27.10.2021 17:24 Uhr

Wird Kingsley Coman beim FC Bayern zum Härtefall?

Die Zukunft von Kingsley Coman beim FC Bayern ist ungewiss
Die Zukunft von Kingsley Coman beim FC Bayern ist ungewiss

Mit gerade einmal 25 Jahren auf dem Buckel hat Kingsley Coman nahezu alles erreicht, wovon Profi-Fußballer träumen. Was ihm bis heute jedoch verwehrt geblieben ist, ist ein unumstrittener Stammplatz beim FC Bayern. Da die teaminterne Konkurrenz zuletzt übermächtig wirkte, stellt sich mehr denn je die Frage nach der mittel- bis langfristigen Perspektive des Linksaußen in München. Wird Coman zum Härtefall?

Rund 14 Monate sind vergangen, seit der FC Bayern Kingsley Coman kollektiv zu Füßen lag. Seinem Kopfballtor verdankte der deutsche Rekordmeister den Triumph im Champions-League-Finale 2020 gegen Paris Saint-Germain, der den so sehr ersehnten Henkelpott wieder nach München brachte.

Für den Offensiv-Akteur war sein goldener Treffer in vielerlei Hinsicht eine Genugtuung. Zuerst wäre da sein persönliches Scheitern als Jungprofi in Paris, das ihm nach eigener Aussage im Teenageralter keine ausreichende Profi-Perspektive geboten hatte. Ebenso erlösend war der Gewinn eines internationalen Titels, nachdem er bei Frankreichs WM-Erfolg 2018 nicht zum Kader der Équipe tricolore gezählt hatte.

Die größte Befriedigung brachte Coman aber wohl die Tatsache, nach damals bereits fünf Jahren beim FC Bayern endlich bewiesen zu haben, auf allerhöchstem Level den Unterschied machen zu können. Zuvor hatten Verletzungen ihn immer wieder aus der Bahn geworfen.

Vom Königsklassen-Sieg beflügelt spielte Coman in der Folgesaison 2020/2021 sein bislang bestes Jahr beim deutschen Branchenprimus. 17 Torbeteiligungen in der Bundesliga hatte der Angreifer zuvor nie erreicht, auch in der Champions League lieferte er konstant.

Umso merkwürdiger mutet daher an, dass Coman beim FC Bayern momentan wieder zurück in der Rolle des Nebendarstellers ist. Spielzeit bekommt der Außenstürmer zwar, nach seinem jüngsten Fehlen muss er sich allerdings hinter der formstarken Konkurrenz um den aufgeblühten Leroy Sané sowie Serge Gnabry anstellen. Zufrieden ist er damit sicher nicht.

FC Bayern kann und will Comans Forderungen offenbar nicht erfüllen

Besonders knifflig wird der Status quo durch die weiterhin ungeklärte Zukunft Comans, dessen Arbeitspapier an der Säbener Straße Stand jetzt 2023 ausläuft.

Seit längerem pokern die Berater des Nationalspielers mit dem FC Bayern um eine Verlängerung, eine Einigung ist dabei nicht in Sicht.

Ein Stolperstein soll Comans exorbitanter Gehaltswunsch sein, laut der spanischen Sportzeitung "AS" fordert er ein Jahressalär zwischen 15 und 16 Millionen Euro. Zu viel für die Münchner, die ihrerseits aber unbedingt verhindern wollen, dass der Tempodribbler in eineinhalb Jahren ablösefrei geht.

Unlängst berichtete der "kicker", dass die Verhandlungen "keineswegs einfach" seien. Coman soll es beim FC Bayern auch um Anerkennung gehen, "noch ein paar ausführliche Gespräche" seien nötig.

Sollte es zu keiner Übereinkunft kommen, wäre der Rekordmeister wohl oder übel gezwungen, seinen Trophäensammler im kommenden Sommer zu verkaufen.

An möglichen Abnehmern mangelt es nicht: Allen vier Top-Klubs aus England - Manchester City, Manchester United, der FC Chelsea und der FC Liverpool - wurde in diesem Jahr bereits Interesse an Coman nachgesagt.

Sané und Gnabry beim FC Bayern zuletzt an Coman vorbeigezogen

Dass sich Coman nach bald sieben Jahren beim FC Bayern durchaus vorstellen kann, im Ausland noch einmal ein neues Abenteuer zu beginnen, ließ er Ende August in einem Interview durchblitzen.

"Ich habe das Glück noch jung zu sein, daher kann ich beides machen. Ich kann hier noch weitere Jahre bleiben und danach schauen, wie es woanders ist", hielt er sich gegenüber "Eurosport" alle Optionen offen.

Kurz darauf musste sich Coman kurzfristig einer Herz-OP unterziehen, die ihn wochenlang aus dem Verkehr zog und seinen Flügel-Konkurrenten die Gelegenheit gab, sportlich an ihm vorbeizuziehen.

Sané und Gnabry nutzten die Chance, trafen und assistierten am laufenden Band und ließen Coman in der teaminternen Hierarchie abrutschen. Ihr Vorteil: Beide strahlen mehr Torgefahr aus.

Ein Grund mehr für den gebürtigen Pariser, seine Zukunft in München zu überdenken, schließlich kann und will ihm Trainer Julian Nagelsmann verständlicherweise keinen Freifahrtschein ausstellen.

Erst kürzlich sagte der Übungsleiter: "Ich habe schon oft betont, dass King ein herausragender Mensch ist, mit dem ich sehr gerne arbeite. Ich würde gerne noch viele Jahre mit ihm arbeiten. Wir sind auf den Flügeln aber sehr gut aufgestellt."

FC Bayern: Müller bricht eine Lanze für Coman

Zur Wahrheit gehört indes auch, dass sich Coman beim FC Bayern wohl fühlt und vor allem mit seinen sechs französischen Landsmännern blendend versteht.

Kingsley Coman (l.) im Plausch mit Lucas Hernández und Corentin Tolisso
Kingsley Coman (l.) im Plausch mit Lucas Hernández und Corentin Tolisso

Doch auch sein deutscher Mitspieler Thomas Müller bricht eine Lanze für ihn. Gegenüber "Sport1" bestätigte der 32-Jährige gerade erst, dass er sich eine weitere Zukunft mit Coman in der Mannschaft wünschen würde.

"Wenn das funktioniert, ihn zu halten, wäre das super - für uns als Team und für den ganzen Verein [...] Wir haben ihn gerne hier, denn er ist nicht nur ein guter Spieler, sondern auch ein super Typ", schwärmte Bayerns Urgestein.

Allerdings wird auch Müller wissen, dass sich Comans Gehaltsforderungen und sein derzeitiger Status als Herausforderer nur schwer vereinbaren lassen dürften.

So droht er zum Härtefall zu werden - Trennung nach der Saison nicht ausgeschlossen.

Heiko Lütkehus