Intime Einblicke: FC Bayern "empfindsam und verletzlich"

Der erfolgshungrige FC Bayern "empfindsam und verletzlich"? Regisseur Simon Verhoeven hat intime - und durchaus überraschende - Einblicke in seine Arbeit an der Amazon-Doku "FC Bayern - Behind the Legend" gegeben.
"Ich habe mich gefragt: Wie kann ich mich dem Verein nähern, nicht nur sportlich, sondern psychologisch und emotional?", schilderte Verhoeven im Interview mit "Sport1" die Beweggründe für sein Interesse, eine Dokumentar-Serie über den deutschen Rekordmeister zu filmen.
"Im Laufe des Drehens habe ich dann immer neue Antworten gefunden und bin zu etwas gelangt, das den FC Bayern - abseits aller Erfolge - überraschend empfindsam und verletzlich darstellt", so der 49-Jährige, der zuvor Spielfilme wie "Männerherzen" oder "Willkommen bei den Hartmanns" drehte und auch als Schauspieler erfolgreich ist.
FC Bayern lehnte Doku zunächst ab
Die Vereinsführung habe seine Anfrage nach einer Drehgenehmigung zunächst abgelehnt, offenbarte Verhoeven, sich im Zuge der Corona-Krise dann aber umentschieden. "Der FC Bayern hat sich gefragt: Wie können wir in Zeiten von leeren Stadien die Nähe zu den Fans halten? Die Frage schien sich dann mit der Doku zu beantworten."
Insbesondere der heutige Vorstandschef Oliver Kahn habe sich für das Projekt eingesetzt. "Er hat uns und die Doku protegiert", sagte Verhoeven.
"Viele krasse Character" beim FC Bayern
Überrascht habe ihn, dass auch bei den erfolgsverwöhnten Münchnern Menschen seien, "die sehr persönliche Themen und Sorgen haben, die ständig beobachtet werden und dadurch einen Abwehrmechanismus entwickelt haben", so Verhoeven.
Er berichtete zudem vom "unfassbaren Ehrgeiz und Antrieb" beim FC Bayern. "Da sind viele krasse Character, wie man im Filmgeschäft sagen würde, vom Präsidenten über die Sekretärinnen bis zur Scout-Abteilung. Das muss nicht bedeuten, dass da immer Harmonie herrscht. Es gab auch Tage, da hat es geknallt", sagte Verhoeven.
Insgesamt seien die Dreharbeiten "nicht einfach" gewesen. "Es gab natürlich Tage, an denen die Türen wirklich zugegangen sind. Da brauchst du auch nicht mehr diskutieren", sagte Verhoeven. Eine Halbzeitansprache, "die sich scharf gegen eine andere Mannschaft gerichtet hat", habe das Filmteam im Nachhinein gekürzt, so der Regisseur.
FC Bayern: Hansi Flicks Abschiedsrede ein "Gänsehaut-Moment"
Ein "absoluter Gänsehaut-Moment" sei die Abschiedsrede von Ex-Trainer Hansi Flick gewesen, erzählte Verhoeven. Auch nach der Bekanntgabe von David Alabas Abgang habe "große Trauer" in der Kabine geherrscht.
Im Anschluss an das bittere Ausscheiden im Champions-League-Viertelfinale gegen Paris Saint-Germain registrierte der Filmemacher zudem "eine ganz furchtbare Stimmung" unter den Bayern-Stars.
"Das ständige Zeitverzögern, die Schlitzohrigkeit der Pariser ging dem Trainer und der Mannschaft zu weit. Das Spiel selbst, der Fußball, hat immer noch eine gewisse Ehrlichkeit, das ist immer noch wie in der B-Jugend, trotz all der Millionen. Das war im Paris-Rückspiel aber nicht gegeben", sagte Verhoeven.