11.08.2017 17:12 Uhr

Exklusiv: Mit Mut zum Wunder gegen Frankfurt

Florian Schnorrenberg trifft mit Erndtebrück auf Vorjahresfinalist Frankfurt
Florian Schnorrenberg trifft mit Erndtebrück auf Vorjahresfinalist Frankfurt

Regionalliga-Aufsteiger TuS Erndtebrück begrüßt am Samstag (15:30 Uhr) den Bundesligisten und Vorjahresfinalisten Eintracht Frankfurt zum klassischen David-gegen-Goliath-Duell im DFB-Pokal. Gespielt wird im Siegener Leimbachstadion, wo mehr als 15.000 Zuschauer erwartet werden.

weltfussball.de sprach exklusiv mit Erndtebrücks Cheftrainer Florian Schnorrenberg über die Erwartungen und Träume der Siegerländer vor dem größten Spiel der Vereinsgeschichte. 

Herr Schnorrenberg, mit welcher Erwartungshaltung gehen Sie in ihr Erstrundenspiel im DFB-Pokal gegen Eintracht Frankfurt?

Wir wollen ein unangenehmer Gegner sein. Das ist schon mal das erste Ziel. Dafür müssen wir eine gute Kompaktheit haben. Wenn das Spiel permanent 20, 25 Meter vor unserem Tor stattfinden sollte, ist die individuelle Klasse von der Eintracht irgendwann auch nicht mehr zu verteidigen. Deswegen ist es ganz wichtig, dass wir auch diesen gewissen Mut haben, auch im eigenen Ballbesitz Stationen in unser Spiel zu bekommen, sodass wir Entlastung haben. Es wäre eine tolle Sache, wenn wir die neutralen Zuschauer ein bisschen mitnehmen können.

Vor zwei Jahren durften Sie schon einmal DFB-Pokalluft schnuppern, als Sie gegen den damaligen Bundesliga-Aufsteiger SV Darmstadt antraten. War das vergleichbar oder wird es jetzt noch einmal eine Spur größer?

Gegen Darmstadt waren damals rund 8.000 Leute im Stadion. Gegen Frankfurt rechnen wir mit bis zu 15.000 Zuschauern. Das wird nochmal eine ganz andere Nummer. Ohne Darmstadt abwerten zu wollen, ist der Vorjahresfinalist Frankfurt natürlich ein richtig traditionsreicher und namhafter Bundesligist.

Sind in Ihrem Kader noch viele Spieler dabei, die auch schon gegen Darmstadt auf dem Rasen standen?

Das hat sich grundlegend geändert, weil wir im Sommer einen großen Schnitt gemacht haben. So haben wir in dieser Saison 16 Neuzugänge, die wir integrieren müssen. Es sind nur noch vier oder fünf Spieler im dabei, die auch schon gegen Darmstadt im Kader standen. 

Wie gut ist Ihnen dieser Schnitt denn schon gelungen?

Ich glaube, unser Teamspirit ist schon wieder ganz ordentlich. Letztes Jahr hatten wir einige Jungs dabei, die nicht so gut deutsch konnten und somit Sprachbarrieren hatten. Das ist in diesem Jahr schon einmal deutlich besser. Wir haben viele junge talentierte Spieler geholt, die schon in Nachwuchsleistungszentren waren und Erndtebrück als gute Möglichkeit sehen, um sich bei größeren Regionalligisten zu empfehlen. 

Auch bei der Eintracht hat erneut ein ziemlicher Umbruch stattgefunden. Können Sie sich das vielleicht zunutze machen, da Sie schon eingespielter und im Meisterschaftsbetrieb sind?

Natürlich hoffen wir darauf, dass wir vielleicht schon etwas besser im Rhythmus sind. Andererseits stand Frankfurt im letzten Jahr im Pokalfinale und hat dieses unglaubliche Flair in Berlin erlebt. Jeder Spieler, der da war, wird da wieder gerne hinwollen. Genauso wird Frankfurt dieses Spiel auch bei uns angehen. Vielleicht ist der Gegner noch nicht bei 100 Prozent, sodass es möglichst lange eng bleiben kann. Das ist erst einmal unser Wunsch.

Gespielt wird wie vor zwei Jahren im größeren Leimbachstadion in Siegen. Wird es stimmungsmäßig eher ein Auswärtsspiel für Sie? 5.000 Karten sind bereits nach Frankfurt gegangen.

Erndtebrück ist im Vergleich zu Frankfurt einfach nur ein kleines Dorf. Im ersten Heimspiel der Saison gegen Wattenscheid hatten wir 560 Zuschauer bei uns im Pulverwaldstadion. Uns werden also viele Leute unterstützen müssen, die uns sonst gar nicht sehen. Von der Fangemeinde sind wir logischerweise definitiv unterlegen. Ich bin trotzdem sehr dankbar, dass Frankfurt unser Gegner ist. Die Stadt liegt recht nah, sodass die Eintracht viele tausend Zuschauer mitbringen wird.

Wie unruhig war es in den letzten Tagen schon bei Ihnen im Verein und Umfeld? Sie haben neben der Pokaleuphorie auch noch Ihren Regionalligaalltag zu bewerkstelligen.

Es ist schon deutlich mehr los, aber das ist ja klar. Man hatte den Eindruck, dass unser Meisterschaftsspiel in Rhynern am letzten Wochenende schon gar keine Bedeutung mehr hatte. Leider war unsere Leistung an dem Tag auch nicht so ansprechend. Seit Montag liegt der Fokus auch bei uns innerhalb der Mannschaft klar auf der Eintracht. Ich habe mich am Wochenende auch schon mit den beiden letzten Testspielen der Frankfurter gegen Betis Sevilla und FSV Frankfurt beschäftigt.

Inwiefern haben Sie diese Frankfurter Tests denn als Vorbereitung nutzen können?

Man schaut natürlich schon genau hin, mit welcher Formation und Grundordnung der Gegner spielt und worauf wir uns einstellen müssen. Wir wollen so schnell es geht den Respekt vor Frankfurt ablegen, damit wir eine klitzekleine Chance auf ein interessantes Spiel haben. Vor zwei Jahren gegen Darmstadt haben wir nach zehn Minuten mit 0:2 hinten gelegen. Dann ist so ein großes Spiel natürlich schnell weg. Das würden wir total gerne dieses Mal anders machen.

Hat sich die Vorbereitung auf die Eintracht unterschieden im Vergleich zu ihrem Alltag in der Regionalliga? Was haben Sie anders gemacht im Vergleich zu einem normalen Meisterschaftsspiel?

Generell ist mein Anspruch, in dieser Woche in der Vorbereitung alles so normal wie möglich zu halten. Ich möchte vermeiden, dass wir übermotiviert in dieses Spiel gehen. Es wird sowieso jeder brutal heiß darauf sein, gegen so einen großen Gegner zu spielen. Das besondere in dieser Woche war, dass wir dreimal schon um 15:30 Uhr trainieren konnten. Normalerweise ist das für die Jungs nicht möglich. Außerdem haben wir dreimal auf Rasen trainiert, was für uns ebenfalls ein Novum ist. Normalerweise befinden wir uns auf Kunstrasen. Die Trainingsinhalte an sich sind auch etwas anders, weil wir ja schon davon ausgehen müssen, dass wir am Samstag etwas weniger Ballbesitz haben werden als der Gegner (lacht).

Vollkommen losgelöst vom späteren Ergebnis. Welchen Wert kann so ein Spiel vor 15.000 oder mehr Zuschauern für Ihre Mannschaft haben, auch über den sportlichen Aspekt hinaus?

Im Fußball geht es letztlich um das Ergebnis, für uns am Samstag auch. Vor zwei Jahren haben wir gegen Darmstadt 20:12 Torschüsse gehabt und 0:5 verloren. Natürlich waren wir danach enttäuscht über die Höhe des Ergebnisses. Es ist für alle Verantwortlichen, Trainer und Spieler ein super Erlebnis, dieses Spiel gegen Frankfurt bestreiten zu dürfen. Aber am Ende dieser Woche wollen wir auch ein gutes Resultat erzielen, in welcher Form auch immer. Wenn wir ein super Spiel machen und verlieren am Ende 0:2 sieht es sicherlich anders aus als nach einem 0:6, ist doch ganz klar.

Das Gespräch führte Mats-Yannick Roth