15.08.2020 12:25 Uhr

"Bayern war ein Tsunami" - Müller "geht das Herz auf"

Doppeltorschütze für den FC Bayern gegen Barca: Thomas Müller
Doppeltorschütze für den FC Bayern gegen Barca: Thomas Müller

Der FC Bayern ist nach seinem historischen 8:2 gegen den FC Barcelona der große Favorit auf den Titel. Nach der magischen Nacht aber warnen die Münchner: Noch ist nichts gewonnen.

Nach einem magischen Abend betraten Thomas Müller, Manuel Neuer und Co. kurz vor Mitternacht entspannt das noble Penha Longa Resort westlich von Lissabon. Alle trugen einen Mund-Nase-Schutz, doch selbst das schwarze Stück Stoff konnte das breite Lächeln der Spieler des FC Bayern München nicht verbergen. 8:2 (4:1) gegen den ruhmreichen FC Barcelona mit dem großen Lionel Messi, eine einzigartige Machtdemonstration für die Geschichtsbücher.

Ein "sehr spezieller Abend" sei das gewesen, sagte Müller nach dem historischen Viertelfinale der Champions League mit einem Anflug von Untertreibung. Der zweifache Torschütze, der zum "Man of the Match" gewählt wurde und mit nun 113 Einsätzen in der Königsklasse alleiniger deutscher Rekordhalter ist, stellte zugleich mit funkelnden Augen glücklich fest: "Wie wir zusammengespielt haben, da geht mir das Herz auf."

Müller und seine Mitspieler überrollten den einst so unantastbaren spanischen Giganten mit Power-Pressing, bereits an der Strafraumgrenze wurde den Katalanen ein ruhiger Spielaufbau untersagt. "Das Pressing war schon brutal", sagte Leon Goretzka. Auch Müller sah eine brutale Dominanz, die spanische Sportzeitung "As" bezeichnete Barcas Spieleröffnung als "griechische Tragödie".

"Bayern war ein Tsunami"

Im "Stadion des Lichts" spielte die Mannschaft von Trainer Hansi Flick phasenweise wie von einem anderen Stern, taktisch perfekt eingestellt, bis auf einige defensive Wackler auch spielerisch überzeugend. "Bayern war ein Tsunami", urteilte die spanische Sportzeitung "Marca" und schrieb gar von einem Massaker.

Es war zumindest ein Abend der Rekorde, ein Abend, der sehr an das 7:1 der deutschen Nationalmannschaft gegen Brasilien im WM-Halbfinale 2014 erinnerte. "Gegen Brasilien hatten wir es nicht so unter Kontrolle", sagte der damals mit dem Treffer zum 1:0 beteiligte Müller allerdings. Für Flick, vor sechs Jahren Co-Trainer an der Seite von Bundestrainer Joachim Löw, zählte derweil nur "das Hier und Jetzt".

Dieser Freitagabend war auch ein Abend, an dem die Bayern endgültig in die Rolle des absoluten Topfavoriten beim "Final 8" in der portugiesischen Hauptstadt schlüpften. Flick gab sich allerdings alle Mühe, die Euphorie zu dämpfen. Natürlich sei die Art und Weise "beeindruckend" gewesen, sagte er. In der Tat: Noch nie hatte eine Mannschaft in einem K.o.-Spiel der Königsklasse acht Tore erzielt. Neben Müller (4./31.), trafen auch noch Ivan Perisic (21.), Serge Gnabry (27.), Joshua Kimmich (63.), Robert Lewandowski (82.) und Philippe Coutinho (85./89.).

Für Flick aber war es nur "eine kleine Duftmarke", auch ein 3:1 stünde ja "ewig in den Geschichtsbüchern", sagte er. Betont nüchtern fuhr er fort: Jetzt zähle es, "Kräfte für das Halbfinale zu sammeln". Dort wartet am Mittwoch (21.00 Uhr) Manchester City mit dem ehemaligen Bayern-Trainer Pep Guardiola oder Olympique Lyon. Für Flick steht dabei ein weiterer Rekord auf dem Spiel: Noch nie gewann ein Trainer seine ersten sieben Champions-League-Partien.

Der Traum vom Henkelpott lebt mehr denn je, der 55 Jahre alte Flick aber will trotzdem sachlich bleiben. "Jetzt geht es darum, es sacken zu lassen und genau zu analysieren. Uns auf das nächste Spiel vorzubereiten, um zu schaffen, was wir wollen: Ganz oben zu stehen", sagte er. Klar, räumte er ein, "wir freuen uns alle, dass es so gekommen ist, aber wir wissen auch, dass wir noch einiges vor der Brust haben". Und außerdem: "Auch das nächste Spiel fängt wieder bei Null an."

Zunächst aber steht Regeneration an. Im luxuriösen Mannschaftshotel knapp 25 Kilometer westlich von Lissabon gibt es jedenfalls ausreichend Möglichkeiten dafür: mehrere Pools, Tennis, Squash und sogar ein Golfplatz für die ambitionierten Hobbyspieler wie Müller oder Niklas Süle. Und dann? "Wir sind noch nicht am Ende", sagt Joshua Kimmich. Klingt nach der historischen Gala-Nacht fast wie eine Drohung.