28.04.2024 13:20 Uhr

"Super Schiri" - VfB-Wut auf Zwayer

Deniz Undav (l.) vom VfB Stuttgart hatte Redebedarf
Deniz Undav (l.) vom VfB Stuttgart hatte Redebedarf

Der VfB Stuttgart führt im Topspiel gegen Bayer Leverkusen bis wenige Sekunden vor Schluss. Durch einen Last-Minute-Treffer (2:2) von Robert Andrich bleibt die Ungeschlagen-Serie der Werkself aber bestehen. Der VfB hadert anschließend mit Schiedsrichter Felix Zwayer. Trainer Sebastian Hoeneß und Stürmer Deniz Undav finden klare Worte.

Deniz Undav wählte das Stilmittel der Ironie. "Super Schiri – bester Schiri", rief der Stuttgarter Angreifer mit deutlichem Unterton und gut vernehmbar, als er in Richtung Kabine lief. Doch dabei blieb es nicht – dazu später mehr.

Schon weite Teile des Bundesliga-Spiels zwischen Bayer Leverkusen und dem VfB Stuttgart, das vor allem in der zweiten Halbzeit einer überdrehten Saloon-Klopperei ähnelte, hatte Undav Redebedarf mit Schiedsrichter Felix Zwayer. Vor allem nach seinem hitzigen Tête-à-Tête mit Odilon Kossounou (42.), bei dem beide Spieler jeweils eine Gelbe Karte sahen. Nach der Partie wurden die Diskussionen nicht weniger.

VfB Stuttgart: Hoeneß hadert mit Zwayer-Entscheidungen

Der Referee des Bundesliga-Topspiels stand auch nach Abpfiff und der Fortsetzung der glorreichen Ungeschlagen-Serie Leverkusens (46 Partien) im Mittelpunkt vieler Diskussionen. Die hitzige Partie entglitt dem Unparteiischen im Verlauf zunehmend. Ausgerechnet wenige Tage nach der Normierung Zwayers für die anstehende Heim-Europameisterschaft – als einer von zwei deutschen Schiedsrichtern.

Der VfB haderte nicht nur, aber vor allem mit dem sehr späten Tor der Late-Night-Leverkusener. Da war zum einen der späte Zeitpunkt, zu dem sich viele Stuttgarter schon den Abpfiff gewünscht hätten sowie zwei knifflige Szenen im Strafraum.

Los ging es mit einem letzten Freistoß von der linken Seite nach einem Foul von Pascal Stenzel an Amine Adli. Joker Florian Wirtz führte aus, im folgenden Sechzehner-Gewühle schubste erst der ebenfalls spät eingewechselte Victor Boniface VfB-Verteidiger Anthony Rouault, dann berührte der Ball auch den angelegten Arm von Piero Hincapié, ehe dann Robert Andrich den Ball zum 2:2-Ausgleich an Freund und Feind vorbei versenkte.

Während Leverkusen einen weiteren wilden Treffer in der Nachspielzeit feierte, herrschte bei den Schwaben zunächst Frust. Rouault fiel entgeistert zu Boden, Kapitän Waldemar Anton gestikulierte wild in die Leverkusener Luft, Linksverteidiger Maximilian Mittelstädt entlud seinen Ärger an einer Trinkflasche.

Bedient wirkte auch der eigentlich für seine Ruhe und Abgeklärtheit bekannte VfB-Coach Sebastian Hoeneß. In einer überraschend offenen Art und Weise bekundete er seinen Unmut über die Leistung des Schiedsrichters.

Wohlgemuth: Wozu ist der VAR da?

"Ich bin nicht einverstanden mit dem zweiten Tor, ich bin nicht einverstanden mit der Schiedsrichter-Leistung", sagte Hoeneß bei "Sky". Für ihn sei ganz klar, "dass es nicht zählen darf", so Hoeneß. "Aber der Schiri muss rausgehen. Es kann nicht sein, dass er das bei einem so wichtigen Tor nicht noch mal checkt."

Hoeneß legte bei der "ARD" nach: "Ein Stürmer, der beide Arme im Rücken des Verteidigers hat, mit ausgestreckten Armen den Spieler wegschiebt, der dadurch nicht zum Kopfball kommt. Das hätte abgepfiffen werden müssen", sagte er in Anspielung an die Szene zwischen Boniface und Rouault kurz vor dem Gegentreffer. "Und dann geht der Ball noch an den Arm. So haben wir innerhalb von 15, 20 Sekunden drei Situationen, die in eine Richtung gepfiffen werden", sagte Hoeneß weiter. "Wir müssen es akzeptieren, auch wenn es heute sehr schwierig ist."

In eine ähnliche Stoßrichtung zielte VfB-Sportdirektor Fabian Wohlgemuth. "Man muss schon auf die Bilder gucken, was da im Strafraum passiert ist", erklärte der 45-Jährige. "Anthony wird geschubst, ein Spieler von Leverkusen berührt den Ball mit der Hand. Dann muss man schon darüber nachdenken, wozu der VAR da ist. Wenn es in diesem Spiel in der 96. Minute eine strittige Szene gibt, muss man es sich zumindest anschauen", sagte Wohlgemuth, der aber betonte, dass man trotz allem nicht zu emotional werden dürfe und zur Sachlichkeit finden müsse. "Ich glaube, die ein oder andere Situation hätte man geschickter anfassen können", sagte er mit Blick auf die allgemeine Leistung von Zwayer.

Undav: "Dann würde ich gesperrt werden"

Dass der nicht auf den Mund gefallene Nationalspieler Undav nicht nur Ironie kann, bewies er dann im Interview mit der "ARD".

"Wenn ich sagen würde, was ich im Kopf habe – dann würde ich gesperrt werden. Das war nicht die beste Leistung vom Schiri", sagte der Stürmer, der das zwischenzeitliche 2:0 der Schwaben erzielt hatte.

Dann wurde er noch deutlicher: "Ich glaube, 95 Prozent war gegen uns. Keine Ahnung, warum er so einseitig gepfiffen hat. Ich glaube, er wollte nicht, dass heute ein Wunder passiert – dass Leverkusen die erste Niederlage kassiert."

Er hoffe, dass Zwayer erst mal kein Spiel mehr des VfB pfeife. "Das ist nicht gut für uns und für ihn", sagte Undav und schränkte ein: "Es lag nicht komplett an ihm. Wir haben selbst einige Chancen gehabt. Sturm-Kollege Serhou Guirassy habe zwei, drei Chancen gehabt, "die wir reinmachen müssen. Dann gewinnen wir vielleicht auch so."

So aber scheiterten die Stuttgarter auch im dritten spektakulären Anlauf in dieser Saison daran, eine Führung gegen den Deutschen Meister Bayer Leverkusen über die Zeit zu retten. Wohl kein anderes Team in dieser Spielzeit war näher an einem Erfolg gegen Leverkusen wie der VfB.

"Wir gehen jetzt ein bisschen sauer in die neue Woche rein. Wir nehmen die Wut mit und versuchen sie in etwas Positives umzuwandeln", sagte Undav mit Blick auf das nächste Topspiel am kommenden Samstag. Gegner dann: der FC Bayern.

Emmanuel Schneider, Leverkusen