22.09.2022 11:31 Uhr

Das sind die größten Baustellen des BVB

Anthony Modeste fremdelt noch mit dem Spielsystem von BVB-Coach Edin Terzic
Anthony Modeste fremdelt noch mit dem Spielsystem von BVB-Coach Edin Terzic

Tabellenplatz zwei hinter Union Berlin, drei Punkte vor dem vermeintlich übermächtigen FC Bayern: Der Saisonstart des BVB in der Fußball-Bundesliga kann sich sehen lassen. Trotzdem gibt es noch sehr viel Steigerungspotenzial bei den Dortmundern.

Sturm-Neuzugang Anthony Modeste fremdelt noch sichtlich mit der Spielweise von BVB-Trainer Edin Terzic, auch der vom FC Bayern gekommene Niklas Süle ist noch weit davon entfernt, der neue Abwehrchef zu werden - zwei von mehreren Problemen, die den Revierklub in der Länderspielphase beschäftigen.

Hier kommen die größten Baustellen von Borussia Dortmund:

Nur neun Tore in sieben Bundesliga-Spielen

9:7 Tore nach sieben Spieltagen: Das sieht dem BVB, der seit der Ära Jürgen Klopp für großes Fußball-Spektakel steht, so gar nicht ähnlich. Die Torbilanz spricht aber auch für die Arbeit des neuen BVB-Trainerteams um Chefcoach Edin Terzic.

Auf der Defensive habe ein Trainingsschwerpunkt gelegen, gab Terzic gegenüber den "Ruhr Nachrichten" bei "19:09 – der schwarzgelbe Talk" offen zu - "weil wir in der vergangenen Saison oft zwei, drei Tore schießen mussten, um Spiele zu gewinnen".

Die Abwehr zu stabilisieren, ohne dass der attraktive Offensivfußball auf der Strecke bleibt, "in den wir uns alle einmal verliebt haben", bleibt für den BVB-Coach vorerst ein Balanceakt.

"Der Kader hat weiterhin Optimierungsbedarf. Das muss aber nicht über den Transfermarkt geschehen, sondern auch auf dem Trainingsplatz", stellte Terzic außerdem klar.

Wann zündet Anthony Modeste?

Erst der Wechsel von Superstar Erling Haaland zu Manchester City, dann die schwere Erkrankung von Neuzugang Sébastien Haller: Der Angriff ist beim BVB eine Baustelle.

"Wir haben in Erling Haaland unseren Top-Torjäger verloren, wir haben richtig viel Geld in die Hand genommen, um einen Ersatz zu verpflichten. Doch der Rekordtransfer stand für uns noch nicht eine Minute auf dem Feld", rief Coach Terzic im Talk mit den "Ruhr Nachrichten" in Erinnerung.

Anthony Modeste, der Anfang August als Ersatz für Haller vom 1. FC Köln kam, konnte die Baustelle noch nicht beheben. In sechs Liga-Einsätzen für den BVB gelang dem Franzosen erst ein Tor. Schlimmer als seine Ausbeute ist aber die Tatsache, dass der Strafraumstürmer wie ein Fremdkörper im Dortmunder Spiel wirkt.

Beim 1:0-Sieg im Revierderby gegen Schalke 04 am vergangenen Samstag kam Modeste in 65 Minuten auf 14 Ballkontakte, drei Fehlpässe bei sechs Versuchen und eine Zweikampfquote von 30 Prozent.

Mittelfeldspieler Julian Brandt hatte nach dem Schalke-Spiel einen Erklärungsansatz parat. Der BVB sei, "seitdem ich hier bin, nie ein Team" gewesen, "das stark über Flanken kam", meinte Brandt gegenüber den "Ruhr Nachrichten".

Der deutsche Nationalspieler hat aber keine Zweifel daran, dass Modeste bald besser eingebunden sein wird. "Ihn triggert das", verriet Brandt: "Ich sehe ihn im Training, ich sehe, wie hart er arbeitet. Und ich bin sicher, dass er das Vertrauen bald zurückzahlt."

Wie geht Terzic mit Youngster Moukoko um?

Dass der für Modeste eingewechselte Youssoufa Moukoko gegen Schalke den Siegtreffer erzielte, wird den Druck auf den Franzosen weiter wachsen lassen. Zumal das 17-jährige BVB-Talent keinen Hehl daraus macht, in die Startelf zu drängen.

"Ich wollte unbedingt von Anfang an spielen, aber der Trainer hat anders entschieden. Das musst du akzeptieren und respektieren, weil der Trainer immer bessere Gefühle hat", erzählte Moukoko im Interview mit Vereinsmedien.

Kurzfristig könnte Modeste die Nase vorn behalten. Während der Länderspielpause wird der 34-Jährige in Dortmund verweilen und hat den Vorteil, ausgeruht zu sein. Der für die deutsche U21 nominierte Moukoko kommt dagegen erst Mitte kommender Woche zurück.

Niklas Süle fällt nach Wechsel vom FC Bayern ab

Seine ehemaligen Mitspieler vom FC Bayern zog Nationalspieler Niklas Süle vor kurzem wegen der Bayern-Krise auf, plauderte Joshua Kimmich in dieser Woche aus. Bei Süle selbst, der im Sommer ablösefrei vom Rekordmeister zum BVB wechselte, läuft es allerdings auch noch nicht rund.

Der 27-jährige Innenverteidiger, der sich beim Dortmunder 3:0-Sieg gegen 1860 München in der ersten DFB-Pokalrunde eine Muskelverletzung zuzog, hinkt seiner Form hinterher. Mats Hummels und Nico Schlotterbeck sind in einer besseren Verfassung als der vermeintliche neue Abwehrchef der Borussen.

In Zahlen: Sechs seiner sieben Gegentore in der Bundesliga kassierte der BVB mit Süle auf dem Platz.

Beim 2:3 gegen Werder Bremen, bei dem sich die Schwarz-Gelben drei Tore in der Schlussphase fingen, wurde Süle in der 65. Minute eingewechselt. Beim 0:3 gegen Leipzig und auch beim 1:2 gegen Manchester City in der Champions League spielte Süle durch. Gegen die Engländer wusste Süle allerdings überwiegend zu überzeugen.

Vor allem sein körperlicher Zustand ist aber immer wieder ein Thema. Dortmunds Sportdirektor Sebastian Kehl sagte bei "Sky 90" dazu recht deutlich: "Ich glaube, dass er in diesem Punkt zulegen kann."

Das erwarte Süle auch von sich, betonte Kehl: "Er möchte nicht eingewechselt werden, sondern von Anfang an spielen. Er wird sicher ein Stück fitter werden müssen, aber das hat auch mit der einen oder anderen Verletzungen zu tun."

Immer wieder Verletzte beim BVB

Klar ist: Für Borussia Dortmund sind auch in dieser Saison die vielen verletzungsbedingten Ausfälle ein großes Problem. Zwar kann Terzic per se nichts für das Verletzungspech, der BVB-Trainer muss jedoch immer wieder neue Lösungen finden.

Die Schockverletzung von Marco Reus im Revierderby stellte sich zwar "nur" als Außenbandverletzung im Sprunggelenk heraus. Dennoch ist der Kapitän, dessen Ausfallzeit drei bis vier Wochen betragen soll, nicht der erste Dortmunder Profi, den in dieser Spielzeit eine Blessur ereilt.

Salih Özcan wird wegen eines Knochenödems im Fuß wohl mindestens das Spiel bei seinem ehemaligen Arbeitgeber 1. FC Köln am 1. Oktober verpassen. Die genaue Ausfallzeit ist noch unklar, womöglich droht gar ein monatelanger Ausfall. Özcan hatte in den vergangenen Wochen Mittelfeldmann Mo Dahoud erfolgreich ersetzt. Dieser, ebenso wie Youngster Jamie Bynoe-Gittens, wurde kürzlich an der Schulter operiert. Beide werden wohl erst nach der WM im Winter wieder auf den Platz zurückkehren.

Sehnlichst zurückerwartet wird unterdessen Stammtorwart Gregor Kobel, der seit Wochen einen Muskelfaserriss auskuriert. Der Schweizer wird in der nächsten Woche im Training zurückerwartet. Gleiches gilt für Linksverteidiger Raphael Guerreiro, der im Abschlusstraining vor dem Derby eine leichte Muskelverletzung erlitt.

Claudio Palmieri