04.07.2016 14:28 Uhr

Kurányi und Co. auf Jobsuche

Kevin Kurányi ist offiziell vereinslos
Kevin Kurányi ist offiziell vereinslos

Jedes Jahr im Juli sind etliche Fußballprofis vereinslos. Der VdV bietet Hilfe an, doch dafür müssen die Spieler über ihren eigenen Schatten springen.

Kevin Kurányi hat viel erlebt in seiner Karriere als Fußballprofi. In 275 Bundesligaspielen erzielte er 111 Tore, 52-mal lief er für die deutsche Nationalmannschaft auf. Auch in Russlands erster Liga zeigte er fünf Jahre lang meist gute Leistungen. Der 34 Jahre alte Stürmer hat noch Lust auf mehr. Aber seit vergangenem Freitag ist Kevin Kurányi arbeitslos.

Wie Kurányi geht es vielen Fußballprofis, deren Verträge zum 30. Juni ausgelaufen sind. Weitere bekannte Namen aus der Bundesliga sind Ivica Olić oder Roman Neustädter. Vor allem Russlands EM-Fahrer Neustädter wird wohl keine Probleme haben, bei einem renommierten Klub unterzukommen. "Ein gestandener Bundesliga-Profi wird in der Regel nicht vereinslos", sagt Ulf Baranowsky. Der Vorsitzende der Spielergewerkschaft VDV weiß, wo das Problem liegt: "Es sind eher die unbekannteren Spieler aus der 2. und 3. Liga, die zudem wenig Rücklagen haben."

"Aus den Augen, aus dem Sinn"

Während die Profis aus dem Millionengeschäft Bundesliga von ihren Beratern umgarnt werden, stehen die Akteure aus der zweiten Reihe schnell alleine da. Die Vermittler gehen nicht ans Telefon, interessieren sich nicht mehr.

"Aus den Augen, aus dem Sinn", nennt es Baranowsky. Damit sich die Spieler dennoch nicht beim örtlichen Kreisligisten fithalten müssen und schnell aus dem Fokus der Klubs verschwinden, führt die Vereinigung der Vertragsfußballspieler (VdV) ein Trainingscamp für vereinslose Profis durch.

Wichtig: Im Wettkampf bleiben

Am Donnerstag fliegt die Gruppe mit Trainer Georgi Donkov nach Wien zu einem Vier-Nationen-Turnier, zuvor werden in Gelsenkirchen Leistungstest durchgeführt.

In der abgelaufenen Saison hatten die Akteure noch bei Vereinen wie 1860 München, 1. FC Heidenheim oder Preußen Münster gespielt. "Wir veranstalten eine Art Mini-EM. Die Jungs sollen im Wettkampf bleiben, in dieser schwierigen Situation zusammenrücken und sich für neue Vereine empfehlen", sagt Baranowsky. Die Erfolgsquote liegt laut des VDV-Geschäftsführers bei 70 Prozent.

Rückkehr ins Profigeschäft schwierig

Das heißt aber auch, dass es ein großer Teil der Spieler nicht zurück in den Profibetrieb schafft. Die am meisten gefährdete Gruppe sind die Nachwuchsspieler, die nicht mehr in den U23-Teams der Bundesliga-Vereine spielen dürfen. "Wenn da jemand ein halbes Jahr ohne Verein ist, müssen wir über einen Plan B reden", sagt Baranowsky. Für solche Fälle hat die Gewerkschaft Laufbahn-Coaches engagiert, die den vereinslosen Spielern alternative Karrierewege aufzeigen.

Doch auch VDV-Trainer Donkov, selbst einst Bundesliga-Profi, ist mit seinen Assistenten als Seelsorger gefordert. "Wir führen Gespräche, wollen für eine gute Stimmung sorgen. Die Jungs machen sich viele Gedanken über ihre Karriere und ihr Leben." Sozialarbeit ist dann oft wichtiger als das Fußballtraining.

Und Kevin Kurányi? Der Ex-Nationalspieler will weitermachen. Sollte bei einst 5,7 Millionen Euro Jahresgehalt in Moskau allerdings weniger Existenzsorgen haben als viele Kollegen. Doch für Bundesliga-Profis ist der Schritt in das Trainingscamp oft beschwerlich. "Die bekannteren Spieler haben oft Hemmungen. Sie denken, ohne Verein zu sein, beschädigt ihr Image", sagt Baranowsky, "das stimmt aber nicht: Arbeitslosigkeit kann jeden treffen".