25.10.2020 13:53 Uhr

Gegenbauer als Hertha-Präsident wiedergewählt

Werner Gegenbauer bleibt Hertha-Präsident
Werner Gegenbauer bleibt Hertha-Präsident

Hertha BSC kämpft trotz vieler Investoren-Millionen mit Problemen. Die Berliner stecken im Tabellenkeller und verkünden ein sattes Minus im Geschäftsjahr. Der Klub-Präsident kassierte bei der Wiederwahl einen Denkzettel.

Der Mann am Mikrofon redete sich in Rage - und er traf bei vielen Hertha-Fans einen Nerv. "Sie sind seit 2008 Präsident, sportlich haben Sie uns kein Stück weitergebracht, unser Geld ist weg! Treten Sie zurück!", schrie der Anhänger bei der Mitgliederversammlung am Sonntag im Berliner Olympiastadion in Richtung des Präsidenten Werner Gegenbauer und erntete dafür reichlich Applaus.

Am Ende wurde Gegenbauer zwar für eine vierte Amtszeit wiedergewählt, doch das Ergebnis von nur knapp 54 Prozent Ja-Stimmen war für den Amtsinhaber ein Denkzettel. Die rund 1000 Mitglieder, die sich einen Tag nach dem 1:2 (1:1) bei Bundesliga-Spitzenreiter RB Leipzig in der Ostkurve versammelt hatten, reagierten mit Pfiffen und Applaus auf das Ergebnis.

Gegenbauer hatte auf eine kämpferische Wahlrede verzichtet, als einzigem Kandidaten schien ihm die Wiederwahl sicher. Der 70-Jährige punktete aber mit einer klaren Ansage in Richtung Investor Lars Windhorst, der vielen Fans nach wie vor suspekt ist. Er werde ihn "vernünftig behandeln", sagte Gegenbauer, ihm aber auch deutlich machen, "dass wir als Komplementär die Entscheidungen treffen".

Windhorsts Engagement beläuft sich auf 374 Millionen Euro, im Gegenzug hat er sich Kommanditanteile an der ausgegliederten Kapitalgesellschaft gesichert. Eines stellte Gegenbauer klar: In der Coronakrise würde Hertha deutlich stärker straucheln, "wenn wir dieses Geschäft mit dem Investor nicht gemacht hätten".

Auch mit dem erhöhten Eigenkapital muss Hertha finanziell kämpfen. Der Klub erwirtschaftete im abgelaufenen Geschäftsjahr ein sattes Minus von 59 Millionen Euro. Ausgaben in Höhe von 181,2 Millionen Euro stehen 122,2 Millionen Euro an Erlösen gegenüber. Der Fehlbetrag lässt sich vor allem aus fehlenden Zuschauer-Einnahmen wegen der Corona-Auflagen begründen. Zudem erhöhten sich die Ausgaben im Bereich Personalkosten um 13 Millionen Euro.

Hertha hat dank der Windhorst-Millionen in diesem Jahr 110 Millionen Euro allein an Ablöse in neue Spieler investiert. Der Ertrag ist gemessen an der Startbilanz höchst übersichtlich: Peinliches Pokal-Aus in der ersten Runde, vier Niederlagen aus den ersten fünf Ligaspielen.

Windhorst hält zumindest nach Außen (noch) die Füße still - doch die Marschroute ist klar. "Das Ziel ist allen bei Hertha BSC klar. Und das heißt Qualifikation für den europäischen Wettbewerb", hatte Jens Lehmann, der als Windhorst-Vertrauter im Hertha-Aufsichtsrat sitzt, jüngst gesagt und damit den Druck erhöht. Gegenbauer konterte, Lehmann spreche als Berater von Windhorst und "nicht für Hertha BSC". Das Ziel Europacup habe auch der Klub, allerdings sei dies ein "mittelfristiges Ziel".

Das Spiel in Leipzig, das von strittigen Schiedsrichter-Entscheidungen begleitet wurde, war zumindest ein Hoffnungsschimmer. "Das ist ein Auftritt, der Mut macht", sagte Trainer Bruno Labbadia, "über kurz oder lang werden die Ergebnisse besser werden."