27.02.2024 15:11 Uhr

Darum schrillen beim BVB die Alarmglocken jetzt laut

Edin Terzic braucht Siege mit dem BVB
Edin Terzic braucht Siege mit dem BVB

Dass sich Borussia Dortmund seit Monaten eher schlecht als recht von Spiel zu Spiel schleppt, wurde lange von einer zehn Partien anhaltenden Serie ohne Niederlage übertüncht - dann kam die 2:3-Heimpleite gegen die TSG 1899 Hoffenheim und beendete die trügerische Ruhe beim BVB.

Teils absurde Effektivität (wie beim 1:1 gegen die PSV Eindhoven), eine unerklärbare Abschlussschwäche des Gegners (wie beim 0:0 gegen den 1. FC Heidenheim) oder Siege, die ein gutes Stück zu hoch ausfielen (wie beim 3:0 gegen den SV Darmstadt): Dafür, dass der Baum bei Borussia Dortmund nicht schon länger lichterloh brennt, gibt es einige Gründe.

Seit der Pleite des BVB gegen Hoffenheim sind die schrillenden Alarmglocken an der Strobelallee allerdings nicht mehr zu überhören. Gründe gibt es auch dafür genug.

  • Kabinenansprachen des BVB verpuffen

Die Niederlage gegen die TSG, bei der der BVB nach frühen Rückstand die Partie drehte, um dann doch zu verlieren, sei "komplett unsere eigene Schuld" gewesen, suchte Trainer Edin Terzic erst gar nicht nach Ausreden. "Den Gegner wieder ins Spiel kommen zu lassen, das ist extrem frustrierend."

Alarmierender ist allerdings, was Terzic auf der Pressekonferenz nach der Partie noch zum Besten gab. In der Pause habe man ganz konkret die Probleme in der Absicherung angesprochen und "Namen genannt, trotzdem ist es uns dann mal wieder nicht gelungen, gut in die zweite Halbzeit zu starten", so der 41-Jährige, der damit indirekt bestätigt, dass die Stars auf dem Rasen seine Anweisungen nicht umsetzten. Das dürfte bei den Klub-Bossen für großes Kopfzerbrechen sorgen, denn immer wieder wirkt der BVB gerade zu Beginn der zweiten Halbzeit pomadig und ideenlos. Hinter vorgehaltener Hand sind Terzics Kabinenansprachen im Klub längst Thema.

  • BVB-"Arroganz" gipfelt in Fehlern

Ganz offen wird hingegen über die gehäuften Unaufmerksamkeiten im BVB-Spiel gesprochen. Mangelnde Konsequenz im Zweikampf, hanebüchene Fehlpässe, viel zu kurze Rückspiele in die eigenen Reihen oder überhebliche Dribblings sind keine Ausnahme mehr.

Besonders prekär: Kaum ein Spieler scheint davor gefeit, den ein oder anderen folgenschweren Bock zu schießen.

"Man muss der Mannschaft ein Stück weit vorwerfen, dass wir in manchen Phasen das Spiel nicht weiter kontrolliert haben, dass wir auch arrogant gespielt haben, teilweise nicht konsequent genug im Zweikampf waren", brachte es Sportdirektor Sebastian Kehl nach dem 2:2 gegen den VfL Wolfsburg auf den Punkt und monierte "zu viel Hacke, zu viel Spitze" bei den Profis.

  • Edin Terzic hat sich bei der BVB-Kapitänsfrage verzockt

Mit seinem Arroganz-Vorwurf dürfte Kehl explizit auch Kapitän Emre Can gemeint haben - eine Personalie, die aus mehreren Gründen problematisch ist.

Im Sommer soll der BVB kurz vor einem Kauf von Edson Álvarez gestanden haben. Den Mexikaner hatte man auserkoren, um dem Mittelfeld Stabilität zu verleihen - dann kam allerdings alles anders. Terzic soll sich unter anderen gegen Kehl durchgesetzt und den 40 Millionen Euro teuren Deal abgelehnt haben, Álvarez wechselte von Ajax Amsterdam zu West Ham United.

Stattdessen verlängerte der BVB mit Can, stattete den deutschen Nationalspieler mit der Kapitänsbinde aus und hoffte, damit endgültig das Ende seiner Leistungsschwankungen in den letzten Jahren einzuläuten.

Wäre dieser Schritt von Erfolg gekrönt gewesen, hätte sich Terzic zu Recht feiern lassen können: 40 Millionen Euro gespart, die Lösung für eine Kaderbaustelle in den eigenen Reihen ausgemacht - BVB-Herz, was willst du mehr?!

Dumm nur, dass die Binde für Can eher Bürde als Antrieb ist. Der 30-Jährige spielt eine Saison zum Vergessen.

Längst gehört er eigentlich auf die Bank, wodurch sich Terzic aber wiederum selbst schwächen würde. Folglich stärkte der Coach seinem Schützling unlängst den Rücken und betonte, dieser sei "Teil der Lösung".

  • Kobel-Rätsel beim BVB

Verletzungssorgen gehören beim BVB eigentlich schon zur Tradition. Auch 2023/24 - das gehört ebenfalls zur Wahrheit - hatte Terzic selten die Qual der Wahl. Ein immer wiederkehrender Ausfall schmerzt dabei besonders: der von Keeper Gregor Kobel.

Fraglos ein echter Unterschiedsspieler auf seiner Position, muss der Schweizer immer wieder mit unterschiedlichsten Blessuren kurze Pausen einlegen. Im Verlauf dieser Saison war dies schon in vier Partien der Fall. Am Wochenende gegen Union Berlin folgt wohl das fünfte Spiel des BVB ohne den Rückhalt. 

Zwar schlägt sich Vertreter Alexander Meyer bislang gut, dennoch spricht die Bilanz Bände: Ohne Kobel gewann der BVB in den vergangenen beiden Spielzeiten nur sechs von 14 Spielen.

Mit der Kobel-Problematik konfrontiert, betonte Terzic, man werde alles beleuchten, diese sei aber "nur ein Thema" für den Verein. Dass es zu den schwerwiegenden Themen gehört, lässt sich aber nicht leugnen.

Fest steht: Nur gute Ergebnisse in den nächsten Wochen werden die Alarmglocken beim BVB verstummen lassen. Gegen Union und Werder Bremen müssen Siege her, auch ein Ausscheiden im Champions-League-Achtelfinale gegen die PSV Eindhoven nach dem 1:1 im Hinspiel verbietet sich eigentlich - zumal anschließend erst die ganz großen Gegner auf dem Programm stehen.

Gerade für Terzic ist das eine unangenehme Situation, die durchaus in der Trennung gipfeln könnte.

Marc Affeldt