25.10.2019 11:58 Uhr

Verkehrte Welt vor dem 177. Revierderby

BVB vor dem Revierderby in der Krise, FC Schalke 04 obenauf
BVB vor dem Revierderby in der Krise, FC Schalke 04 obenauf

Lucien Favre steht bei Borussia Dortmund vor dem 177. Revierderby beim erstarkten Erzrivalen FC Schalke 04 unter Druck. Im Falle einer Niederlage droht dem BVB und seinem Trainer heftige Unruhe.

Jürgen Klopp hat einige vogelwilde Revierderbys erlebt, aber dieses wird verwirrender als jedes andere.

"Das ist die verrückteste Situation meines Lebens", sagte der Meistertrainer vor der 177. Auflage des ewigen Duells der Erzrivalen Schalke 04 und Borussia Dortmund, und er schlug sich dabei gegen die Stirn: "Ich bin zu 100 Prozent schwarz-gelb. Aber jetzt ist mein bester Freund Trainer von Schalke 04! Ich weiß immer noch nicht, wie ich das klarkriegen soll."

Dabei ist die Lage schon so verrückt genug. David Wagner, eben jener bester Freund, war einst königsblauer Eurofighter, hat dann vier Jahre lang die zweite Mannschaft der Borussen trainiert und nun die Schalker zu neuem Leben erweckt.

Er kann dem angezählten BVB-Trainer Lucien Favre mit einem Sieg am Samstag (15:30 Uhr) ganz erhebliche Probleme bereiten. Der Name José Mourinho geistert durch Dortmund, das sich eigentlich immer noch (besonders in Person von Hans-Joachim Watzke) nach Klopp sehnt.

Zorc fordert: "Wir müssen alles dafür tun, um das Derby zu gewinnen"

Michael Zorc hat 23 Derbys bestritten und mehr gewonnen als jeder andere Spieler (10). Der Sportdirektor bemüht sich in dieser vertrackten Lage intensiv um Ruhe.

"Das entbehrt jeder Grundlage. Wir führen keine Trainerdiskussion. Wir sind froh, dass wir Lucien Favre haben", beteuerte der Sportdirektor nach der Champions-League-Niederlage bei Inter Mailand (0:2).

Und dennoch wollte er Favres einigermaßen wunderliche Analyse, der harmlos-uninspirierte BVB habe "gut gespielt", keineswegs teilen. "Wir hätten deutlich konsequenter und zielstrebiger agieren müssen", sagte er: "Wir müssen alles dafür tun, um das Derby zu gewinnen."

BVB und FC Schalke 04 trennten im April noch Welten

Im April hatten beide Mannschaften noch Welten getrennt. Dortmund schien dem Meistertitel entgegenzustreben, Schalke kämpfte leblos gegen den Abstieg - und siegte dann unter Huub Stevens beim BVB 4:2.

Sechs Monate später ist das Derby ein Duell auf Augenhöhe, die Schalker sind zu Hause sogar leicht favorisiert.

David Wagner muss die personifizierte Euphoriebremse geben. Wer hätte das gedacht?

"Ich muss mal gucken, wie ich uns alle runterkriege", sagte er im "SID"-Interview. Das fällt nicht leicht, wenn man selbst unter Strom steht: "Ich muss aufpassen, dass sich mir nicht die Nackenhaare aufstellen, wenn ich nur darüber rede."

BVB sehnt sich nach "Push" durchs Revierderby

Diese Sorgen hätte Lucien Favre wohl gerne. Der Schweizer ist eher gefordert, seine Mannschaft endlich mal aufzupeitschen und ihr das Derby-Gen zu vermitteln.

Das brisante Duell ist die große Chance für eine sportlich-emotionale Wende. "Wir wissen, was dieses Spiel für uns bedeutet und welche Möglichkeiten es für uns birgt - sowohl in der Tabelle als auch für das Umfeld", sagte Sebastian Kehl, Leiter der Lizenzspieler-Abteilung und in 16 Derbys gestählt: "Wir brauchen jetzt diesen Push!" Schließlich war die Ansage, um den Titel mitzuspielen.

176 teils legendäre Spiele hat es zwischen Schalke und dem BVB seit 1925 gegeben, 94 davon in der Bundesliga (seit 1963). Die Bilanz spricht trotz des gegenläufigen Trends der vergangenen Jahre für die Königsblauen: 69 Siegen stehen 46 Unentschieden und 61 Niederlagen gegenüber, das Torverhältnis lautet 337:274.

Und David Wagner? Der hat es als Schalke-Spieler 1996 auf ganze sieben Minuten in einem 0:0 gebracht. Sein erster Derbysieg als Bundesliga-Trainer könnte in vielerlei Beziehung wegweisend werden.

Hinweis: Wir senden nach den Pressekonferenzen auf Schalke (13.00 Uhr) und in Dortmund (14.45 Uhr) eine neue Fassung.