17.09.2013 15:20 Uhr

Austria sehnt vor der Premiere das Glück herbei

Austria-Trainer Nenad Bjelica macht vor der Premiere in der Champions League Gruppenphase gegen den FC Porto keinen Hehl aus der krassen Außenseiterrolle seiner Veilchen.
Austria-Trainer Nenad Bjelica macht vor der Premiere in der Champions League Gruppenphase gegen den FC Porto keinen Hehl aus der krassen Außenseiterrolle seiner Veilchen.

Österreichs Meister Austria Wien betritt erstmals die ganz große Bühne des europäischen Fußballs. Im Auftaktspiel der Champions-League-Gruppe G gastiert mit dem portugiesischen Vorzeigeklub FC Porto gleich ein vierfacher Europacupsieger im Ernst-Happel-Stadion (Mittwoch ab 20:45 im weltfussball-Liveticker). Mit reichlich Glück soll gegen die Dragões (Drachen) die Rolle des krassen Außenseiters abgelegt werden.

"Der Underdog sind wir auf jeden Fall. Man muss nur auf die Statistik schauen, auf die Spieler im Kader und die Historie." Austria-Trainer Nenad Bjelica versuchte gar nicht erst in irgendeiner Form an der Rollenverteilung im Champions-League-Duell gegen den FC Porto zu rütteln. Wer auf eine Sensation setzen will, muss ein verwegener Glücksspieler sein. Buchmacher bieten für einen vollen Erfolg der Veilchen rund das Achtfache des Einsatzes.

Die Austria schaffte nicht zuletzt dank der Überheblichkeit von Playoff-Gegner Dinamo Zagreb den Sprung in die europäische Königsklasse. Der portugiesische Serienmeister gehört hingegen zum Stammklientel. Allein in den letzten zehn Jahren wurden Weltpokal (2004), Champions League (2004) sowie zwei Mal UEFA-Cup bzw. Europa League (2003, 2011) gewonnen.

Bjelica kann trotzdem nicht aus seiner Haut und denkt an den Erfolg: "Wir gehen raus, um drei Punkte zu holen", bleibt der Auftrag auch gegen Porto unverändert. Extra Motivation bedürfe es im Vorfeld so einer Partie keiner. "Ich muss der Mannschaft Mut einimpfen", erklärte der 42-Jährige. "Dass sie sich Dinge trauen und versuchen den Gegner überraschen. Dann ist auch etwas möglich. Wenn du unbekümmert und mit Ambition spielst, kannst du etwas erreichen. Das haben wir in schon in Zagreb bewiesen."

Fast unbesiegbare Drachen

In der portugiesischen Primeira Liga ist der zwanzigfache Titelgewinner seit 47 Partien ungeschlagen. Nenad Bjelica hat die bisherigen vier Ligaspiele unter dem neuen Trainer Paulo Fonseca genau studiert. "Ein sehr starkes Kollektiv. Sie sind eine körperlich und spielerisch starke Mannschaft.", lautete das Urteil in Kurzfassung. Im Sturm hätten sie mit dem kolumbianischen Teamspieler Jackson Martínez einen "tollen Fußballer", ebenso wie Lucho Gonzales, Varela und Fernando welche sein. "Sie waren dominant in allen vier Spielen. In Portugal hat bisher noch keiner geschafft, sie unter Druck zu setzen. Wir werden es versuchen", so Bjelica. Mit viel Einsatz sollen die Räume eng gemacht werden. "Vielleicht können wir die Kreativität, welche die Mannschaft hat, so abschalten."

Von Schwachpunkten bei Porto wollte Nenad Bjelica gar nicht sprechen, denn die würden wohl nur gegen Gegner wie Real Madrid oder FC Barcelona zu Tage treten. "Die Außenverteidiger könnten bei uns vielleicht im Sturm spielen, von ihrer Qualität her", meinte der frühere Spanien-Legionär polemisch. Porto agiere sehr offensiv, vor allem über die Außenbahnen. Das nährt freilich die Hoffnung auf Konterchancen.

Dass Porto die Veilchen wie Dinamo Zagreb unterschätzt, erwartet der Kroate nicht: "Dafür sind sie zu sehr Profis." In der Tat machten die "Drachen" bislang nicht mit großen Sprüchen auf sich aufmerksam. "Wir können nicht erwarten, dass eines der drei Teams uns unterschätzt", glaubte Bjelica. Das ist wohl wirklich nicht zu erwarten. Alle drei Teams haben schließlich schon die Europa League gewonnen, wo es nicht nur gegen namhafte Klubs zu bestehen gilt.

Porto hofft auf geglückten Start

Entsprechend ernsthaft war das Auftreten der Portugiesen vor dem Abschlusstraining. "Es ist auf jeden Fall wichtig zu gewinnen. Nicht weil der Gegner Austria heißt, sondern der gute Beginn wichtig ist", erklärte Porto-Trainer Paulo Fonseca vor seiner persönlichen CL-Premiere. Sein Tormann und Kapitän Helton pflichtete bei: "Wie in allen Bewerben ist es wichtig gut anzufangen."

Das Prateroval wurde nach dem 2:1 gegen Bayern München im Meistercupfinale anno 1987 zum zweiten Wohnzimmer des FC Porto erhoben. Auch beim zweiten Siegeszug durch Europa unter Trainer José Mourinho machten die Drachen in Wien Station. "Natürlich sind wir uns der Geschichte des Spielortes bewusst, aber wir fokussieren uns auf das Spiel", wollte Fonseca darin noch kein gutes Omen erkennen. "Wir sind uns der Schwierigkeit bewusst. Wir werden wachsam bleiben." Die Austria wurde immerhin als starkes Kollektiv und kompakte Mannschaft gelobt. Der Einzug in die Champions League wäre verdient erfolgt.

Fonseca ist zudem gezwungen, seine Mannschaft zu verändern. Der Belgier Steven Defour muss etwa nach der Gelb-Roten Karte gegen Málaga CF in der Vorsaison ersetzt werden. "Aber nicht zu sehr, das Kollektiv und die Identität der Mannschaft muss gewahrt bleiben", erklärte Fonseca.

Schmerzhafter Ausfall

Verzichten müssen die Veilchen ihrerseits bei ihrer Premiere in der CL-Gruppenphase auf Gorgon, Vršič, Kardum und Alex Grünwald. Letzter hat sich im Training einen Kreuzbandriss zugezogen und fällt sechs Monate aus. "Das schmerzt mehr als die Niederlage gegen Grödig", so Bjelica.

Andere Spieler, wie etwa Tormann Heinz Lindner, steckten sich besonders hohe Ziele und möchten mit der Austria im Europacup überwintern. Dazu wäre zumindest Platz drei notwendig, der den Umstieg in die Europa League ermöglicht. "Das ist positiv. Man muss sich Ziele setzen", sagte Sportvorstand Thomas Parits. "Aber uns ist bewusst, dass wir nur überraschen können. Das ist gar nicht so negativ."

Vertrauen kann die Austria immerhin auf gar nicht so wenige Zuschauer. 32.000 Abonnements wurden für die drei Champions-League-Spiele bislang abgesetzt. Mit einem Kracher in der Gruppe wäre das Ernst-Happel-Stadion wahrscheinlich schon rappelvoll. "man kann das Glas immer als halbvoll oder halbleer sehen", meinte Finanzvorstand Markus Kraetschmer dazu. Damit auch noch die 40.000er-Marke fällt, verwies er auf einen Appell von Austria-Ikone Andreas Ogris: "Raus aus dem Fauteuil und ab ins Stadion. Es ist Champions League."

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Sebastian Kelterer