11.04.2025 19:05 Uhr

Ewige Notlösung? Woran BVB-Coach Kovac bei Bayern scheiterte

Zwischen Thomas Müller und Niko Kovac passte es beim FC Bayern nicht
Zwischen Thomas Müller und Niko Kovac passte es beim FC Bayern nicht

Vor dem deutschen Klassiker zwischen dem FC Bayern und Borussia Dortmund (Samstag ab 18:30 Uhr im LIVE-Ticker) richten sich viele Blicke auf BVB-Coach Niko Kovac, der auf eine bewegte Vergangenheit beim deutschen Rekordmeister zurückblickt. Seine Zeit als Trainer in München war freilich keine Erfolgsstory, speziell sein fragwürdiger Umgang mit Thomas Müller blieb in Erinnerung.

Beim FC Bayern ist die deutsche Meisterschaft die Mindestanforderung, sie allein rettet einem Trainer im Zweifel nicht den Job. Felix Magath musste dies 2007 ebenso erfahren wie Carlo Ancelotti knapp zehn Jahre später oder zuletzt Julian Nagelsmann 2023.

Ein weiteres Beispiel ist an diesem Samstag Gegner der Bayern: Der heutige BVB-Coach Niko Kovac gewann in München 2019 das Double aus Meistertitel und Pokal - nicht einmal sechs Monate später musste er wieder gehen.

Kovac' Gastspiel beim deutschen Rekordmeister endete alles andere als schön: Im Umfeld wurde der frühere kroatische Nationaltrainer ohnehin eher als Notlösung angesehen, nach einem krachenden 1:5 gegen seinen Ex-Klub Eintracht Frankfurt trennte sich der FCB im November 2019 schließlich von ihm.

"Notnagel"-Ärger um Thomas Müller beim FC Bayern

Kritische Töne aus dem Team und vor allem Sticheleien aus der Führungsebene um Uli Hoeneß und Karl-Heinz Rummenigge begleiteten Kovac in München vom ersten Tag seiner Amtszeit an.

Am Samstagabend kommt es nun zum Wiedersehen - auch mit Thomas Müller, den Kovac indirekt als "Notnagel" bezeichnete und meist in die zweite Reihe verbannte. Wechselgedanken beim Fanliebling waren die Folge.

Damals mischte sich sogar Müllers Frau ein. "Mehr als 70 Min bis der mal nen Geistesblitz hat", schrieb sie zu einem Foto, das Kovac am Spielfeldrand mit ihrem Mann zeigte, ehe dieser eingewechselt wurde. Es folgten große Aufregung, eine Entschuldigung und das Löschen des Posts.

Der Vorfall steht sinnbildlich für Kovacs Scheitern an der Säbener Straße - auch an der Personalie Müller, die momentan wieder heiß diskutiert wird, da dem Routinier von der Vereinsführung kein neuer Vertrag mehr angeboten wurde.

Kovac gesteht Fehleinschätzung bei Müller ein

Bemerkenswert: Vor seinem Amtsantritt in Dortmund im Januar gestand Kovac im Umgang mit Müller öffentlich Fehler ein.

"Aus heutiger Sicht hätte Thomas damals sehr viel mehr spielen müssen. Aus jetziger Sicht hätte ich das nicht mehr gemacht", erklärte der Ex-Profi in der Sendung "Sky90".

Seine Aussage, Müller bekomme "mit Sicherheit auch seine Minuten, wenn Not am Mann sein sollte", sei missverständlich gewesen, räumte Kovac ein. Er habe das nicht so gemeint und sich "ganz einfach vertan".

"Ich wollte damit sagen: Wenn es nicht laufen sollte, dann wird er mit Sicherheit kommen. Er ist nicht der Notnagel gewesen, wenn gar keiner mehr da ist, dann spielt er. Das war mein Fehler", erklärte Kovac rückblickend.

Er habe sich auch durch die damalige Situation beim FC Bayern zu diesem Schritt gezwungen gefühlt. Man habe eine Mannschaft gehabt, "die umgebaut werden musste. Es war eine Vorgabe, dass man schon den Generationswechsel vorantreibt", so Kovac. Er habe mit Müller nie ein persönliches Problem gehabt. 

Bayern-Stars wollten Kovac "weghaben"

Probleme hatten indes viele Bayern-Stars mit der strengen Art des Übungsleiters. Dessen Beharren auf Fleiß und Disziplin zahlen sich immer dann aus, wenn ein ehrgeiziger Klub zurück nach oben will - wie aktuell Borussia Dortmund. Einige Münchner Leistungsträger hingegen, an Leistungs- und Konkurrenzdruck schon seit Jahren gewöhnt, waren davon latent genervt.

"Es hat sicherlich Strömungen innerhalb der Mannschaft gegeben, die den Trainer weghaben wollten", machte der damalige Bayern-Präsident Uli Hoeneß im "ZDF-Sportstudio" keinen Hehl aus Kovacs ramponierten Standing.

Kovacs Statistik bei FC Bayern und BVB im Vergleich
VereinSpieleToreS-U-NPunkteschnitt
FC Bayern65169:7345-12-82,26
Borussia Dortmund1322:156-2-51,54

Der Kroate hatte nach dem Abschied von Bayern-Ikone Jupp Heynckes sowieso nie als Wunschlösung gegolten und wurde diesen Makel trotz aller Unterstützung von Buddy Hasan Salihamidzic, anno dazumal noch Sportdirektor, auch nie los. Zu den lautesten Kritikpunkten gehörte seine mangelnde taktische Flexibilität, eine fehlende klare Spielidee und in Summe eine stagnierende Entwicklung.

Plus: Kovac wich keinem Fettnäpfchen aus. Erst schaffte er die Rotation ab, führte sie nach einem Machtwort der Bayern-Bosse wieder ein und hielt eisern an seinen Tugenden fest, die erwiesenermaßen nicht zum Klub passten.

Kovac gewann mit Bayern das Double und war doch umstritten
Kovac gewann mit Bayern das Double und war doch umstritten

Dennoch resümierte der gebürtige Berliner später bei "Servus TV": "Diese nicht ganz eineinhalb Jahre in München waren sehr lehrreich für mich, auch sehr erfolgreich. Ich bin froh, dass ich diese Chance bekommen habe, denn dort wollen alle hin, aber leider schaffen es nur wenige."

Durchwachsener Start beim BVB

Ob der Kovac-Stil zu Borussia Dortmund besser passt als einst zum FC Bayern, muss sich derweil erst noch zeigen.

Bislang sind die Resultate und Leistungen der Schwarz-Gelben unter dem Nachfolger von Nuri Sahin höchst wechselhaft, erst am Mittwoch zeigten sie beim 0:4 gegen den FC Barcelona im Viertelfinal-Hinspiel der Champions League wieder ihre hässliche Fratze.

Ein Glück für Kovac, dass Thomas Müller trotz seines Abschieds vom FC Bayern wohl in diesem Leben nicht mehr für den BVB auflaufen wird.