16.02.2022 11:14 Uhr

Nerlinger: Politik beim FC Bayern hat viel Energie gekostet

War von 2009 bis 2012 Sportdirektor des FC Bayern: Christian Nerlinger
War von 2009 bis 2012 Sportdirektor des FC Bayern: Christian Nerlinger

Von 2009 bis 2012 leitete Christian Nerlinger als Sportdirektor die Geschicke beim FC Bayern. Obwohl die ganz großen Erfolge in dieser Zeit ausblieben, blickt der Ex-Profi noch heute gerne zurück. Leicht war es für ihn an der Säbener Straße allerdings nicht.

Im Sommer 2008 kehrte Ex-Profi Christian Nerlinger zunächst als Teammanager zum FC Bayern zurück. Ein Jahr später trat er dann in die großen Fußstapfen von Uli Hoeneß und wurde zum Sportdirektor befördert. Auf das, was auf ihn einprasselte, war er laut eigener Aussage nur bedingt vorbereitet.

"Die grundsätzlichen Aufgaben wie die Akademie im Auge behalten, sich um das Team, Transfers, die Mitarbeiter und Mediziner kümmern, habe ich wirklich genossen", sagte Nerlinger gegenüber "The Athletic" über seine Zeit in München. Allerdings gab es im Klub auch Entwicklungen, die ihm Probleme bereiteten.

"Ich habe die Politik nie gemocht, sie hat mich eine Menge Energie gekostet. Als Direktor hast du fast das gleiche Gefühl wie als Spieler, aber ich habe herausgefunden, dass es ein Fulltime-Job ist, der immer 100 Prozent erfordert", so der ehemalige Profi. "Ich hatte damals drei kleine Kinder und habe entschieden, mehr Wert auf die Familie zu legen", erklärte Nerlinger.

Rückblickend bereue er es ein wenig, dass er die ganz erfolgreiche Ära des FC Bayern verpasste, gab Nerlinger zu. So war er zum Beispiel direkt vor dem Quadruple-Jahr 2013 vom Klub entlassen worden.

Auch in seinen Jahren habe er aber schon eine Entwicklung erkennen können, meinte der Ex-Profi. "Ich habe gelernt, dass in 90 Minuten alles passieren kann. Aber wenn ich unser damaliges Team zum Beispiel mit José Mourinhos Inter Mailand vergleiche, muss ich sagen, dass es [im Champions-League-Finale 2011] ein verdienter Sieg für Inter war. Aber gegen Chelsea hatten wir [2012] 20 Torschüsse und waren das dominante Team. Dort wären wir der verdiente Sieger gewesen. Man konnte sehen, dass sich die Spieler und auch das Team kontinuierlich weiterentwickelten."

Nerlinger: Van Gaal hat den FC Bayern zurück in die Spur geführt

Als Schlüsselfigur dieser Entwicklung macht Nerlinger den niederländischen Star-Trainer Louis van Gaal aus, der das Zepter 2009 übernahm. "Als er angefangen hat, hatte der Verein große Probleme. Wir haben im Jahr davor 0:4 gegen Barcelona verloren, hätten aber auch zehn Tore kassieren können. Plötzlich gab es [mit van Gaal] viel mehr Disziplin und Struktur im Team."

Er habe noch nie einen Trainer gesehen, der auf diesem Level so arbeite wie Louis van Gaal, schwärmte Nerlinger vom "Feierbiest". "Er hat die Spieler aus der eigenen Jugend unterstützt, Philipp Lahm zum Kapitän und Bastian Schweinsteiger zu seiner rechten Hand auf dem Platz gemacht. Neu bei Bayern war, dass man an diese jungen Spieler geglaubt, sie unterstützt und zu großen Persönlichkeiten geformt hat."

Auch auf zwischenmenschlicher Ebene sei er mit dem als kompliziert geltenden Niederländer gut klargekommen, versicherte Nerlinger: "Er war immer für eine Überraschung gut. Man wusste nie, was am nächsten Tag passieren würde, aber wenn du vorbereitet in ein wichtiges Gespräch gegangen bist, hat er es das immer akzeptiert. Was er nicht akzeptierte, waren emotionale Kommentare, die keine Grundlage hatten. Wir hatten aber ein gutes Verhältnis."