Darum sollte der FC Bayern Dembélé (nicht) verpflichten

Nach der vermeintlichen Absage von Leroy Sané und dem etwaigen K.o. im Poker um Callum Hudson-Odoi hat der FC Bayern angeblich Ex-BVB-Profi Ousmane Dembélé als möglichen Kandidaten für die vakante Position auf dem Flügel vorgesehen. Was spricht für, was gegen eine Verpflichtung des Weltmeisters?
Was spricht für eine Verpflichtung von Ousmane Dembélé?
Die Perspektive: Sollte der FC Bayern den Franzosen an die Säbener Straße holen, könnte der Transfer einer der entscheidenden Schritte auf dem Weg in eine erfolgreiche Zukunft sein. Dembélé steht mit seinen 22 Jahren erst am Anfang seiner Karriere. Der Weltmeister könnte die im heutigen Fußball so wichtige Planstelle des Flügelstürmers über Jahre hinweg schließen.
Die Qualität: Was Dembélé fußballerisch zu bieten hat, ist hinlänglich bekannt. Der technisch hoch veranlagte, dribbel- und abschlussstarke Franzose ist ein echter Feingeist, der Spiele schon zu diesem frühen Zeitpunkt seiner Karriere ganz allein entscheiden kann.
Besonders wichtig für den FC Bayern: Dembélé kann auf kleinstem Raum agieren, braucht für seine Highspeed-Aktionen nur wenig Platz. Sowohl als Vorbereiter als auch als Vollstrecker ist er ein Gefahrenherd für jede Abwehr.
Die Voraussetzungen: Sowohl in Dortmund als auch in Barcelona hatte Dembélé große Eingewöhnungsprobleme. Der FC Bayern bietet dahingehend einen echten Bonus: Mit Pavard, Hernández und Tolisso stehen drei weitere Weltmeister, mit Coman ein weiterer Franzose bereits im Kader.
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Für einen Spieler wie Dembélé, der ein funktionierendes Umfeld braucht, könnte die Anwesenheit seiner Landsleute ein wichtiger Faktor sein. In Dortmund und Barcelona soll der 22-Jährige isoliert gewesen sein, diese Gefahr besteht durch die "French Connection" in München nur bedingt.
Der Markt: Der FC Bayern will sich traditionell nur im obersten Regal bedienen. Das ist Teil des Selbstverständnis des Rekordmeisters. Dembélé wäre ein Spieler, der dieses Bedürfnis der Münchner Verantwortlichen befriedigt. Von dieser Sorte sind nur wenige Spieler auf dem Markt.
Beim Weltmeister passt dahingehend das Gesamtpaket: Der FC Bayern ist interessiert, Barcelona nicht abgeneigt, ihn ziehen zu lassen. Was Dembélé selbst will, ist jedoch noch nicht ganz klar. Angeblich sieht er sich weiterhin bei den Katalanen, allerdings sicherlich nicht in der Rolle des Edelreservisten. Die Tür für einen Transfer scheint offen.
Was spricht gegen eine Verpflichtung von Ousmane Dembélé?
Der Kopf: Die "Skandal-Akte Dembélé" ist schon jetzt bemerkenswert lang. Beim BVB hat er sich weggestreikt, in Barcelona sorgte er mit Undiszipliniertheiten regelmäßig für Schlagzeilen. Auch in der französischen Nationalmannschaft lief mit "Dembouz" nicht immer alles reibungslos. Mit 22 hat er bereits so viel auf dem Kerbholz wie andere Spieler am Ende einer langen Karriere nicht.
Mit "Filou Ribéry" sind sie in München im Laufe der Jahre klargekommen. Dembélé ist aber nicht der einfache "Spitzbube", der sich ab und an mal einen Scherz erlaubt. Vielmehr scheint es so, als würde der Franzose gerne die Vorzüge des Profi-Daseins genießen, ohne sich wie ein Profi zu verhalten.
Der Körper: Ob es mit seinem Lebensstil zusammenhängt, einfach nur Pech war oder womöglich doch mehr dahintersteckt: In den letzten zwei Jahren fiel Dembélé regelmäßig verletzt aus. Meistens waren es Muskelverletzungen, die den Franzosen lange außer Gefecht setzten.
Auch mit verletzungsanfälligen Spielern hat der FC Bayern seine Erfahrungen gemacht. Paradebeispiele sind Arjen Robben und aus dem aktuellen Kader Kingsley Coman. Kann sich der Rekordmeister einen weiteren prominenten "Dauerpatienten" leisten? Es ist eine Frage, die sich die Münchner stellen müssen.
Das Geld: Der finanzielle Teil eines möglichen Deals beinhaltet zwei große Posten: die Ablöse und das Gehalt. Fest steht schon jetzt, dass der FC Bayern in beiden Fällen extrem tief in die Tasche greifen müsste.
Ob Dembélé für "nur" 80 Millionen Euro wechseln würde, ist eine Frage, die derzeit nur der FC Barcelona beantworten kann. Angeblich erhoffen sich die Katalanen eine dreistellige Millionensumme. Es wäre eine Dimension, in die der FC Bayern eigentlich nicht vorstoßen wollte.
Noch besorgniserregender könnte sich das Gehalt Dembélés auf das Gefüge des Rekordmeisters auswirken. Inklusive Boni bringt es der Franzose beim FC Barcelona auf satte 20 Millionen Euro jährlich. Diese Zahl haben Dokumente der Plattform "Football Leaks" zutage gebracht. In München wäre der Weltmeister mit diesem Salär Top-Verdiener - und würde sicherlich mehr als nur einen neidischen Blick auf sich ziehen.
Ob der Rekordmeister sein Gehaltsgefüge für Dembélé sprengen würde, bleibt abzuwarten.
Die Schlagzeilen: Dembélé ist ein Spieler, der Schlagzeilen produziert. Sollte er für 80 Millionen Euro und mehr in die Bundesliga wechseln, wird er nicht nur im Fokus des Boulevard stehen. Jeder Schritt, jeder Fehltritt, jede noch so kleinste Verfehlung wird ausgeschlachtet und thematisiert werden. Das gilt zwar für jeden Neuzugang, bei einem "vorbelasteten" Spieler aber umso mehr.
Es ist ein schmaler Grat für den Rekordmeister, der sich schon in der letzten Saison extrem dünnhäutig gegenüber Kritik präsentierte (Stichwort Menschenwürde). Mit Dembélé könnte nicht nur mehr Trubel, sondern auch erheblich mehr Unruhe ins Umfeld des FC Bayern kommen. Die sportliche Leistung hat dies bei noch keinem Verein gefördert.
Christian Schenzel