28.09.2016 09:42 Uhr

Ohne Kontrolle, mit Vertrauen: Fach bei D98

Fach (l.) jubelt mit Lilien-Coach Meier
Fach (l.) jubelt mit Lilien-Coach Meier

Holger Fach hatte Krebs und eine Überlebenschance von nur 20 Prozent. Doch er besiegte die Krankheit und kehrte auf die Fußball-Bühne zurück. In Darmstadt ist er seit dem Sommer zum Sportdirektor aufgestiegen und hat genaue Vorstellungen von der Ausrichtung des Vereins.

Fach gefällt es in bei den Lilien sehr. "Hier ist vieles noch ursprünglich, mit allen Stärken und Schwächen. Alle bringen sich voll ein", sagte er in der "Sport Bild". Der 54-Jährige hat auch ein Beispiel parat: "Ich finde es immer toll, wenn die Frau des Präsidenten Kuchen in die Kabine bringt." Er glaubt zwar, dass einige Leute, die "nur noch noch übers Geschäft und Geld" reden, darüber lachen werden, aber ihn hätten diese Kleinigkeiten davon überzeugt, das Angebot von Darmstadt anzunehmen. 

Ob er bei einem der letzten Kult-Klubs der Liga arbeitet, mag er nicht beurteilen, zumal er "nie einen Weltklasse-Kicker gesehen hat, der Kult war." Das gelte doch eher für diejenigen Spieler, die Probleme haben. Deshalb gibt er lachend zu, dass er mit dem Kult-Begriff eher vorsichtig ist. Generell hat der Sportdirektor das Gefühl, dass "der Fußball nur noch das notwendige Übel ist." Aber diese Entwicklung überrasche ihn nicht. "Und wir als Verein müssen diese auch mitmachen, um konkurrenzfähig zu sein."

Genaue Vorstellungen von Neuzugängen

Darmstadt musste im Sommer einen Umbruch bewältigen und Fach hatte die Aufgabe, viele neue Spieler zu holen. Von außen wurden ihm jede Menge Profis angeboten. "Man kann schnell aussortieren", gab der 54-Jährige ein wenig die Strategie des Vereins preis, "ein Spieler aus Südamerika kommt für uns derzeit nicht infrage, da wir eine entsprechende Betreuung nicht leisten können." Außerdem würde die Eingewöhnung "mit Blick auf unsere Situation" wohl zu lange dauern. 

"Einen Spieler, der in drei Jahren sechs Vereine hatte, gucke ich mir nicht an", gibt Fach außerdem zu. Einige Profis seien auch schlichtweg zu teuer gewesen. "Schließlich bleibt eine deutlich kleinere Liste mit Spielern übrig, die wir genauer unter die Lupe nehmen." Außerdem seien Darmstadts Coach Norbert Meier und er schon lange genug im Geschäfts, um selbst einige Spieler zu kennen.

Als Sportdirektor ist Fach, der zuvor auch bei anderen Stationen als Scout oder Trainer aktiv war, "so nah, wie ich möchte" an der Mannschaft. Er betonte aber auch: "Ich will niemanden kontrollieren, habe vollstes Vertrauen in unsere Trainer." In seiner Position sei es wichtiger, ein Spiel der ersten, zweiten oder dritten Liga zu beobachten, als das Training der eigenen Mannschaft zu sehen: "Nur damit es heißt: Holger Fach war da."

Der Krebs hat Fach verändert

Privat ist Fach nach dem (vorerst) erfolgreichen Kampf gegen Krebs wieder voll da. Allerdings hat sich seine Lebenseinstellung geändert. "Ich bin gelassener geworden", gibt der 54-Jährige zu. "Das bedeutet nicht, dass ich meinen Job nicht mit voller Leidenschaft ausübe." Aber wie nebensächlich Fußball manchmal ist, merke man erst, wenn etwas Schlimmes passiert, wie zum Beispiel der Tod von Robert Enke. Trotzdem hieße es drei Wochen später wieder: "Wenn Fußball nicht das Wichtigste für Dich ist, machst Du Deinen Job nicht richtig." So denkt der Sportdirektor nicht.

Der Arzt habe damals bei der Diagnose vor ihm gestanden und gesagt: "Ihre Überlebenschance beträgt 20 Prozent." Dem Tod so unmittelbar ins Auge geblickt zu haben, hat ihn verändert und von jeder Menge Druck befreit, sagte er. Es höre sich vollkommen irre an, glaubt Fach, aber "wenn ich das dauerhaft überstehe, war das die beste Erfahrung meines Lebens."