17.02.2020 12:54 Uhr

Tuchel bei PSG: Investoren im Nacken - BVB vor der Brust

Thomas Tuchel kehrt mit PSG zum BVB zurück
Thomas Tuchel kehrt mit PSG zum BVB zurück

Der schmutzigen Scheidung folgten zweieinhalb Jahre Eiszeit. Nun kehrt Thomas Tuchel nach Dortmund zurück.

Die schmutzige Scheidung ist angeblich vergeben und vergessen, zumindest ein Anschein von Harmonie erwünscht. Thomas Tuchel aber bekam nach seinem Friedensangebot eine Stichelei zurück, die Hans-Joachim Watzke bestens in einem Strauß Komplimente versteckt hatte.

Emotionen spielten beim knisternden Aufeinandertreffen der Alphatiere gar keine Rolle, sagte der Boss von Borussia Dortmund vor dem Champions-League-Duell am Dienstag (21:00 Uhr) im "DAZN"-Interview: Schließlich "kommt ja nicht Jürgen Klopp zurück". Autsch.

Dass Tuchel und sein früherer Chef "sicherlich keine großen Freunde mehr werden" (Watzke), ist derzeit aber nicht das Hauptproblem des Trainers von Paris Saint-Germain. Tuchel sitzen nach drei Achtelfinal-Knockouts von PSG in Serie die katarischen Investoren im Nacken, die mit Meistertiteln oder dem Ligapokal nicht annähernd zu besänftigen sind.

Schlimmer als das Last-Minute-Aus gegen eine "Jugendgang" von Manchester United im Vorjahr (2:0/1:3) kann es für Tuchel 2020 nicht kommen. Muss es auch nicht. "Wenn's gleich wird, ist's schlimm genug", sagte der 46-Jährige, der um das "bizarre Scheitern" seiner Mannschaft in den vergangenen Jahren weiß, der "Welt am Sonntag".

2017 fegte PSG den FC Barcelona mit 4:0 aus dem Prinzenpark - und verlor das Rückspiel 1:6. Ein Drama.

Tuchel steht unter enormem Druck

Damals trainierte Tuchel noch die Dortmunder, bevor er sich in Folge des Bombenanschlags auf den BVB-Bus von Watzke entzweite. Er legte danach ein Sabbatjahr ein, lernte Französisch und ging nach Paris, wo er schon drei jener Titel holte, die den Kataris nahezu egal sind: französischer Meister 2019 (2020 ist nur noch Formsache), französischer Supercupsieger 2018 und 2019.

Ohne den ganz großen Wurf in der Königsklasse wird sich Tuchel im Schlagschatten des Eiffelturms nicht lange halten können. Der Druck ist immens - und steigt weiter. Die Geldgeber, die 222 Millionen Euro für die Diva Neymar ausgaben und 180 Millionen für Kylian Mbappé, der neuerdings auch zu Eskapaden neigt, fordern Ergebnisse: gerne in Form eines silbernen Henkelpokals.

Tuchel verpackt das, "weil es im Inneren des Sturms am ruhigsten ist". Notfalls setzt er auf Meditation, Yoga oder eine Runde auf dem Laufband. Ohnehin will er beim Thema Fußball eigentlich nicht groß aus der Haut fahren.

"Ich habe schon meiner Oma, die sich immer fürchterlich aufregt bei Spielen, immer gesagt: Es ist am Ende nur Sport. Wir operieren keine Kinder, wir retten keine Leben", berichtete er.

"Keine Bühne, um irgendetwas aufzuarbeiten"

Doch Worte sind keine Taten. Als seine Mannschaft (ohne Neymar und Mbappé) die Generalprobe beim SC Amiens (4:4) in den Sand setzte, war es mit der Gelassenheit nicht mehr weit her. In einer feurigen Rede wechselte Tuchel vom Französischen ins Englische und wieder zurück.

"Die ganze Welt denkt jetzt: Oh, sie werden unruhig, unruhig, unruhig, sie haben viele Probleme", sagte Tuchel mit Zynismus in der Stimme, "aber nein. Das ist das Leben! Das ist Fußball!" Er habe viel Vertrauen in seine Mannschaft, der allerdings die Mentalität gefehlt habe: "Nach fünf Minuten war ich sehr wütend."

In Dortmund wird es ein ganz anderes Spiel werden. Nach zweieinhalb Jahren Eiszeit biete es aber "keine Bühne, um irgendetwas aufzuarbeiten", sagt Tuchel. "Die Dinge sind aufgearbeitet und verarbeitet für mich."