04.10.2022 12:20 Uhr

Warum Ryan Gravenberch immer unzufriedener wird

Ryan Gravenberch nimmt beim FC Bayern zumeist auf der Bank Platz
Ryan Gravenberch nimmt beim FC Bayern zumeist auf der Bank Platz

Als Wunschspieler wechselte Ryan Gravenberch im Sommer von Ajax Amsterdam zum FC Bayern. Doch beim deutschen Rekordmeister kommt der Niederländer bislang kaum zum Zug. Ein Schicksal, an dem der 20-Jährige in naher Zukunft wohl nicht viel ändern kann.

Als der FC Bayern im Juni Ryan Gravenberch als Neuzugang vorstellte, war der Stolz bei den Münchner Verantwortlichen groß.

"Ein junger, hochinteressanter Spieler, den viele europäische Top-Klubs gerne unter Vertrag genommen hätten" sei das Mittelfeld-Juwel, sagte Vorstandschef Oliver Kahn.

Sportvorstand Hasan Salihamidzic schwärmte: "Ryan Gravenberch wird unserer Mannschaft viel geben. Er ist eines der größten Talente in Europa."

Starker Einstand von Ryan Gravenberch beim FC Bayern

Den hohen Erwartungen beim FC Bayern wurde der niederländische Nationalspieler zunächst gerecht.

In der Vorbereitung brauchte Gravenberch kaum Eingewöhnungszeit. Er präsentierte sich körperlich robust, torgefährlich aus der Distanz, fiel durch ein cleveres Passspiel auf und legte ein gutes Zweikampfverhalten an den Tag.

Joshua Kimmich ließ sich sogar ein Sonderlob für seinen Teamkollegen entlocken. "Von Ryan bin ich ehrlich gesagt am meisten begeistert. Der verliert fast keinen Ball, der wird uns viel Freude bereiten", sagte der DFB-Star.

FC Bayern: Ryan Gravenberch zumeist nur Bankdrücker

Einige Wochen und Pflichtspiele später dürfte insbesondere bei Gravenberch selbst Ernüchterung eingekehrt sein. Von "Freude" kann für ihn beim FC Bayern derzeit keine Rede sein. 

Der Youngster, für den die Münchner immerhin 18,5 Millionen Euro nach Amsterdam überwiesen, schmort zumeist nur auf der Bank.

In der Bundesliga stand Gravenberch erst sechs Mal auf dem Platz, von Beginn an lief er noch nie auf. Das Startelf-Vertrauen von Trainer Julian Nagelsmann bekam er nur im DFB-Pokal gegen Viktoria Köln (5:0).

Dieses zahlte er zwar mit einem Tor und einer Vorlage zurück. Dennoch erhielten Gravenberchs Konkurrenten Joshua Kimmich, Marcel Sabitzer oder der von einer Verletzung zurückgekehrte Leon Goretzka auch danach zumeist den Vorzug.

Falsche Versprechungen für Ryan Gravenberch?

Daraus, dass er mit seinen Einsatzzeiten nicht zufrieden ist, macht Gravenberch keinen Hehl.

Von "ESPN" mit der Frage konfrontiert, ob er über seinen Start beim FC Bayern enttäuscht sei, entgegnete er: "Ehrlich gesagt, ja. Ich hätte gerne mehr gespielt, aber der Trainer wählt andere Spieler aus. Ich muss das akzeptieren, aber es ist schwierig." Er habe "auf mehr Minuten gehofft, aber ich muss ruhig bleiben."

Diese Ruhe zu bewahren, fällt Gravenberch aber wohl zunehmend schwerer. Aus gutem Grund: Laut "Sport1" wurden ihm vor seiner Vertragsunterzeichnung von den Verantwortlichen des FC Bayern Versprechungen gemacht, die sie letztlich nicht einhielten.

So kündigten die Bosse angeblich an, dass Sabitzer abgegeben werden soll. Dadurch wäre Gravenberch erster Herausforderer von Goretzka für die Position neben Kimmich gewesen.

Diese Perspektive soll den Jung-Profi, der auch bei Manchester United gehandelt worden war, letztlich vom FC Bayern überzeugt haben.

Nutzt Ryan Gravenberch seine Chance beim FC Bayern?

Doch nicht nur die leeren Versprechungen der Klub-Führung sollen Gravenberch missfallen.

Dem "kicker" zufolge wünscht er sich auch mehr Kommunikation mit seinem Trainer. Demnach fehlen Gravenberch Gespräche mit Nagelsmann und Erklärungen über seine Rolle im Team.

Gravenberch habe "wie jeder Spieler mein volles Vertrauen. Aber ich verstehe das ganze Drama nicht. Das ist Bayern München, einer der größten Klubs in Europa mit einem sehr guten Kader. Da muss man ein bisschen Geduld mitbringen", sagte der Chefcoach auf der Pressekonferenz vor dem Champions-League-Spiel gegen Viktoria Pilsen.

Der Mittelfeldakteur wisse, "welche Bereiche er noch verbessern muss, um stabiler in die Struktur zu passen", so Nagelsmann, der dem 20-Jährigen in Abwesenheit des Corona-infizierten Kimmichs immerhin einen Startelfplatz gegen Pilsen in Aussicht stellte.

Doch selbst wenn Gravenberch gegen den tschechischen Underdog überzeugen sollte, heißt das noch lange nicht, dass Nagelsmann auch in Zukunft auf ihn setzt. Und wenn der Neuzugang seine Chance nicht nutzt, droht er langsam aber sicher in Vergessenheit zu geraten.

Lissy Beckonert