04.07.2018 14:49 Uhr

Gewinner und Verlierer der WM-Achtelfinals

Für die Spanier kam das WM-Aus früher als erwartet
Für die Spanier kam das WM-Aus früher als erwartet

Das Achtelfinale der Fußball-WM 2018 in Russland ist Geschichte und sorgte für viele Höhepunkte, Tiefschläge, Dramen und Skandale. weltfussball kürt drei Gewinner und drei Verlierer der ersten K.o.-Runde.

Verlierer

  • Tiki-Taka - aus Stil wird Laster

Nachdem Spaniens Ballkünstler um Xavi, Iniesta, Fàbregas und Xabi Alonso den Fußball nach der WM-Endrunde 2006 mit bedingungslosen Ballbesitzfußball verzauberten, galt das Tiki-Taka der Furia Roja als Königstaktik.

Wer etwas auf sich hielt, ließ das runde Leder mit schnellen Kurzpässen in den eigenen Reihen kreiseln und verzichtete auf lange, womöglich riskante Vertikalzuspiele in die Spitze. Der Erfolg erstickte die Stimmen der Kritiker, die den ewig langen Ballstaffetten nur wenig abgewinnen konnten. Spanien tiki-takerte sich 2008 und 2012 zum EM-Titel und erstürmte 2010 den WM-Thron.

Die WM in Russland hat das bedingungslose Kurzpassspiel nun aber wohl endgültig zu Grabe getragen. Nach dem peinlichen Aus des DFB in der Vorrunde "ballbesitzten" sich im Achtelfinale auch die Portugiesen, die Argentinier und Speerspitze Spanien in den Flieger in die Heimat.

  • Die makellose Bilanz der "Herrscher der Fußball-Welt"

Lionel Messi und Cristiano Ronaldo dominieren den Weltfußball seit einer Dekade. So sehr wie ihre unerreichten Erfolge, Statistiken und Rekorde eint das rivalisierte Weltstar-Duo allerdings auch ein Makel, den womöglich weder Messi noch Ronaldo jemals ausbügeln können: Ein Tor in einem WM-K.o.-Spiel blieb beiden verwehrt.

Messi erzielte seine sechs WM-Treffer allesamt in der Gruppenphase, blieb in acht K.o.-Duellen aber glücklos, CR7 konnte in sechs Partien kein Tor verbuchen. Ob eine weitere Chance hinzukommt, darf man hinterfragen. Bei der WM 2022 wäre Ronaldo 37, Messi 35 Jahre alt. 

  • Die Bundesliga-Legionäre

67 WM-Teilnehmer standen zu Beginn der Weltmeisterschaft bei einem Klub der 1. oder 2. Bundesliga unter Vertrag, im Viertelfinale dürfen nur noch zwölf vom Titel träumen. 26 Deutschland-Legionäre mussten allein in der Runde der letzten 16 die Koffer packen. Vor allem das Aus der Schweiz (10 Bundesliga-Spieler) und der Japaner (7 Bundesliga-Spieler) traf die höchsten deutschen Spielklassen hart.

Zum Vergleich: Vor vier Jahren stellten die deutschen Bundesligen noch 102 Akteure. Im Viertelfinale tummelten sich noch 24.


Gewinner

  • Der englische Fußball 

Ein Spiel dauert 90 Minuten, der Ball ist rund und England verliert im Elfmeterschießen - am Dienstagabend verlor letzteres Dogma des Fußballs seine Gültigkeit. Im vierten Anlauf konnten die Three Lions endlich eine WM-Entscheidung vom Punkt siegreich gestalten.

Balsam für die geschundene Seele einer Fußball-Nation, für die Ironie, Sarkasmus und blanker Hohn über die eigenen Strafstoß-Fähigkeiten seit Jahrzehnten zum nationalen Selbstverständnis gehört, und Futter für die Träume vom zweiten WM-Titel. Vor allem die Art und Weise, wie die Engländer ihrem Elfer-Trauma ins Gesicht lachten, war beeindruckend.

  • Danijel Subasic

"Der Torwart war unser Held in dieser Nacht. Drei gehaltene Elfmeter sieht man nicht oft", schwärmte Kroaten-Trainer Zlatko Dalic von seinem Schlussmann und brachte es damit auf den Punkt. "Nicht oft" lässt sich sogar noch konkretisieren: Zuvor konnte nur der Portugiese Ricardo bei einer WM drei Elfer parieren. 

Von Klasse zeugte auch Subasic' Reaktion: Nach seiner Glanzleistung enthüllte der 33-Jährige ein T-Shirt mit der Aufschrift "Forever". Eine Botschaft an seinen vor zehn Jahren verstorbenen Ex-Mitspieler Hrvoje Custic, mit dem Subasic eine enge Freundschaft verband.

  • Gute Manieren

Gegen die hochfavorisierten Belgier zog Japan überraschend auf 2:0 davon, am Ende verließen die Blue Samurai den Platz dennoch mit weinenden Gesichtern. Mit einem traumhaften Konter drehten die Belgier Sekunden vor dem Schlusspfiff doch noch die Partie und beenden das japanische WM-Abenteuer. 

"Ein Moment hat uns gekillt. Es ist schwer, das zu akzeptieren", verdeutlichte Japan-Verteidiger Maya Yoshida den Frust des Teams. Allerdings konnte weder das unglückliche Last-Minute-Ende des WM-Traums noch die herrschende Enttäuschung verhindern, dass die Japaner sich mit Anstand aus Russland verabschiedeten. Die Asiaten hinterließen eine feinsäuberlich gereinigte Kabine und garnierten diese mit einer Danksagung an den Gastgeber - natürlich auf Russisch.

Marc Affeldt