13.05.2022 17:57 Uhr

Warum der BVB bei Haller ins Risiko geht

Jubelt Sébastien Haller bald für den BVB?
Jubelt Sébastien Haller bald für den BVB?

Der BVB hat mit Sébastien Haller einen potenziellen Nachfolger für Erling Haaland gefunden. Der Ex-Frankfurter soll bei den Schwarz-Gelben weit oben auf der Wunschliste stehen. Aber passt der 27-Jährige auch zur Borussia? Welche Chancen bietet ein Transfer? Und welche Risiken gibt es?

Borussia Dortmund braucht einen neuen Mittelstürmer. Mit Karim Adeyemi wurde zwar schon eine talentierte Offensivkraft verpflichtet, ein Ersatz für Erling Haaland ist der deutsche Nationalspieler aber nicht. Sébastien Haller ist einer der Kandidaten, die in die Fußstapfen des Norwegers treten könnten. Der Ivorer in Diensten von Ajax Amsterdam wird am Rheinlanddamm heiß gehandelt.

Aber wie viel Haaland steckt in Haller? Kann der 1,90-Meter-Hüne den Norweger sportlich ersetzen? Welche Chancen würden sich Trainer Marco Rose mit Haller in der Sturmspitze eröffnen? Und welche Risiken bringt ein Transfer mit sich? sport.de beantwortet die drängendsten Fragen.

  • Haller zum BVB? So ist der Stand

Gespräche zwischen dem BVB und Sébastien Haller sollen bereits laufen. Der "Spiegel" schreibt, der Stürmer könne sich einen Wechsel nach Dortmund gut vorstellen. Gleiches gilt für die Dortmunder, die in dem Ivorer ebenfalls eine attraktive Option sehen. 

Obwohl Haller noch bis 2025 bei Ajax Amsterdam unter Vertrag steht, demnach eine womöglich üppige Ablöse fällig wird, lehnt der BVB laut "Sport1" ein Leihgeschäft ab. Der 27-Jährige soll fest verpflichtet werden. Kostenpunkt: bis zu 35 Millionen Euro. 

Um den Deal zu finanzieren, müssen sich die Dortmunder zuvor noch von dem ein oder anderen Spieler trennen. Manuel Akanji gilt hier als aussichtsreichster Kandidat. Der Schweizer wird wohl in die Premier League wechseln und soll deutlich über 20 Millionen Euro in die Kassen spülen.

  • Was würde Haller dem BVB geben?

Mit seinen 1,90 Meter und 82 kg ist Haller nicht ganz so groß und kräftig wie Haaland. Aber auch er weiß, wo das Tor steht, ist ein waschechter Zielspieler und arbeitet für die Mannschaft. Zudem hat Haller stets ein Auge für seine Mitspieler. Wo Haaland meist selbst den Abschluss sucht, ist Haller oft bereit, den Ball noch einmal quer zu legen. 

Gleichzeitig würde der Ivorer Marco Rose eine Option eröffnen, die es in dieser Saison nur auf dem Papier gab: das Spiel mit zwei Stürmern. Schon in Frankfurt bewies Haller neben Luka Jovic, dass er von einem Nebenmann und dieser von ihm profitieren kann.

In Dortmund würde Haller 2022/23 das Sturmduo mit Karim Adeyemi bilden. Der Nationalspieler fühlt sich in der Spitze deutlich wohler als auf dem Flügel. Mit Haller im Team kann er weiter auf seiner Wunschposition wirbeln, ohne dass der Weg zum Tor für ihn weiter wird. 

  • Was würde Haller dem BVB nicht geben?

So attraktiv eine Haller-Verpflichtung auf den ersten Blick auch ist, die Wahrheit ist: Im Vergleich zu Erling Haaland zieht der Ivorer in fast allen Bereichen den Kürzeren.

Während Haaland im ICE-Tempo durch die gegnerische Hälfte pflügt, ist der Ex-Frankfurter mehr auf RegionalExpress-Niveau unterwegs. Bälle einfach mal mit der Hoffnung nach vorne prügeln, dass der Stürmer die Abwehr im Alleingang übersprintet? Das ging mit Haaland, ganz sicher aber nicht mit Haller.

Zudem müssen sich die Verantwortlichen des BVB die Frage stellen, wie gut der Ivorer wirklich ist. Ja, seine Champions-League-Saison (elf Tore in acht Spielen) war herausragend. Aber kann er das auch konstant abrufen? Diesen Beweis ist Haller bislang schuldig geblieben.

Unklar ist auch, wie viel seine 21 Tore in 31 Spielen in der heimischen Liga wirklich wert sind. Die Bundesliga ist schließlich noch mal ein ganz anderes Kaliber als die Eredivisie. In seinen eineinhalb Jahren bei West Ham erfüllte Haller die hohen Ansprüche nicht. Und auch in Frankfurt war es letztlich nur eine Saison, in der der Ivorer über sich hinauswuchs. Dieses Risiko würden die Dortmunder tragen.

  • Der BVB und das wirtschaftliche Wagnis

Sportlich könnte Haller ohne Frage nach Dortmund passen. Der Ivorer würde das Haaland-Loch schließen und die Wucht mitbringen, die Sportchef Michael Zorc zuletzt in der Spitze forderte. Doch wie sieht es finanziell aus?

Nachhaltig, so viel ist klar, wäre ein Transfer des Ex-Frankfurters nicht. In Dortmund würde Haller seinen wohl letzten großen Vertrag unterschreiben. Kommt der bald 28-Jährige für vier Jahre, wäre er nach Vertragsende 32 Jahre alt. Damit gehört er noch nicht zum alten Eisen, einen hohen Wiederverkaufswert hat ein Stürmer in dieser Phase seiner Karriere allerdings nicht mehr.

Das Dortmunder Konzept "jung kaufen, aus- und weiterbilden, teuer weiterverkaufen" müsste der Klub in seinem Fall über den Haufen werfen. Ob die Schwarz-Gelben trotzdem über 30 Millionen Euro für den Stürmer zahlen, ist eine Frage, die in der Chefetage ganz sicher intensiv diskutiert wird.

Christian Schenzel