrlichkeiten. Die Auswirkungen aus einer sportlich starken Saison spüren kleinere Vereine meistens im Anschluss an den Abgängen. So auch in Heidenheim, das gute Leute wie Toptorjäger Florian Niederlechner (Mainz) oder Außenverteidiger Philip Heise (Stuttgart) abgeben musste. Die Lücke im Sturm soll fortan der Ex-Leipziger Daniel Frahn schließen, der allerdings sportlich keine gute Saison hinter sich hat (23 Spiele, vier Tore). Mehr Erfahrung bringen die weiteren Neuen Arne Feick (Aalen), Ben Halloran (Düsseldorf), Sebastian Heidinger (Leipzig) und Norman Theuerkauf (Braunschweig) mit.
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Die Vorbereitung: Wie die Leistungen der Heidenheimer in der Vorbereitung einzuordnen sind, lässt sich nur ganz schwer beurteilen. Außer dem Achtungserfolg gegen Eintracht Frankfurt, das allerdings erst am Anfang der Saisonvorbereitung steht, spielte der 1. FC weitestgehend gegen unterklassige Gegner, die sportlich nicht im Ansatz auf Augenhöhe sind. Auch deswegen fällt Trainer Frank Schmidt eine Einschätzung schwer: "Man merkt, dass es Fortschritte gibt, aber das Fragezeichen vor dem Start ist vielleicht ein bisschen größer. Es wäre gut, positiv zu starten. Das ist unser Ziel, das können wir auch erreichen, aber viele Dinge werden für viele Spieler erst einmal neu sein."
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Prognose: Die zweite Saison in einer Liga soll bekanntlich die schwerste sein. Beim 1. FC Heidenheim  muss erst noch der Beweis erbracht werden, dass sich dieser Klub länger in der 2. Bundesliga halten kann. Erneut an einen einstelligen Tabellenplatz zu denken wäre deshalb Utopie. "Es kann schon passieren, dass es eine Zweiklassengesellschaft gibt. Die Hälfte der Liga spielt um den Aufstieg, die andere strebt eine möglichst sorgenfreie Saison an – dazu zähle ich auch uns", so Schmidt. Mit einer sorgenfreien Saison hätte Heidenheim seine Hausaufgaben erledigt.

Der weltfussball-Zweitligacheck:
>> Freiburg, Paderborn, Karlsruhe: Alles auf (Neu)Anfang
>> Kaiserslautern, Leipzig, Braunschweig: Nur eine Blickrichtung
>> Fortuna, Bochum, Sandhausen: Aufbruchstimmung an Rhein und Ruhr
>> 1860, Bielefeld, Duisburg: Blau-Weiße Fragezeichen
>> Frankfurt, Fürth, St. Pauli : Mund abputzen, weitermachen!

Nico Schrimpf