22.04.2022 19:16 Uhr

Konstant unkonstant! Was Kimmich in diesem Jahr fehlt

Joshua Kimmich trifft mit seinem FC Bayern auf den BVB
Joshua Kimmich trifft mit seinem FC Bayern auf den BVB

Am Samstagabend will der FC Bayern einen einmaligen Bundesliga-Rekord aufstellen und zum zehnten Mal in Serie die Deutsche Meisterschaft gewinnen. Klargemacht werden kann der Titel ausgerechnet gegen den BVB, der mit neun Punkten Rückstand Tabellenzweiter ist. Joshua Kimmich hat sich für den Bundesliga-Klassiker extra viel vorgenommen, sprach im Vorfeld von einem "besonderen Spiel". Der Münchner Leitwolf stellt dabei höchste Erwartungen - vor allem an sich selbst. 

Die laufende Saison 2021/2022 wird nicht als die stärkste von Joshua Kimmich in Erinnerung bleiben. Egal, ob es am Samstag schon mit dem Meistertitel gegen Borussia Dortmund klappt oder nicht.

Zu wenige Spiele auf allerhöchstem Niveau, welches der Leader in Bayerns Mittelfeld von sich selbst stets einfordert, waren dabei. Immer wieder offenbarte die Formkurve beim 27-Jährigen in dieser Saison starke Dellen.

"Ich bin ein Spieler, der seine Leistung selbst gut einschätzen kann", ließ Kimmich zuletzt verlauten. Der jüngsten Top-Leistung bei Arminia Bielefeld, als er mit gleich drei sagenhaften Pässen alle drei Bayern-Tore einleitete, war eine sehr dürftige ausgerechnet im wichtigsten Spiel der Saison vorausgegangen.

Beim Champions-League-Aus zu Hause gegen den FC Villarreal (1:1) blieb der Mittelfeld-Star weitestgehend blass, konnte seine Truppe gegen kampfstarke Spanier dieses Mal nicht mit seiner Verbissenheit anführen.

Ungewohnt viele fehlerbehaftete Auftritte für den FC Bayern

Ungewohnt häufig fehlt es in dieser Saison bei Kimmich an genau den Attributen, die ihm zuvor zur fußballerischen Weltklasse verhalfen. Kompromisslosigkeit in der Zweikampfführung, Passsicherheit und Ideenreichtum im Spiel mit dem Ball, dazu auffallend viele letzte oder vorletzte Pässe vor den Bayern-Toren. All das geht Kimmich in 2021/2022 immer wieder ab.

Im Gegenteil: Nicht nur beim Königsklassen-Aus gegen das Gelbe U-Boot mangelte es Kimmich seltsam häufig an Ballsicherheit und Präzision - sowohl im laufenden Spiel als auch bei den Standardsituationen. 

"Ich war sehr enttäuscht über meine und unsere Leistung", machte der Nationalspieler erst gar kein Geheimnis aus seiner schwachen Partie - ausgerechnet dann, als es am meisten drauf ankam.

Kimmich fehlte beim letzten Bayern-Duell mit dem BVB

Zu Hause gegen den BVB will Kimmich seinen eigenen Führungsansprüchen in der Elf von Julian Nagelsmann endlich wieder gerecht werden, betonte im Vorfeld, wie wichtig ein erneuter Heimsieg gegen die Schwarz-Gelben wäre: "Den Titel wollen wir jetzt auf jeden Fall holen nächste Woche gegen Dortmund zu Hause. Das ist für uns und die ganze Bundesliga ein besonderes Spiel. Das ist das oberste Ziel, da die Meisterschale klarzumachen."

Im heiß diskutierten Hinspiel, als der FC Bayern im letzten Dezember nach mehreren strittigen Entscheidungen knapp mit 3:2 siegte, fiel Kimmich gerade mit seiner Corona-Infektion aus. 

Die Partie fand inmitten der längsten Zwangspause statt, die Kimmich bisher in seinen sechseinhalb Bayern-Jahren zu durchlaufen hatte. Von November bis Januar war er zum Zuschauen gezwungen. 

Die Untätigkeit auf dem Fußballplatz fiel dem extrem ehrgeizigen Antreiber der Münchner erkennbar schwer. Schon im Januar, als er zum Rückrunden-Auftakt gegen Borussia Mönchengladbach sein Comeback feierte (1:2), waren ungewöhnliche Abstimmungsprobleme und eine erhöhte Fehlerquote nicht zu übersehen.

"Er will offensiv Akzente setzen, müsste aber für Stabilität und die Balance sorgen. Diese Kernaufgabe erfüllt er nicht", haderte Ex-Nationalspieler Dietmar Hamann im "kicker" mit der Performance des 27-Jährigen.

Kimmich erklärt eigenen Anspruch: "Es ist mein Job, voranzugehen"

Vielleicht kommt die Partie gegen den BVB jetzt auch wie gerufen für Bayerns Nummer sechs. Schon einmal, nämlich im Saisonendspurt 2019/2020, war er mit seinem herausragenden Chip-Tor auswärts in Dortmund der Man of the Match und brachte seinen FC Bayern mit dem Tor des Tages endgültig auf die Meisterstraße.   

"Es ist mein Job, voranzugehen", stellt Kimmich den höchsten Führungsanspruch an sich. Selbst, oder gerade besonders in einer Spielzeit, in der es ihm an Kontinuität auf dem absoluten Top-Level fehlt, wäre ein solcher Geniestreich doppelt wichtig - auch für das eigene Selbstverständnis.

Immerhin: An seiner Präsenz auf dem Rasen hat Kimmich zuletzt unentwegt gearbeitet. Mit 123 Ballkontakten in Bielefeld war er wieder der Taktgeber, der er selbst sein will, brachte mit Abstand die meisten Pässe an den Mann. 

Gegen seinen Lieblingsgegner Borussia Dortmund, gegen den er in seiner Profi-Karriere immerhin schon 15 Mal gewinnen konnte, will er nur allzu gerne wieder Protagonist statt Nebendarsteller sein.

Mats-Yannick Roth