08.02.2019 16:09 Uhr

Bayerns Baustellen auf dem Weg zum Neuanfang

Niko Kovac und der FC Bayern stehen vor einem heftigen Umbruch
Niko Kovac und der FC Bayern stehen vor einem heftigen Umbruch

Der FC Bayern hat für den Sommer 2019 einen personellen Umbruch angekündigt. Dabei hat sich der Rekordmeister selbst einige Steine in den Weg gelegt. Auch andere Hürden machen das Projekt Neuanfang zu einer echten Herausforderung. Die Münchner Hürden bei der Neugestaltung des Kaders in der Übersicht:

  • Bayern-Stolperstein: Der Markt

Das Festgeldkonto des Rekordmeisters ist gut gefüllt. Bis zu 200 Millionen Euro kann und will der FC Bayern im Sommer 2019 angeblich in neue Spieler investieren. Was sich im ersten Moment nach purem Luxus anhört, hat auch Schattenseiten.

Andere Vereine wissen um den finanziellen Spielraum der Münchner. Entsprechend hoch werden die Summen sein, die sie vom FC Bayern fordern. 45 Millionen für Teenager Callum Hudson-Odoi oder 80 Millionen in Form einer festgeschriebenen Ablöse für Lucas Hernández sind auch bei einem vollen Konto kein Zuckerschlecken.

Ein weiteres Problem ist das Anforderungsprofil, das der Rekordmeister an potenzielle Neuzugänge stellt. Der FC Bayern will jedes Jahr um die größten Titel spielen. Dafür braucht es Spieler, die im Idealfall bereits "fertig" sind, ihr Niveau auf internationaler Bühne nachgewiesen und noch viele gute Jahre vor sich haben. Der Kreis der Kandidaten ist entsprechend klein, der Kreis der Interessenten dafür umso größer.

Ein kompletter Kurswechsel, bei dem die Münchner plötzlich den Weg des BVB oder Leipzig einschlagen, ausschließlich junge Spieler holen und diese in Ruhe aufbauen, ist ebenfalls mit einem gewissen Risiko verbunden. 

Bei den beiden Liga-Konkurrenten geht das Konzept zwar auf, allerdings ist die Fallhöhe bei diesen Klubs auch deutlich geringer. Der FC Bayern hat mit diesem Konzept schon sehr gute Erfahrungen gemacht (Kimmich, Alaba), aber auch schon oft daneben gelegen (Renato Sanches, Götze, Breno, Sosa, Højbjerg, Podolski).

  • Bayern-Stolperstein: Der Trainer

Von allen Trainern, die der FC Bayern in den letzten 30 Jahren beschäftigte, ist Niko Kovac der mit der geringsten Strahlkraft. Der Kroate hat nicht annähernd die Erfolge seiner Vorgänger vorzuweisen. Dazu ist bis heute nicht ersichtlich, für welche Fußball-Philosophie er überhaupt steht. Das war bei einem Pep Guardiola, Louis van Gaal oder auch Ottmar Hitzfeld anders.

Der Trainer ist für einen Spieler bei der Vereinswahl nicht das einzige, aber sicherlich eines der wichtigsten Argumente. Ein Mario Götze wollte damals unbedingt zu Guardiola, auch Thiago und Xabi Alonso zog es deshalb nach München. 

Ohne die gemeinsame Vergangenheit mit Carlo Ancelotti bei Real Madrid wäre womöglich auch James nie in Deutschland gelandet. Die Erfolge von Jupp Heynckes in Spanien haben auch bei Javi Martínez vor dessen Wechsel zum FC Bayern eine Rolle gespielt. Referenzen, mit denen Niko Kovac (noch) nicht dienen kann.

  • Bayern-Stolperstein: Der Sportdirektor

Trotz regelmäßiger Lobeshymnen aus der Chefetage wirkt Hasan Salihamidzic der enormen Aufgabe als Münchner Sportdirektor noch nicht gewachsen. In den letzten Monaten gab der 42-Jährige immer wieder eine schlechte Figur ab. Jüngstes Beispiel: Von den vier Spielern, die der FC Bayern im Winter gerne gehabt hätte, kam kein einziger.

Salihamidzic hat unter anderem die Verantwortlichen des FC Chelsea mit seinen offensiven Aussagen im Poker um Callum Hudson-Odoi verstimmt. "Ich würde nicht dementieren, dass das in London nicht so gut angekommen ist", musste sogar Karl-Heinz Rummenigge im Gespräch mit der "Sport Bild" einräumen.

Auch die Verkündung des Pavard-Transfers durch Salihamidzic ist nicht nach dem Geschmack des VfB Stuttgart gelaufen. Atlético Madrid zeigte dem Rekordmeister von der ersten Sekunde an die kalte Schulter und ließ sich durch die Lockrufe aus München gar nicht erst aus der Ruhe bringen.

Während der Winterpause wurde "Brazzo" von den Klubbossen in eine offensivere Rolle gedrängt und aufgefordert, mehr Verantwortung zu übernehmen. Noch wirkt er dabei nicht so souverän, wie es ein leitender Angestellter des FC Bayern sein sollte.

  • Bayern-Stolperstein: Die Konkurrenz

Der FC Bayern ist nicht der einzige Topklub, der seinen Kader im Sommer umbauen will. Auch in England, Spanien und Italien werden einige Vereine ihre Saisonziele verfehlen und auf dem Transfermarkt unter Druck stehen.

Dass Spieler von Weltklasse-Format wie Antoine Griezmann oder Paulo Dybala zum FC Bayern wechseln, ist angesichts der Konkurrenz schwer vorstellbar. In den letzten Jahren ist es dem Rekordmeister immer seltener gelungen, sich aus dem "oberen Regal" zu bedienen, sofern die Spieler nicht schon vorher in der Bundesliga spielten (Lewandowski, Hummels, etc.).

Mittlerweile gibt es zahlreiche Vereine, die noch höhere Gehälter als die Münchner zahlen. Auch bei den Ablösesummen scheint es in Paris oder Madrid keine Grenze nach oben zu geben. Dieses Gesamtpaket macht andere Klubs schlicht attraktiver.

Dazu stellt sich die Frage, ob der FC Bayern in der Riege der Topklubs immer noch zur "1a-Liga" gehört. Liverpool, ManCity, Barcelona, Madrid und Paris scheinen die Nase vor den Münchnern zu haben. Sei es aus sportlicher, perspektivischer und/oder finanzieller Sicht. Eine Hürde, an der sich der deutsche Rekordmeister die Zähne ausbeißen könnte. 

Christian Schenzel