28.02.2019 13:20 Uhr

Letzte Chance für historisch schlechten Weinzierl?

Markus Weinzierl konnte die Schwaben bisher nicht aus der Krise führen
Markus Weinzierl konnte die Schwaben bisher nicht aus der Krise führen

Mit dem Heimspiel gegen Hannover 96 am kommenden Sonntag (ab 15:30 Uhr) schließt Markus Weinzierl seine erste persönliche Halbserie als Cheftrainer beim VfB Stuttgart ab. Seine Bilanz fällt desaströs aus, seine Zukunft bleibt mehr als ungewiss.

Elf Punkte holte der 44-Jährige aus seinen 16 Bundesliga-Spielen als VfB-Coach. Elf der 16 Partien endeten mit einer Niederlage. Damit weist Weinzierl noch einmal eine schlechtere Bilanz auf als sein unmittelbarer Vorgänger Tayfun Korkut, der nach der 1:3-Pleite bei Hannover 96 im September seine Sachen packen musste. 

Besiegeln die Niedersachsen auch den nächsten Trainer-Rauswurf beim VfB? Längst werden die Stimmen laut, dass Weinzierl bei einer Niederlage gegen Hannover vor die Tür gesetzt wird. Gesetzt werden muss.

Umso nachvollziehbarer ist es, dass Trainer, Spieler und Neu-Sportvorstand Thomas Hitzlsperger noch einmal den Kampfgeist in der Truppe beschwören sowie den unbedingten Willen, im Duell des Tabellen-16. gegen den -17. die Trendwende hinzubekommen.

Weinzierl betont positive Ansätze: "Haben Qualität"

"Wir wissen, dass wir Qualität haben, und dass wir, wenn wir so weiterarbeiten wie zuletzt, die Möglichkeit haben zu gewinnen", gab Weinzierl nach dem letzten Remis in Bremen zu verstehen. Ein Satz, nicht mehr als eine bekannte Durchhalteparole in Zeiten allergrößter Unsicherheit und direkter Abstiegsgefahr. 

Die Partie gegen 96 muss gewonnen werden - das offenbart schon der Blick auf den weiteren Ligaspielplan. Für die Schwaben geht es im März gegen Borussia Dortmund (9. März), 1899 Hoffenheim (16. März) und Eintracht Frankfurt (31. März) weiter. Alles Begegnungen, die in der Hinrunde ohne eigenes Tor und glasklar verloren gingen.  

Weinzierl setzte jüngst auf neue Kontinuität. Die war bei seinem bisherigen Engagement beim fünfmaligen Deutschen Meister noch nicht zu erkennen. Gegen Werder Bremen (1:1) lief dieselbe Startformation auf wie zuvor bei der 1:3-Heimpleite gegen RB Leipzig. 

Der VfB-Coach setzt auf das neue Defensiv-System mit drei Innenverteidigern, wenngleich die richtig starken Resultate damit noch fehlen. Auch ohne den ersten Rückrundensieg stellte Weinzierl fest: "Es war eine Entwicklung zu sehen." Mit der Leistung der letzten beiden Wochen sei er "zufrieden" gewesen. 


Mehr dazu: Weinzierl glaubt an Aufschwung: "Tendenz geht nach oben"


Zwölf Punkte weniger als in der Abstiegssaison

Die Zahlen lügen trotzdem nicht: Das schlechteste Team der Rückrunde hat nach 23 Spieltagen lediglich 16 Punkte gesammelt. Noch nie stand der VfB Stuttgart in der Bundesliga zu diesem Zeitpunkt der Saison so schlecht da.

Unglaubliche zwölf Punkte weniger als in der letzten Abstiegssaison 2015/2016 hat der Traditionsverein nach 23 Partien auf der Habenseite. Damals brachen die Schwaben auf der Zielgeraden der Saison völlig ein und verloren die letzten sechs Ligaspiele. 

In diesem Jahr soll es genau andersrum laufen. An mutigen Ankündigungen Seitens der Spieler mangelt es vor dem Abstiegs-Gipfel gegen Hannover 96 noch nicht: "Ich bin zu 100 Prozent davon überzeugt, dass wir den Bock umstoßen", betonte etwa Winter-Neuzugang Alexander Esswein, der als neue Offensivkraft des VfB nach sechs Einsätzen noch ohne Torbeteiligung dasteht. Als Mentalitätsspieler ist er dennoch ein wichtiger Bestandteil im neuen Weinzierlschen 5-3-2-System und soll Stürmer-Star Mario Gomez vor allem in läuferischer Hinsicht entlasten.

Auf Gomez selbst ruhen die Hoffnungen der Schwaben, die verloren gegangene Torgefahr wiederzufinden. Der Routinier traf nur in einem der letzten 14 Bundesliga-Partien. Einfach zu wenig, um seinen Herzensverein aus der schwersten sportlichen Krise der letzten Jahre zu schießen. 

Hitzlsperger hält (noch) an Weinzierl fest

Das Hauptproblem der Weiß-Roten im vorderen Spieldrittel zu verorten, würde der Breite der Stuttgarter Probleme aber nicht gerecht werden. Zwar hat mit dem 1. FC Nürnberg nur eine Mannschaft weniger Tore geschossen als der VfB, allerdings hat keine andere Mannschaft so viele Gegentreffer kassiert wie die Elf aus der Landeshauptstadt. 

Die Balance passte vorne und hinten nicht. Die Systemumstellung Weinzierls ist ein letzter Versuch, die Elf doch noch auf Kurs zu bringen. Wenn es mit der Formation um die drei Innenverteidiger Kobak, Kempf und Weltmeister Pavard selbst gegen Hannover 96 nicht gelingt, zum ersten Mal seit elf Begegnungen wieder "zu Null" zu spielen, ist auch diese Spielidee gescheitert. Egal, wie viel Zweckoptimismus der neue Sportvorstand Thomas Hitzlsperger dann noch verbreiten will.

Dieser betonte zwar, noch "ganz, ganz lange" mit Markus Weinzierl als Trainer weitermachen zu wollen. Den Endspielcharakter wird der neue VfB-Boss für die Partie am Sonntag damit aber nicht herunterspielen können.

"Wir müssen zeigen, dass wir die drei Punkte mehr wollen als der Gegner", beschwörte Weinzierl seine Mannen bereits. Eine weitere Abstiegsfloskel, die übrigens auch 400 Kilometer nördlich in der anderen Landeshauptstadt von den 96-Verantwortlichen gepriesen wird.

Mats-Yannick Roth