11.08.2020 15:51 Uhr

Flunkert der BVB wie bei Dembélé, Aubameyang und Co.?

Bleibt Jadon Sancho (re.) wirklich
Bleibt Jadon Sancho (re.) wirklich "definitiv" beim BVB?

Mit der Abreise ins Trainingslager ist auch die Deadline von Borussia Dortmund für einen Wechsel von Jadon Sancho zu Manchester United abgelaufen. Es scheint, als könne der BVB eine weitere Saison mit dem Engländer planen. Doch ein Blick ins Archiv verrät, dass selbst die vermeintlich deutlichsten Statements der Dortmunder Verantwortlichen manchmal nur taktisches Geplänkel waren.

"Wir planen mit Jadon. Jadon wird nächste Saison beim BVB spielen. Die Entscheidung – und da habe ich ein absolutes Agreement mit unserem CEO Hans-Joachim Watzke – ist definitiv", sagte Michael Zorc am Montag in Bad Ragaz.

Noch klarer hätte der Sportdirektor des BVB kaum formulieren können, dass der monatelange Poker um Jadon Sancho für diesen Sommer beendet ist.

Und doch bleiben Restzweifel, ob die Entscheidung tatsächlich so unumstößlich ist, wie die Dortmunder Führungsetage es der Öffentlichkeit glauben machen will. Zu oft kam es letztlich anders, wie folgende Beispiele belegen:

  • Der BVB und die Causa Ilkay Gündogan

Bevor das Mittelfeld-Ass im Sommer 2016 zu Manchester City wechselte, gaben die BVB-Bosse immer wieder Statements ab, die im Nachhinein einen faden Beigeschmack hatten.

Als die "Bild am Sonntag" im April 2016 berichtete, dass der Deal mit den Sky Blues beschlossene Sache sei, reagierte Zorc äußerst gereizt.

"Ich habe davon selbst erst aus der Zeitung erfahren. Schön, dass man noch etwas dazulernen kann auf diesem Wege", ätzte der Funktionär.

Nun ist es nicht ungewöhnlich, Transfergerüchte in der heißen Phase der Saison beiseite zu schieben, um sich aufs Wesentliche - das Sportliche - zu konzentrieren.

Allerdings suggerierte Zorcs Reaktion, dass die Einigung zwischen City und Gündogan frei erfunden worden sei, was sich nachweislich als falsch herausstellte. Für 27 Millionen Euro ging der DFB-Star nach England.

  • Der BVB und die Causa Henrikh Mkhitaryan

Wie Kaugummi zog sich der Poker um den Armenier, der den BVB ebenfalls 2016 verließ und sich Manchester United anschloss. Viele der Wasserstandsmeldungen im Vorfeld des Deals erwiesen sich als Luftnummern.

"Wir wollen mit Mkhitaryan verlängern. Die Frage, ob wir auf eine Ablösesumme verzichten würden, würden wir uns nur dann stellen, wenn wir das Gefühl hätten, dass er nicht verlängert. Doch das ist derzeit nicht der Fall", hatte Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke in einem am 21. Mai erschienenen Interview mit dem "Westfälischen Anzeiger" erklärt.

Problem: Auch in diesem Falle kam alles schlussendlich ganz anders. Kann man Watzke nun vorwerfen, dass er auf eine Verlängerung mit Mkhitaryan gehofft hatte? Sicher nicht. Schlimmer war, was danach folgte.

Als United Ernst machte, wehrten sich die Westfalen mit Händen und Füßen gegen einen Transfer. Der Druck wurde so groß, dass Watzke via "Bild" bereits Fakten schaffen wollte.

"Wir haben die Frage nach einer vorzeitigen Trennung intensiv in allen Gremien diskutiert und sind zu dem Entschluss gekommen, dass Mkhitaryan auch in der nächsten Saison in Dortmund bleibt", ließ der Funktionär wissen. Und das, obwohl der Vertrag des Edeltechnikers im darauffolgenden Jahr ausgelaufen wäre.

Das Ende vom Lied: Manchester United erhöhte das Angebot auf 42 Millionen Euro - und Mkhitaryan war aller Dementis zum Trotz weg.

  • Der BVB und die Causa Ousmane Dembélé

Am bislang größten Wechsel-Theater in Dortmund waren auch die BVB-Bosse nicht unbeteiligt. Als Ousmane Dembélé nach einer phänomenalen Debütsaison offen mit einem Abgang kokettierte und in Barcelona damit auf offene Ohren stieß, liefen Zorc und Co. zur Höchstform auf.

"Es gibt keine Verhandlungen. Ous wird auch in der kommenden Saison beim BVB spielen", bestätigte der Sportdirektor im Juni 2017 auf "WAZ"-Anfrage.

Wenig später wurde deutlich, dass der Ex-Profi nur auf Zeit gespielt hatte. Als Barca in die Vollen ging, war die Borussia plötzlich offen für Gespräche.

"Wir sind bereit, ihn zu verkaufen. Das, was wir wollen, liegt auf dem Tisch. Wenn sie das nicht zahlen, ist Dembélé wieder bei uns", erklärte Hans-Joachim Watzke im August 2017 bei "Sky".

Ousmane Dembélé verließ den BVB nicht im Guten
Ousmane Dembélé verließ den BVB nicht im Guten

Kurz vor Toreschluss einigten sich alle Parteien doch noch auf einen Transfer. Stolze 138 Millionen Euro schlug der BVB dabei heraus, wirkte ob der Umstände des Deals (Stichwort Trainingsstreik) letztlich aber nicht wie ein Gewinner.

  • Der BVB und die Causa Pierre-Emerick Aubameyang

Auch beim Wechsel des Gabuners machte der BVB in seiner Außendarstellung Fehler. Als die Abwerbeversuche des FC Arsenal im Frühjahr 2018 längst verbürgt waren, ließ sich Zorc zu einem Statement hinreißen, das ihm später um die Ohren flog.

"Aubameyang wird bis zum Sommer bei uns bleiben. Seine Berater verstehen das", versicherte der Sportdirektor. Zuvor hatten die Westfalen ihrem Torjäger - ähnlich wie nun Sancho - eine Deadline gesetzt.

"Wir betrachten das Transferfenster für ihn als geschlossen, da ansonsten die Zeit zu knapp geworden wäre", erläuterte Zorc damals.

Der Rest ist bekannt: Arsenal unterbreitete dem BVB am letzten Tag der Wechselperiode eine Offerte über knapp 64 Millionen Euro, die schließlich zur Einigung führte. In Michy Batshuayi wurde sogar noch ein Ersatz aufgetrieben.

Was blieb, waren schwerreiche Dortmunder, die jedoch an Glaubwürdigkeit eingebüßt hatten. Ob es bei Jadon Sancho diesmal anders läuft und die Entscheidungsträger Wort halten, werden die kommenden Wochen zeigen.

Heiko Lütkehus