Schalkes Bundesliga-Rückkehr mit großen Risiken

33 Spieltage benötigte der FC Schalke 04 in der 2. Bundesliga, um die katastrophale Abstiegssaison 2020/2021 vergessen zu machen. Der direkte Wiederaufstieg ist geschafft, der eigens auferlegte Dreijahresplan damit sogar übererfüllt. Das Bundesliga-Comeback birgt neben großen Chancen aber auch einige Risiken für den Revierklub.
Der finanzielle Drahtseilakt geht auf Schalke weiter
Einer der wichtigsten Architekten der Schalker Erfolgssaison ist zweifelsfrei Sportdirektor Rouven Schröder. Dem 46-Jährigen ist es gelungen, trotz aller auferlegten Sparzwänge und mit über 45 abgewickelten Transfers (alleine 30 Abgänge im Sommer 2021!), einen Zweitliga-Kader zusammenzustellen, der sportlich den höchsten Anforderungen der 2. Bundesliga standhält und wirtschaftlich zu verantworten war.
Der Spieleretat wurde von circa 80 Millionen Euro auf ein Viertel davon zusammengestrichen, um den sowieso hochverschuldeten Traditionsverein aus Gelsenkirchen mit seinen Gesamtverbindlichkeiten von über 180 Millionen Euro überhaupt überlebensfähig zu halten.
Der Schalker Sparkurs soll und muss auch in der Bundesliga weiter fortgesetzt werden, hat auch Sportvorstand Peter Knäbel zuletzt gebetsmühlenartig wiederholt. Trotzdem ist klar, dass die Ausgaben für den Lizenzspielerkader wieder steigen werden, um ein Erstliga-taugliches Team auf die Beine zu stellen.
Viele der bisher günstig finanzierten Leihspieler, die sich als echte Glückgriffe im S04-Trikot erwiesen haben, werden wohl nur zu verbesserten Konditionen im Klub bleiben. Allen voran ManCity-Leihgabe Ko Itaruka, Winterzugang Andreas Vindheim oder Flügelstürmer Darko Churlinov.
Auf Schalke soll der finanzielle Bogen zwischen sportlicher Notwendigkeit und wirtschaftlicher Vernunft auf keinen Fall (erneut) überspannt werden. Bei diesem Drahtseilakt die richtige Balance zu finden, ist die vielleicht größte Herausforderung in der Funktionärslaufbahn von Sportdirektor und Kaderplaner Rouven Schröder.
Der Erfolgstrainer im Hintergrund
Mike Büskens ist mit seinem Aufstiegscoup endgültig zu einer Schalker Vereinslegende aufgestiegen. Der Eurofighter von 1997 hat den Erfolg zurück in die Veltins Arena gebracht, nachdem Vorgänger Dimitrios Grammozis nach der 3:4-Heimpleite gegen Hansa Rostock im März als Tabellensechster entlassen wurde.
Die sensationelle Bilanz von Büskens, den sie auf Schalke nur Buyo nennen, mit sieben Siegen aus acht Spielen legt die Messlatte für jeden potenziellen Nachfolger besonders hoch. Auch Sportdirektor Schröder stellte schon mal klar, ohne dass ein neuer Cheftrainer für die neue Saison überhaupt offiziell vorgestellt wurde: "Derjenige, der auf Buyo folgt, muss richtig gut sein."
An die Popularitätswerte des 54-jährigen Ex-Profis wird auf Schalke in den kommenden Jahren ohnehin niemand mehr herankommen, das muss dem kommenden S04-Cheftrainer schon vorher klar sein.
Büskens will ab Juli wieder als Co-Trainer tätig sein, im Hintergrund als "Hermann Gerland des FC Schalke" weiterarbeiten, wie er es selbst formulierte.
Dass das geplante Modell, mit Büskens zurück im zweiten Glied weiterzuarbeiten, die Gefahr birgt, bei jeder kleinsten sportlichen Talfahrt ein hausgemachtes Problem im Verein zu haben, wird allen Verantwortlichen bewusst sein.
Bei jeder neuen Niederlage werden die Rufe lauter werden, Büskens doch wieder zurück auf den Chefsessel zu setzen. Extern in Fan-Kreisen unter Garantie, aber womöglich auch intern. Mit dieser besonderen Konstellation muss ein neuer Chefcoach erst einmal umgehen können - und wollen.
Der Bundesliga-Fluch des Simon Terodde
Schalkes Stürmerstar blickt auf eine überragende Bilanz in der 2. Bundesliga zurück. Seine letzten fünf Saisons im Unterhaus bestritt er für fünf unterschiedliche Vereine, traf dabei jedes Jahr mindestens 24 Mal. Insgesamt traf Terodde in Liga zwei seit 2015/2016 sage und schreibe 132 Mal in 160 Spielen.
In der Erstklassigkeit wollte es bislang aber einfach nicht recht funktionieren für den Strafraumstürmer, der bisher in drei Spielzeiten in der ersten Liga auflief. Zuletzt vor zwei Jahren für den 1. FC Köln, als er es in 23 Einsätzen gerade Mal auf drei Treffer brachte.
Das deutlich höhere Tempo, das vermehrte Umschalten und die höheren spieltaktischen Anforderungen in der Bundesliga kommen dem Instinktstürmer und Abschlussspieler Terodde nicht entgegen, die qualitativ höherwertigen Gegenspieler auf der anderen Seite logischerweise auch nicht.
Im gesetzten Fußballer-Alter von 34 Jahren wird es für Terodde der vermutlich letzte Versuch werden, in der ersten Liga endlich den großen Durchbruch zu schaffen. Gemessen an seinen bisher 29 Treffern in 29 Schalke-Spielen wird es das Ziel für den 1,92-m-Mann sein, seine bisherige Ausbeute von zehn Toren in 58 Bundesliga-Einsätzen im kommenden Jahr mindestens zu verdoppeln.
Um sich nach dem Wiederaufstieg in die Erstklassigkeit wieder in der Bundesliga zu etablieren, wird der FC Schalke 04 an gleich mehreren Stellschrauben drehen müssen. Neben den bekannten finanziellen Zwängen des Klubs geht es vor allem um Atmosphäre und Grundstimmung, die in diesem besonderen Traditionsverein auch in schwierigen Phasen nachhaltig positiv gehalten werden müssen.
Mats-Yannick Roth