02.06.2023 19:28 Uhr

Hoeneß packt aus: Darum mussten Kahn und Brazzo weg

Hoeneß hat sich in einem Interview zur Trennung von Oliver Kahn und Hasan Salihamidzic geäußert.
Hoeneß hat sich in einem Interview zur Trennung von Oliver Kahn und Hasan Salihamidzic geäußert.

Für Uli Hoeneß war die Entlassung von Vorstandschef Oliver Kahn und Sportvorstand Hasan Salihamidzic beim deutschen Fußball-Meister Bayern München alternativlos.

Die Summe der Entscheidungen der beiden hätten für eine "Gesamtentwicklung" gesorgt, "die im Lauf der Zeit mehr und mehr für Irritationen gesorgt hat", sagte der langjährige FCB-Präsident und -Manager im Gespräch mit der "Süddeutschen Zeitung".

Als ein Beispiel mangelhafter Kommunikation nannte Ehrenpräsident Hoeneß die Begleitumstände bei der Entlassung von Trainer Julian Nagelsmann. Kahn und Salihamidzic hätten diese Entscheidung trotz der großen Tragweite ohne Rücksprache getroffen. "Niemand" habe davon gewusst, "auch Herbert Hainer (FCB-Präsident, d. Red.) wurde als Aufsichtsratsvorsitzender viel zu spät informiert. Und so etwas geht einfach nicht", sagte Hoeneß.

Kahn habe einen falschen Ansatz gewählt und zu wenig Bezug zum Fußball gehabt. "Oliver hatte seine Rolle für sich so definiert, dass er sich aus dem Sport weitgehend rausgehalten hat. Dabei ist der Sport die Hauptaufgabe. Unser Produkt ist Fußball", sagte Hoeneß. Außerdem habe Kahn weder engen Kontakt zu ihm noch zum früheren Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge gepflegt.

"Man kann jede Firma neu aufstellen und alles anders machen, das ist völlig legitim - aber man muss Erfolg damit haben. Um nichts anderes geht es. Es stört mich, wenn es jetzt wieder heißt, der Hoeneß will immer noch die Regeln bestimmen", sagte der 71-Jährige: "Am liebsten wäre mir, es liefe alles bestens und wir hätten noch alle Vorstände beieinander. Die letzten Tage und Wochen waren alles andere als ein Vergnügen."

Gemeinsam mit Rummenigge, der am Dienstag in den Aufsichtsrat berufen wurde, führt Hoeneß nun Gespräche mit Spielern und Beratern. Trainer Thomas Tuchel "wird eine wichtige Rolle spielen bei der Entscheidungsfindung, aber er wird jetzt sicher nicht zu den Klubs oder Beratern fahren und Verhandlungen führen."

Hoeneß beklagt Fitnesszustand der Bayern-Profis

Die schwache Rückrunde des FC Bayern führte Hoeneß auf die aus seiner Sicht mangelhafte und zu kurze Vorbereitung in der Winterpause zurück. "Ich bin überzeugt davon, dass (Trainer, d. Red.) Thomas Tuchel in der Rückrunde darunter leiden musste, dass es einigen Spielern an der Grundlagenausdauer gefehlt hat", sagte Hoeneß: "Wenn man viereinhalb Wochen Urlaub gibt, braucht man mindestens sechs Wochen Vorbereitung. Aber wir hatten gerade mal zweieinhalb Wochen!"

Es habe zu wenig Testspiele gegeben, nämlich "nur dieses eine gegen Salzburg", so Hoeneß: "Wie soll man da fit sein? Ich habe in meiner Spielerkarriere nie vier Wochen Urlaub gehabt, auch im Sommer nicht." Einige Bayern-Profis aber hätten "von Anfang November bis Mitte Januar kein ernst zu nehmendes Spiel gehabt."

Er habe den damaligen FCB-Trainer Julian Nagelsmann jedoch "anfangs nicht" vor dieser Gefahr gewarnt. "Als dann aber Manuel Neuers Verletzung die Stimmung belastet hat, habe ich darauf hingewiesen, dass wir jetzt nicht mehr so lange Urlaub machen sollten", sagte er.

Hoeneß sorgte sich um den FC Bayern

Vor der WM-Unterbrechung hatten die Bayern nach 15 Bundesliga-Spielen neun Punkte mehr als Borussia Dortmund, dieses Polster verspielte der Rekordmeister aber zügig. Nagelsmann musste im März nach dem 1:2 bei Bayer Leverkusen gehen, Tuchel rettete die Meisterschaft nur dank der besseren Tordifferenz ins Ziel.

Die Leistungen der Bayern hätten ihm große Sorgen bereitet. "Wenn ich sehe, wie wir in der zweiten Halbzeit gegen Leipzig fast vorgeführt werden im eigenen Stadion, da kann ich nicht loslassen", sagte Hoeneß mit Blick auf das 1:3 am vorletzten Spieltag: "Mir ist einfach nur wichtig, dass beim FC Bayern alles in Ordnung ist."

Dazu beitragen soll die Trennung von Vorstandschef Oliver Kahn und Sportvorstand Hasan Salihamidzic, so Hoeneß, der die Entscheidung verteidigte: "Wir können doch so wesentliche Fragen für die Zukunft des FC Bayern nicht davon abhängig machen, ob Borussia Dortmund in der 97. Minute das 3:2 schießt - oder eben nicht. Wenn sie es schießen, trennen wir uns von den Vorständen, wenn sie es nicht schießen, bleiben sie? So kann man doch nicht vorgehen."