21.04.2016 11:21 Uhr

Hertha benötigt mehr Drucksituationen

Herthas Coach Pál Dárdai erkannte Dortmunds Überlegenheit an
Herthas Coach Pál Dárdai erkannte Dortmunds Überlegenheit an

Nach dem chancenlosen und teilweise desaströsen Halbfinal-Auftritt gegen einen hoch motivierten BVB sitzt der Frust bei der Hertha tief. Doch Pál Dárdai will sich die Entwicklung seines Teams "nicht kaputtreden lassen".

Immerhin hat der junge Cheftrainer den Berliner Bundesligisten im Schnelldurchlauf von einem Abstiegskandidaten zu einem Anwärter auf einen Platz in einem europäischen Wettbewerb geformt. Genau das aber ist auch die Problematik, die beim 0:3 im DFB-Pokal gegen klar überlegene Dortmunder sichtbar wurde. "Von einem auf 100 Prozent. Das war zu viel für alle, für Berlin, für uns", erklärte Dárdai.

Deshalb brauche seine Mannschaft nun den internationalen Wettbewerb - als Europa-Schulung für ein neues Level. "Wir haben gegen Dortmund gesehen, was internationales Niveau ist", unterstrich Dárdai. Die Gäste waren vor 76 233 Fans schneller, aktiver und erfahrener. "Unsere Mannschaft braucht mehr solche Drucksituationen", sagte der Hertha-Coach, der sich in einem Sky-Interview heftig gegen Kritik an seiner Taktik wehrte: "Wenn Sie eine bessere Idee haben, dann nehme ich sehr gerne Unterricht von Ihnen."

Dortmund zeigt der Alten Dame brutal die Grenzen auf

Nur ein teilweise leichtsinniger Umgang der BVB-Profis mit großen Torchancen und ein überragender Hertha-Torhüter Rune Jarstein hielten die Partie spannend. "Wir hatten eine Phase von 15 Minuten, da hatten wir die Möglichkeit zum 1:1. Dann kam das 2:0 und damit war das Spiel entschieden", sagte Hertha-Manager Michael Preetz. Gonzalo Castro (20. Minute), Marco Reus (75.) und Henrikh Mkhitaryan (83.) wandelten im vollbesetzen Berliner Olympiastadion letztlich die klare Überlegenheit der Gäste in den verdienten BVB-Erfolg um.

"Die bessere Mannschaft hat gewonnen, das muss man so akzeptieren", verabschiedete sich Kapitän Fabian Lustenberger mit dem Wissen, dass nun ein heißer Saison-Endspurt wartet. Schon am Samstag kommt der designierte neue Meister FC Bayern nach Berlin. "Wir werden frische Spieler reinschmeißen. Gegen Bayern wird es ein anderes Spiel", sagte Dárdai: "Wir müssen jetzt schnell nach vorn denken. Wir müssen es hinkriegen, dass wir in den letzten vier Wochen dahin kommen, dass wir unseren Platz verteidigen."

Die Hertha ist am Limit

Dies wird Dárdai vor die größte Herausforderung stellen, seit er vor 14 Monaten die Chefrolle übernommen hat. Denn der 40-Jährige stellte nach der Niederlage gegen Dortmund fest: "Wir spielen am obersten Limit, die Jungs sind eigentlich müde." Der deutliche Niveauunterschied im Halbfinale hat nicht nur den Traum vom ersten Pokal-Endspiel der Hertha-Profis seit 37 Jahren zerstört. Er hat auch aufgezeigt, wie weit weg Hertha noch von einer Spitzenmannschaft ist.

Durch den Finaleinzug des BVB und der Bayern ist allerdings klar, dass schon Liga-Platz sieben die Qualifikation für die nächste Saison in der Europa League bringt. Und mit zehn Punkten Vorsprung auf den gegenwärtigen Tabellen-Achten Wolfsburg scheint bei vier ausstehenden Bundesliga-Spielen zumindest dieses Ziel so gut wie erreicht. Schon am Samstag könnte Herthas Europa-Comeback perfekt sein. "Ich kämpfe dafür, dass wir nächstes Jahr internationale Spiele haben, denn da können sie lernen", sagte Dárdai.

Vom Mittwochabend bleibt Herthas Spielern und Fans das Erlebnis einer historischen Partie. "Die Stimmung war Wahnsinn, das ist überragend. Vielen Dank, das war richtig geil", sagte der Norweger Per Skjelbred: "Ich hoffe, so eine Atmosphäre gibt es in Zukunft nicht nur zweimal pro Jahr."