20.04.2024 14:12 Uhr

Verletzungspech bei Bayern: Müller-Wohlfahrt schlägt Alarm

Dr. Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt ist auf seinem Gebiet eine absolute Koryphäe
Dr. Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt ist auf seinem Gebiet eine absolute Koryphäe

Der FC Bayern wird in dieser Saison immer wieder durch Verletzungen zurückgeworfen. Vor allem muskuläre Blessuren schwächen die Münchner immer wieder, derzeit fehlen unter anderem Serge Gnabry und Kingsley Coman aus entsprechenden Gründen. Der langjährige Mannschaftsarzt Dr. Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt übte jetzt deutliche Kritik.

Laut des 81-Jährigen sei die Misere unter anderem auch auf eine falsche Herangehensweise in der Diagnostik in der Sportmedizin zurückzuführen. Müller-Wohlfahrt erklärte gegenüber der "Welt am Sonntag": "Die moderne Sportmedizin befindet sich nicht im Stillstand, sondern in der Rückentwicklung."

Der weltberühmte Orthopäde, der selbst vier Jahrzehnte lang für den FC Bayern als Mannschaftsarzt gearbeitet hatte, holte weiter aus: "Ich sehe ein grundsätzliches Problem im Profifußball. In der Bundesliga, aber auch in der englischen, spanischen, italienischen und französischen Liga."

Der Mediziner führte aus, dass sich seine jüngeren Kollegen zu sehr auf technisch basierte Diagnosen statt auf die eigenen Fähigkeiten verlassen würden: "Die Kernspin-Technik. Ihr wird ein deutlich zu hoher Stellenwert eingeräumt. Der Glaube an sie ist viel zu groß geworden. Die Fähigkeit, mit den Händen zu diagnostizieren, geht verloren. Die Vereine und die Trainer sind die Leidtragenden dieser Entwicklung."

Müller-Wohlfahrt vermisse bei seinen Ärzte-Kollegen bisweilen "das Rückgrat", wie er weiter erklärte: "Die Diagnosen werden heute zu spät und oft nicht richtig gestellt."

Müller-Wohlfahrt: "Diagnosen stimmen oft nicht"

Der gebürtige Niedersachse, der auch für die Deutsche Fußball-Nationalmannschaft über 20 Jahre lang im Einsatz war, ist seit langer Zeit für seine Fähigkeiten bekannt, ohne technische Hilfsmittel oder Instrumente entsprechende Verletzungen erkennen und diagnostizieren zu können. Genau diese Fähigkeit gehe aber immer weiter verloren, wie Müller-Wohlfahrt kritisierte: "Das sollte jeder Sportarzt mitbringen, gerade auf dem Level der Bundesliga. Jeder Sportarzt sollte noch auf dem Rasen oder spätestens in der Kabine eine Diagnose stellen können."

Gegenwärtig werde zu sehr auf die Technik gehört, deren Diagnosen dann häufig auch nicht frei von Fehlern seien: "Oft werden die Kernspin-Diagnosen von den Ärzten nicht manuell überprüft oder abgeglichen. Folglich stimmen die Diagnosen oft nicht. Die Sprache des Muskels wird viel zu wenig gehört. Die Technik kann die Hände nicht ersetzen. Das wird sie niemals können", so die Sportmediziner-Legende.