27.01.2023 20:47 Uhr

FC Bayern droht ein böses Déjà-vu

Noch nicht zurück in Form: Thomas Müller und Jamal Musiala vom FC Bayern
Noch nicht zurück in Form: Thomas Müller und Jamal Musiala vom FC Bayern

Zwei Unentschieden hintereinander mit je nur einem Tor, das gab es beim FC Bayern zuletzt im Früh-Herbst. Damals begann eine sportliche Talfahrt samt Sieglos-Serie von fünf Spielen. Nun bereitet ausgerechnet die hochdekorierte Offensive des FC Bayern Sorgen. Ein böses Déjà-vu droht.

Noch brodelt es nicht beim FC Bayern, doch es köchelt. Der Ton hat sich nach den beiden enttäuschenden Resultaten gegen RB Leipzig (1:1) und Köln (1:1) deutlich verschärft. Die Suppe, um im Bild zu bleiben, ist versalzen.

Zwar will man in München - auch angesichts des verbleibenden Punkte-Polsters von drei Zählern in der Liga - noch keineswegs von einer Krise sprechen. Sollte im Topspiel am Samstagabend (18:30 Uhr) gegen Verfolger Eintracht Frankfurt jedoch erneut kein Sieg herausspringen, dürfte neues Unheil angerichtet sein.

Mächtig Ärger um Gnabry, Angriff des FC Bayern blass

Wie das aussehen könnte, davon hatte Hasan Salihamidzic bereits einen Vorgeschmack gegeben.

Schon nach dem Last-Minute-Remis gegen Köln kochte der sichtlich angefressene Sportvorstand und polterte gegen Angreifer Serge Gnabry, der seine Freizeit vor der Partie lieber in Paris auf einer Mode-Gala verbracht hatte und dann - was ihm letztlich zum Verhängnis wurde - gegen die Domstädter deutlich unter seinen Möglichkeiten geblieben war.

Das gilt, mit Blick auf die sonst so überragende Offensiv-Leistung des FC Bayern in der bisherigen Saison, allerdings auch für dessen Mitstreiter im Angriff. Ob Flügelstürmer Leroy Sané, Knipser Eric Maxim Choupo-Moting oder die eingewechselten Kingsley Coman und Thomas Müller - sie alle blieben blass.

Nagelsmann kennt die Gründe für Musialas Formtief 

Besonders auffällig: Ausnahmekönner Jamal Musiala scheint sich in einem ersten kleinen Formtief zu befinden.

Der DFB-Hoffnungsträger ist nach der ersten Bundesliga-Saisonhälfte mit neun Toren und sechs Vorlagen eigentlich der beste Angreifer des FC Bayern. In den vergangenen zwei Spielen war vom 19-Jährigen aber nicht viel zu sehen.

Im Gegenteil: Gegen Köln glich Musiala einem Totalausfall, erhielt erstmals in dieser Saison von sport.de die Note 5,0. Nur wenig besser (Note 4,5) hatte er sich zuvor gegen Leipzig präsentiert.

Gegen die Sachsen verpufften Musialas Angriffsbemühungen meist schon im Ansatz. Bis zu seiner Auswechslung gelang ihm weder ein eigener Torschuss noch eine Torschussvorlage. Seine große Stärke, das Eins-gegen-Eins, kam überhaupt nicht zum Tragen. Auch gegen den Effzeh wollte er scheinbar mit dem Kopf durch die Wand, es blieb letztlich bei einem abgeblockten Schussversuch.

Es ist nun an Julian Nagelsmann, den jungen Angreifer wieder in die Spur zu bekommen - oder diesem eine gutgemeinte Pause zu verordnen. Auf der Spieltagspressekonferenz am Freitag sagte er vielsagend: "Ein Dosenöffner, dann flutscht es auch wieder. Ich kenne die Gründe auch, aber die sind nichts für die Öffentlichkeit."

Wie lange hält Thomas Müller die Füße still?

Sollte Musiala gegen die SGE vorerst auf die Bank rücken, wäre dies zugleich die Chance für Thomas Müller, um sich neu zu beweisen.

Das Bayern-Urgestein hatte turbulente Wochen und Monate durchlebt, mit mehr Tiefen als Höhen. Nach einer Verletzung im Herbst und einer bekanntlich enttäuschenden WM galt Müller nach dem Winter-Trainingslager nur noch als Herausforderer im Bayern-Kader. 

Der Routinier musste tatsächlich zuletzt zweimal auf der Bank Platz nehmen, blieb nach außen hin aber gelassen. Auch, weil Nagelsmann in Doha noch betont hatte, dass der 33-Jährige weiterhin "fest in den Gedanken" sei. "Wir brauchen ihn und sind froh, dass er wieder dabei ist."

Die Frage ist: Wie lange hält Thomas Müller die Füße still, sollte er trotz der schwachen Leistungen von Jamal Musiala auch weiterhin nicht für die Startelf berücksichtigt werden? Auch hier ist Nagelsmann als Kommunikator gefragt.

FC Bayern: Nagelsmann begründet Angriffsflaue mit fehlendem Rhythmus

Der Cheftrainer muss zugleich Antworten für das insgesamt strauchelnde Angriffsspiel seiner Münchner finden. Gegen RB sprangen, trotz zeitweise großer Überlegenheit, nur sieben Torschüsse heraus. Er monierte hinterher das Verhalten in der "roten Zone", in der sich seine Spieler "immer falsch" entschieden hätten.

Zwar schossen die Bayern gegen Köln satte 22 Mal aufs gegnerische Gehäuse, nun haperte es aber an der Qualität der Abschlüsse und der Effektivität. Auch auf Sturmspitze Eric Maxim Choupo-Moting, der sonst im Schnitt nur drei Schüsse für ein Liga-Tor benötigt und gegen Leipzig den Führungstreffer erzielt hatte, war diesmal kein Verlass.

Nagelsmann fand im noch fehlenden Rhythmus einen ersten Grund für das Problem im Angriff. Ein weiterer liegt aber wohl in der noch unzureichenden "Haltung" seiner Spieler, wie der Cheftrainer am Freitag auf Nachfrage über die aufgekommene "Mentalitätsdebatte" beim FC Bayern erklärte.

Um keine neue Krise, kein böses Déjà-vu, entstehen zu lassen, hat der 35-Jährige nach der Analyse mit seinem Team "einen guten Match-Plan entwickelt". Auch die Spieler wollen ihren Teil dazu beitragen. Sie hätten die mangelnde "Einstellung" eigenständig angesprochen und kritisiert.

Zusätzlichen Mut macht womöglich aber auch das fulminante Hinspiel, als man den frisch gebackenen Europa-League-Sieger mit 6:1 vom Platz fegte. Die überragenden Akteure damals übrigens: Serge Gnabry, Jamal Musiala und Thomas Müller.

Gerrit Kleiböhmer