11.10.2022 19:36 Uhr

Kind bleibt, neuer Ärger droht

Martin Kind konnte vor Gericht einen Teilerfolg verbuchen
Martin Kind konnte vor Gericht einen Teilerfolg verbuchen

Fußball-Zweitligist Hannover 96 kann Martin Kind als Geschäftsführer nicht absetzen. Das Landgericht Hannover entschied am Dienstag, dass der Rauswurf des 78-Jährigen nichtig und damit juristisch unwirksam ist. Doch Ruhe kehrt in dem Streit dadurch noch lange nicht ein: Die Deutsche Fußball Liga (DFL) hat angekündigt, die Einhaltung der 50+1-Regel in Hannover notfalls "neu prüfen" zu wollen.

Der Klub hatte sich am 27. Juli von dem Unternehmer "aus wichtigen Gründen" getrennt, konnte sich mit dieser Rechtsauffassung aber vor Gericht nicht durchsetzen. "Ich begrüße diese Entscheidung, sie führt zu Rechtsklarheit in dieser Frage", kommentierte Kind den Urteilsspruch. Er erwarte nun aber auch, dass Vorstand und Aufsichtsrat ihre "treuewidrige Vorgehensweise" zukünftig unterlassen werde.

Doch der seit Jahren den Traditionsverein lähmende Streit in der Führungsetage dürfte sich fortsetzen, auch wenn zunächst unklar blieb, ob das Verfahren in die nächsthöhere Instanz geht.

"Die Situation ist sehr verfahren"

Sogar der Vorsitzende Richter Peter Carsten Schulze wies bei der Urteilsverkündung auf die schwierige Lage hin: "Die Situation ist sehr verfahren. Wir können das Problem von Hannover 96 nicht lösen."

Denn bei dem Prozess schaute auch die DFL mit Blick auf die 50+1-Regelung ganz genau hin. Die Bild-Zeitung und die Neue Presse Hannover zitierten aus einem an Kind gerichteten Schreiben von DFL-Justiziar Jürgen Paepke.

Darin weist Paepke darauf hin, dass das "uneingeschränkte Weisungsrecht" des Vereins gegenüber der Geschäftsführung (Kind) "eine wesentliche Voraussetzung dafür ist, dass die gesellschaftsrechtliche und vertragliche Struktur von der DFL GmbH als noch mit der 50+1-Regel vereinbar angesehen wird".

Durch Kinds Erfolg vor Gericht, so die Argumentation, sei der Verein nicht mehr weisungsbefugt. Dann sei "die Vereinbarkeit des Hannover-96-Vertrages mit der 50+1-Regel deutlich infrage gestellt, erst recht dann, wenn die Gesellschafterversammlung das Weisungsrecht nicht effektiv gegenüber einem weisungsgebundenen Geschäftsführer durchsetzen könnte", heißt es in dem Schreiben weiter.

Dem Verein liegt dieses Schriftstück nach eigener Aussage noch nicht vor. Daraufhin mutmaßte der Klub 90 Minuten nach der Urteilsverkündung in einer offiziellen Mitteilung, dass die DFL wohl selbst über den Inhalt informiert habe und bezeichnete dies als "krassen Vertrauensbruch."

Hannover 96 droht Nachspiel

Die DFL wies "diese Behauptungen in aller Form und Deutlichkeit zurück, sie sind falsch", wie es in einer Mitteilung hieß. Zum Thema 50+1 "unter den spezifischen Umständen in Hannover" stellte der Ligaverband klar, dass "das Weisungsrecht" nicht "gleichzusetzen mit dem Recht zur Bestellung oder Abberufung der Geschäftsführung" sei.

Entscheidend sei vielmehr, dass ein Geschäftsführer den Weisungen des Stammvereins "unterworfen ist und dass rechtmäßige Weisungen auch beachtet und erfüllt werden", wie es hieß. Sollte die DFL zu dem Schluss kommen, "dass dies nicht der Fall ist", dann werde Hannover hinsichtlich der 50+1-Regel überprüft. Und zwar "unabhängig von dem Ausgang des anhängigen Rechtsstreits", den Kind zunächst gewonnen hatte.