30.05.2009 23:00 Uhr

Viel mehr als nur ein Titel

Es ist Zeit für das letzte Hallo der Saison. Nach europäischen Finals, Abstiegsfinale, Meisterschaftsfinale, Relegation und sonstigen Endspielen steht am Samstag das DFB-Pokalfinale auf dem Programm. Nach langen Jahren, in denen der Pokal in Deutschland eher ein Schattendasein fristete, steigerte sich die Bedeutung des Wettbewerbs zuletzt wieder. Bis zum vorläufigen Höhepunkt: Wenn am Samstag Abend Werder Bremen und Bayer Leverkusen aufeinander treffen, geht es längst nicht nur um einen Titel. Es geht um die Rettung einer ganzen Saison! Nachdem Bremen zuletzt aufgrund einer erschreckend schwachen Vorstellung das UEFA-Cup Finale verlor, haben die Hanseaten nun noch eine letzte Chance, die Saison halbwegs positiv zu beenden und sich für Europa zu qualifizieren. Doch auch Bayer enttäuschte - nach einer starken Vorrunde - in der Liga auf ganzer Linie und kann sich nur noch auf dem Weg des Pokalsieges nach Europa retten.


Kampf um die Zukunft


Es ist erst sieben Jahre her, dass Bayer Leverkusen in die große Depression fiel. Die Werkself verlor im Frühjahr 2002 nicht nur die sicher geglaubte Meisterschaft, sondern auch das Champions League Finale und den DFB-Pokal. Zwischen der damaligen Bayer-Mannschaft und dem Team, das in dieser Saison auf dem Platz steht, liegen allerdings sportliche Welten. Denn 2002 spielten in Leverkusen noch Stars wie Ballack, Lucio, Ze Roberto, Kirsten oder Neuville. Durch die sportliche Katastrophe dieser Saison aber wurde der Umbruch in Leverkusen eingeleitet: Die Ära Calmund näherte sich unweigerlich ihrem Ende; nach und nach wurde deutlich, dass Bayer lange Zeit über den Verhältnissen gelebt hatte. Nach dem Fast-Abstieg des Folgejahres baute man daher in Leverkusen eine neue Mannschaft auf.

Sechs Jahre später steht nun eine junge Mannschaft mit viel Potenzial vor der großen Chance, den ersten Titel seit dem Pokaltriumph 1993 nach Leverkusen zu holen. Und damit nicht nur das Trauma von 2002 endgültig abzuhaken, sondern auch die eigenen Zukunft zu sichern. Denn nachdem Bayer schon diese Saison ohne internationalen Wettbewerb zubringen musste, wäre ein weiteres Jahr wohl fatal. Spieler wie Helmes, Barnetta, Castro oder Vidal werden von anderen Clubs schon lange beäugt und dürften bei einem erneuten Verpassen der Europaliga schwer zu halten sein. Holt die Mannschaft von Bruno Labbadia aber den Pott unters Bayer-Kreuz, wäre eine ganze Saison gerettet. Denn nach einer starken Vorrunde, in der die Leverkusener gar als Titelkandidat galten, stürzte Bayer nach der Winterpause regelrecht ab und fokussiert sich schons eit Wochen nur noch auf dieses eine Spiel.


Werder am Scheideweg


Fast noch existentieller als für Bayer ist das anstehende Pokalmatch für Werder Bremen. Nach einer teilweise katastrophalen Saison, die die erfolgsverwöhnten Hanseaten auf einem ernüchternden zehnten Rang beendeten, steht bei Werder so ziemlich alles auf dem Prüfstand. Erst recht nach dem schwachen Auftritt im UEFA-Cup Finale gegen Donetsk. Gerade in diesem Spiel wurde deutlich, dass Bremen im Sommer gezwungen sein wird, personell zu reagieren. Denn ohne Almeida, Diego und Mertesacker stimmte nicht mehr viel in der Bremer Mannschaft, sie war den Ukrainern in allen Belangen unterlegen. Die Baustellen der Werderaner sind also vielfältig: Der bislang nur ausgeliehene Pizarro wird viel Geld kosten, wenn man ihn halten will. Diego muss ersetzt werden. Ebenso klafft nach Baumanns Rücktritt eine Lücke im defensiven Mittelfeld. Und dass Werder in der Abwehr enormen Handlungsbedarf hat, wurde die ganze Saison über deutlich.

Das Dilemma für die Bremer ist nun, dass die sonst schon beinahe gewohnten Millioneneinnahmen aus der europäischen Königsklasse wegfallen werden. Gesetzt den Fall, dass Werder auch das zweite Cupfinale binnen einer Woche verliert, wäre das eine gefährliche Mischung, welche die Bremer um Jahre zurückwerfen könnte. Denn spielt Werder im nächsten Jahr nicht international, wird es schon schwer genug, Spieler wie Pizarro an der Weser zu halten. Adäquater Ersatz etwa für Diego plus Ergänzungen des Kaders, um im nächsten Jahr wieder um den Titel spielen zu können, dürften sich im Falles des Falles sogar weitgehend erledigt haben. Bremen muss also alles daran setzen, seinem Coach Thomas Schaaf den dritten Pokalerfolg seiner Karriere zu sichern. Eines ist jedenfalls sicher: Durch die enorme Bedeutung dieses Spiels für beide Vereine dürfen die Zuschauer ein hochspannendes Spiel erwarten - bis zum bitteren Ende für eines der beiden Teams. - Joshka -