25.10.2022 20:00 Uhr

Adeyemi beim BVB: Zu viel "Hallodri", zu wenig "Waffe"

Karim Adeyemi konnte beim BVB noch nicht wirklich durchstarten
Karim Adeyemi konnte beim BVB noch nicht wirklich durchstarten

Im Sommer 2022 nahm Borussia Dortmund 30 Millionen Euro in die Hand, hängte die internationale Konkurrenz ab und sicherte sich die Dienste von Karim Adeyemi. Die Zeit für den nächsten Schritt schien perfekt zu sein, ein weiterer Entwicklungsschub lässt allerdings auf sich warten.

Gewinn der Torjägerkanone der österreichischen Bundesliga im Alter von gerade einmal 19 Jahren, dazu erste Erfahrungen im deutschen A-Nationalteam: In der vergangenen Saison gelang Karim Adeyemi der endgültige Durchbruch, beim BVB sollte es in Windeseile weitergehen.

Doch in Dortmund kommt Adeyemi bislang zwar auf zwölf Pflichtspieleinsätze, stand aber selten länger als 60 Minuten auf dem Rasen. Zugegeben: Der Angreifer verpasste verletzungsbedingt bereits fünf Partien. Dass die bisherige Ausbeute von zwei Treffern und null Vorlagen eher überschaubar ausfällt, ist aber nicht von der Hand zu weisen. Und da der 20-Jährige eines seiner Tore in der 1. Runde des DFB-Pokals gegen Drittligist TSV 1860 München erzielte, schmälert die Ausbeute eher zusätzlich.

Hinzu kommt ein hanebüchener Hackenfehlpass gegen Union Berlin, mit dem sich Adeyemi einen nicht geringen Anteil an der 0:2-Niederlage der Schwarz-Gelben und spitzzüngige Kommentare von BVB-Routinier Mats Hummels sowie Coach Edin Terzic sicherte. 

Wirklich alarmierend ist allerdings die Reaktion, die der Youngster zeigte, als er mit den kritischen Stimmen konfrontiert wurde. "Nö, würde ich nicht sagen", erwiderte Adeyemi am "DAZN"-Mikrofon auf die Frage, ob er Verständnis für die Forderungen nach dem Ende der "Hacke, Spitze, 1,2,3"-Spielweise habe. Einsicht klingt anders, Terzic zufolge soll der Neuzugang diese in einem anschließenden Vieraugengespräch allerdings durchaus an den Tag gelegt haben.

Viele Gelbe Karten in Schwarz-Gelb

Dass es in dem Offensivspieler rumort, offenbart jedoch auch eine andere Statistik: In seinen bisherigen 549 Pflichtspielminuten kassierte Adeyemi bereits drei Gelbe Karten und flog einmal vom Platz. Zum Vergleich: In 4638 Minuten für Salzburg wurde Adeyemi lediglich elfmal verwarnt.  

Werte, die an längst überwundene Schwierigkeiten erinnern: Der FC Bayern, der das unbestrittene Talent des gebürtigen Münchners früh erkannte, setzte ihn mit gerade einmal neun Jahren wieder vor die Tür. "Er hat sich nicht gut verhalten. Er hat einen Fehler gemacht", erklärte Bayerns damaliger NLZ-Leiter Hermann Gerland Jahre später gegenüber "Sky". Auseinandersetzungen mit einem Pädagogen sollen vorausgegangen sein.

Marc Unterberger, der Karim Adeyemi wenig später im Nachwuchs der SpVgg Unterhaching betreute, berichtete der "Sports Illustrated" ebenfalls, dass sein Schützling damals deutlich mehr mit seinem aufbrausenden Gemüt als mit dem perfekten Umgang mit dem Ball zu kämpfen hatte. Einen "Hallodri", nennt Adeyemis wohl größter Förderer Manfred Schwabl den Edeltechniker derweil durchaus liebevoll. 

Verschenkt der BVB Adeyemis wahres Potenzial?

Klar ist aber auch, dass Adeyemi ohne einen gewaltigen Schuss Disziplin nicht in der Lage gewesen wäre, seinen beeindruckenden Aufstieg hinzulegen. Seinen bislang zurückhaltenden Einfluss auf das Spiel des BVB mit dem leichten Rückfall in Jugendsünden zu begründen, ist schlicht zu einfach. Außerdem sticht ein Umstand ins Auge, dem sich vielmehr die sportlichen Verantwortungsträger des BVB stellen müssen.

Während Adeyemi im Nachwuchs der SpVgg Unterhaching sowie bei RB Salzburg und dessen Zweitvertretung Liefering vor allem im Sturmzentrum glänzte, bleibt ihm die Rolle des Neuners in Dortmund bislang meist verwehrt. Als klar war, dass mit Sébastien Haller ein Mann für das offensive Zentrum dem BVB aufgrund seiner Krebsdiagnose lange fehlen wird, investierten die Dortmunder sogar in Routinier Anthony Modeste. Adeyemi traute man die Rolle offenbar nicht zu.

Abgesehen vom unglücklichen Auftritt gegen Union kam Adeyemi bei den Borussen bislang immer auf dem rechten Flügel zum Einsatz. Dort, so gab BVB-Sportchef Sebastian Kehl zum Besten, sei Adeyemi "eine Waffe im Eins-gegen-Eins", seine unbestrittene Stärke im Abschluss kommt hingegen eher selten zum Tragen. 

Angesichts der aktuellen Leistungen von Youssoufa Mouoko im BVB-Sturmzentrum wird zumindest Adeyemis nahe Zukunft wohl weiterhin auf der offensiven Außenposition liegen. Dass ein Spieler mit seiner Veranlagung dort Partien mitbestimmen kann, untermauerte er immerhin nach seiner Einwechslung im Spitzenspiel gegen den FC Bayern, der bislang wohl besten Leistung im BVB-Dress.

In Dortmund dürfte man hoffen, dass weitere Galavorstellungen nicht all zu lange auf sich warten lassen, die "Waffe" Adeyemi den Gegnern bald schon Knoten in die Beine spielt. 

Marc Affeldt