24.09.2020 11:46 Uhr

Keller arbeitet am Fundament - und stellt sich der Kritik

Fritz Keller hat als DFB-Präsident alle Hände voll zu tun
Fritz Keller hat als DFB-Präsident alle Hände voll zu tun

In seiner Heimat blüht Fritz Keller auf. Beim malerischen Blick von der Terrasse des Familienweinguts auf die umliegenden Weinberge kommt der Präsident des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) ins Plaudern. Dann redet der 63-Jährige ohne Punkt und Komma über sein "Paradies" Oberbergen am Kaiserstuhl. Er spricht ausschweifend über die 1000 Einwohner, die Historie der Region, die Familiengeschichte der Kellers, seinen Werdegang, seinen Patenonkel Fritz Walter und sogar die Auswirkungen der Klima-Erwärmung.

Dass er seit einem Jahr nicht mehr alles hautnah mitbekommt und seinem Zuhause teilweise für mehrere Wochen fernbleiben muss, ist für Keller nichts Neues. "Damals ging es dann irgendwann ins Internat und nach Frankreich. Da wurde ich weggeschickt in die große, weite, böse Welt", berichtet der DFB-Boss, der am Sonntag sein einjähriges Dienstjubiläum begeht, mit einem Augenzwinkern von seiner Jugend.

Doch nicht nur in jungen Jahren lernte Keller die Welt ganz neu kennen. Spätestens seit dem 27. September 2019, als Keller in Frankfurt/Main zum Nachfolger des zurückgetretenen Reinhard Grindel an die DFB-Spitze gewählt wurde, sieht der frühere Klubchef des Bundesligisten SC Freiburg viele Dinge aus einer anderen Perspektive. Eigentlich sollte es Kellers Hauptaufgabe sei, den krisengeschüttelten Verband zu reformieren. Doch dieses Vorhaben, welches Keller nach wir vor verfolgt, geriet in der Öffentlichkeit rasch in den Hintergrund.

"Fehler machen nur diejenigen, die etwas tun"

Schuld daran waren noch größere und tiefgreifendere Probleme als die ohnehin schon bestehenden Schwierigkeiten. Und da Keller während der ausufernden Fanproteste wie bei der existenzbedrohenden Coronakrise nicht immer die beste Figur machte, wurde von vielen Seiten hinter vorgehaltener Hand bereits getuschelt, dass der neue Präsidenten ebenso ungeeignet für den Posten sei wie seine Vorgänger.

Diese Kritik ficht Keller aber nicht an. "Nein, nie", antwortet der DFB-Boss im Gespräch mit dem "SID" auf die Frage, ob er seinen Amtsantritt schon bereut habe. "Fehler machen nur diejenigen, die etwas tun. Wer aber nichts tut, der macht damit schon den größten Fehler", sagt Keller: "Wir alle machen Fehler, natürlich auch ich. Und wahrscheinlich werde ich wieder Dinge falsch machen. Aber wichtig ist, dass wir immer im Sinne des Fußballs handeln - auf diesem Weg möchte ich alle mitnehmen."

Keller macht keinen Hehl daraus, was zukünftig im Sinne des Fußballs passieren muss. Der Sommermärchen-Skandal soll endlich aufgeklärt werden, der DFB ins Machtzentrum des Weltverbands FIFA zurückkehren, und das große Geld zurück zur Basis fließen.

"Fußball darf keine Geldwaschmaschine sein"

Dem ersten Ziel ist der Verband schon sehr nahe. Eine Detektei hat neue Erkenntnisse ans Licht gebracht, die das Rätsel der Millionenzahlung rund um die WM-Vergabe 2066 nach Deutschland lösen soll. Auch Punkt zwei könnte schon im kommenden Jahr zu den Akten gelegt werden, wenn der DFB wahrscheinlich mit Vizepräsident Rainer Koch ins FIFA-Council zurückkehren wird. Das dritte Vorhaben wird allerdings schwierig - das weiß auch Keller.

"Der Fußball darf keine Geldwaschmaschine sein, wie es in bestimmten Ländern der Fall sein könnte. Ich habe keine fertigen Lösungen parat, aber wir haben das bei den internationalen Verbänden und der Politik angesprochen und entsprechende Impulse gesetzt, um gemeinsam welche zu finden", sagt der DFB-Chef: "Das Geld muss wieder an die Basis - und nicht in die Hände von Beratern und anderen, die es abzweigen. Wir brauchen Regeln auf der internationalen Ebene."

Um an der Einführung dieser internationalen Regeln mitzuarbeiten, sollte Keller eigentlich der richtige Mann sein. Schließlich hat er schon in jungen Jahren die "große, weite, böse Welt" kennengelernt.