18.05.2022 13:45 Uhr

Warum dem FC Bayern ein unruhiger Sommer droht

Viel Unruhe beim FC Bayern um Hasan Salihamidzic (l.)
Viel Unruhe beim FC Bayern um Hasan Salihamidzic (l.)

Trotz des zehnten Meistertitels in Folge droht dem FC Bayern der unruhigste Sommer seit langem. Mit Robert Lewandowski und Serge Gnabry könnten gleich zwei namhafte Stars den deutschen Fußball-Rekordmeister verlassen. Diskussionen gibt es auch um Sportvorstand Hasan Salihamidzic.

Als "Mutter Teresa" bezeichnete sich Uli Hoeneß einst scherzhaft selbst in Anspielung auf die 1997 verstorbene indische Ordensschwester, die sich mit ihrer Arbeit für die Armen von Kalkutta ein (inzwischen häufig in Frage gestelltes) Image der bedingungslosen Wohltäterin erwarb und sogar den Friedensnobelpreis gewann.

Am vergangenen Sonntag schlüpfte der frühere Manager, Präsident und Aufsichtsratschef des FC Bayern aber eher in die Rolle einer Löwenmutter, die ihr Junges verteidigt.

Hoeneß' "Junges", das ist Hasan Salihamidzic, Sportvorstand des Klubs und Protegé des langjährigen Machers, den dieser 2017 als Sportdirektor in der Führungsriege installierte und mit dem er heute noch in ständigem Austausch stehen soll.

FC Bayern: Kritik an "Hetzjagd" auf Hasan Salihamidzic

Eine "Hetzjagd" auf den Ex-Profi der Münchner finde derzeit in den Medien statt, monierte Hoeneß und stellte sich gegen der immer lauter werdenden Kritik an der Transferpolitik Salihamidzics.

Dieser sei für die Neuzugänge beim FC Bayern "nicht alleine verantwortlich", so Hoeneß. "Da wird sich immer nur einer herausgepickt. Als wir sechs Titel gewonnen haben, habe ich keinen gehört, der 'Hasan, Hasan' gerufen hat. Jetzt, wo wir die Champions League nicht gewinnen, jetzt ist er allein schuld. Das kann nicht sein."

Missliebigen Journalisten, soweit ging die Hoeneßsche Wut- und Verteidigungsrede, solle der Verein gar "eine Woche" den Zugang zum Allerheiligsten an der Säbener Straße verwehren.

Druck auf Hasan Salihamidzic "brutal"

Tatsächlich wird gerade an vielen Stellen und aus fast allen Rohren auf Salihamidzic gefeuert, wenn man im üblichen Sprech der Sport-Berichterstattung bleiben will.

"Salihamidzic kämpft um seinen Job", titelte "Bild" und konstatierte, der Druck auf den 45-Jährigen wachse angesichts vieler unglücklicher Entscheidungen in den letzten Monaten "brutal".

Auch die "Süddeutsche Zeitung" mahnte "klare Entscheidungen" der Bayern-Bosse an. Dabei sei "vor allem" Salihamidzic gefordert.

Und der medial nahezu omnipräsente Rekord-Nationalspieler Lothar Matthäus kritisiert seinen früheren Mitspieler seit einiger Zeit nahezu im Wochentakt. Der 61-Jährige brachte mit Borussia Mönchengladbachs Ex-Manager Max Eberl sogar einen möglichen Nachfolger ins Gespräch.

FC Bayern lässt Robert Lewandowski zappeln

Insbesondere die Causa Robert Lewandowski fällt Salihamidzic, der qua Stellenbeschreibung natürlich hauptverantwortlich für die Personalplanung ist, vor die Füße.

Lange ließen die Verantwortlichen den zweitbesten Torjäger der Geschichte des FC Bayern in Sachen Vertragsverlängerung zappeln. Dem Vernehmen nach auch, weil sie sich bis zuletzt intensiv um eine Verpflichtung von Erling Haaland bemühten.

Erst Ende April kam es zu einem ersten Gespräch von Salihamidzic und Vorstandschef Oliver Kahn mit Lewandowskis Berater Pini Zahavi, bei dem anscheinend aber eher unverbindlich über die Vorstellungen des Klubs für den 33 Jahre alten Polen geplauscht wurde.

"Aussage gegen Aussage" beim FC Bayern

Lewandowski jedenfalls stellte nach dem letzten Bundesligaspiel beim VfL Wolfsburg (2:2) am "Sky"-Mikrofon klar, er habe "kein Angebot" des FC Bayern erhalten - und wolle München schon in diesem Sommer verlassen.

Vor der Partie hatte auch Salihamidzic den Wechselwunsch des vom FC Barcelona umworbenen Profis erstmals öffentlich gemacht. Er sprach allerdings davon, dass Lewandowski ein Angebot seitens des Vereins abgelehnt habe - ein klassischer Fall von "Aussage gegen Aussage".

Die Fans des FC Bayern machten wenig Stunde später klar, auf welcher Seite in dem Konflikt sie stehen.

Ausgerechnet am Samstagabend bei der Titelparty-Overtüre im Biergarten am Nockherberg pfiffen mehrere Hundert Anhänger Salihamidzic lautstark aus. Für Lewandowski gab es dagegen "Lewy, Lewy"-Sprechchöre.

Auch klubintern schwinde die Zustimmung für Salihamidzic, berichtete zuletzt die Münchner "Abendzeitung". Die Riege der Fürsprecher des Bosniers wird demnach kleiner. Eine Verlängerung seines 2023 auslaufenden Vertrags sei bislang kein Thema, eine vorzeitige Trennung möglich.

Uli Hoeneß' Einfluss schützt Hasan Salihamidzic - noch

Wie realistisch dieses Szenario wirklich ist, ist allerdings fraglich. Zwar bekleidet Hoeneß offiziell kein operatives Amt mehr beim FC Bayern.

Durch seinen Sitz im Aufsichtsrat und wegen seiner Verdienste rund um den Verein dürfte sein Einfluss hinter den Kulissen aber ausreichen, um seine Hand schützend über Salihamidzic zu halten - zumindest vorerst.

Denn sollte der umstrittene Sportvorstand bei der Regelung des Lewandowski-Erbens wieder einmal kein glückliches Händchen beweisen, könnte sein Stuhl wirklich ins Wackeln geraten.

Serge Gnabry vor Abgang vom FC Bayern?

Zumal im Schatten der vielen Diskussionen um die Zukunft des Goalgetters auch eine weitere Personalfrage nach baldiger Klärung verlangt: die nach der Zukunft von Serge Gnabry. Auch der Vertrag des Nationalspielers beim FC Bayern läuft im Sommer 2023 aus.

Gespräche über eine Verlängerung laufen seit Monaten. Zwischen den Parteien gibt es aber nach wie vor "Meinungsverschiedenheiten" wie Klub-Präsident Herbert Hainer am Sonntag im "Doppelpass" von "Sport1" offenbarte. Im Klartext: Gnabry fordert mehr Gehalt, als ihm der FC Bayern zahlen will.

Sollte sich weiterhin keine Einigung abzeichnen, will die Klub-Führung laut "kicker" nicht mit dem 26-Jährigen in sein letztes Vertragsjahr gehen, sondern ihn in diesem Sommer verkaufen.

Salihamidzic drohen also weitere Kader-Umbauten - und dem FC Bayern unruhige Wochen.

Tobias Knoop