05.12.2024 18:52 Uhr

Warum die K-Frage beim BVB (k)ein Thema ist

Schlotterbeck vertrat BVB-Kapitän Can zuletzt im Spiel gegen den FC Bayern
Schlotterbeck vertrat BVB-Kapitän Can zuletzt im Spiel gegen den FC Bayern

Emre Can hat sich mit seinem Platzverweis Anfang November gegen Mainz 05 (1:3) selbst ins Abseits gebracht, für das bevorstehende Bundesliga-Spiel gegen Gladbach (Samstag, 18:30 Uhr) ist der Kapitän von Borussia Dortmund erstmals wieder spielberechtigt. In der Zwischenzeit sind beim BVB andere in die Bresche gesprungen - und haben damit eine neue K-Frage entfacht. Die Diskussion könnte durchaus bald schon an Fahrt aufnehmen.

Was macht einen Kapitän eigentlich aus? Führungsstärke? Konstanz? Oder sportlicher Erfolg? Womöglich eine Mischung aus allem. Bei Borussia Dortmund war jener Mix zuletzt nicht erkennbar, die Kapitänsfrage wurde somit plötzlich wieder aktuell. Mittendrin: Emre Can.

Der Spielführer des BVB hat in den vergangenen Monaten so einiges über sich ergehen lassen müssen. Nach seiner Roten Karte am 10. Spieltag gegen Mainz 05 ging die Maschinerie in den sozialen Medien wieder von vorne los.

War er eine Woche zuvor beim 2:1-Sieg gegen RB Leipzig noch der gefeierte Held, prasselten Häme und Kritik nun umso erbitterter auf ihn ein - so schnell kann es gehen.

Auch aus den eigenen Reihen gab es deutliche Reaktionen. "Da darf er nie so hingehen. Das weiß er auch", hatte etwa sein Cheftrainer Nuri Sahin bei "Sky" klargestellt. Die Rote Karte war "ein Gamechanger". Auch Cans Stellvertreter als Kapitän Julian Brandt mahnte, er hätte "vorsichtiger" sein müssen. Seinem Standing bei Borussia Dortmund hat dies sicher nicht geholfen. 

Emre Can wird nicht vermisst

Zwei Bundesliga-Spiele Sperre hatte sich der 30-Jährige mit seiner Grätsche eingehandelt und sah die überzeugenden Auftritte seiner Borussia gegen den SC Freiburg (4:0) und den FC Bayern (1:1) nur von der Tribüne aus. Vor dem Champions-League-Spiel bei Dinamo Zagreb (3:0) war er angeschlagen und saß letztlich 90 Minuten lang auf der Bank.

Was alle drei Spiele gemein hatten: Der Kapitän wurde nicht vermisst.

Im 4-3-3-System mit einem Sechser hat sich Felix Nmecha zum neuen BVB-Lenker entwickelt. Der 24-Jährige fand zuletzt eine gute Balance zwischen defensiver Absicherung und offensivem Kreativgeist. In allen drei Partien verdiente er sich gute Noten und wird sicher auch in den kommenden Wochen seinen Stammplatz behalten.

Brandt und Schlotterbeck: BVB-Kapitäne der Zukunft?

Als wichtige Wortführer auf dem Platz sprangen Julian Brandt und zuletzt auch Nico Schlotterbeck ein. Brandt ist ohnehin inzwischen ein wichtiges Bindeglied zwischen Trainer und Mannschaft, Schlotterbeck hat seine Führungsqualitäten jüngst im Top-Spiel gegen Bayern München unter Beweis gestellt.

"Es war ein unglaubliches Gefühl. Ich finde, das ist eine Auszeichnung für die Leistung in den letzten zweieinhalb Jahren beim BVB und da muss ich dem Trainer danken, dass er mir so viel Vertrauen gibt", so Schlotterbeck nach der Partie stolz. Mit seiner Leistung als Aushilfskapitän überzeugte der Innenverteidiger derart, dass anschließend erneut Stimmen laut wurden, es sei an der Zeit, Emre Can als Kapitän abzusetzen.

"Bild" berichtete wenig später, dass man in Dortmund die Kapitänsbinde spätestens zur kommenden Saison neu vergeben könnte, Brandt und Schlotterbeck seien heißeste Anwärter.

Can-Comeback? Sahin bleibt bemerkenswert vage

Vorerst wird man beim BVB aber tunlichst vermeiden, ein weiteres Fass aufzumachen und Emre Can abzulösen. Ohnehin gilt er innerhalb der Mannschaft als unantastbar, auch in der Kabine wird der Defensiv-Routinier geschätzt und respektiert, hob jüngst auch der "kicker" hervor. Die logische Konsequenz: Eigentlich müsste der Spielführer dann auch auf dem Platz gesetzt sein.

Während im Mittelfeld kein Platz mehr ist, könnte Can in den nächsten Wochen erneut in der Innenverteidigung unterkommen. Waldemar Anton verletzte sich gegen die Bayern, gegen Gladbach wäre somit der Platz neben Nico Schlotterbeck frei.

Bemerkenswert: Am Donnerstag auf der Spieltagspressekonferenz sprach sich Nuri Sahin nicht etwa deutlich für seinen Kapitän aus, stattdessen ließ er es völlig offen, ob der nach überstandenen Sprunggelenksproblemen jüngst zurückgekommene Niklas Süle oder etwa Emre Can spielen wird.

"Schnell sind sie beide, Fußballspielen können sie beide, Kopfballspiel auch. Das einzige, was sie unterscheidet, ist, dass der eine mehr auf dem Platz kommuniziert als der andere. Aber sonst? Beide sind gute Verteidiger. Mal schauen", so Sahin, der seinem Führungsspieler offenbar keine Einsatzzeit garantiert.

Noch interessanter wird es dann, wenn der Dortmunder Trainer aus dem Vollen schöpfen kann. Fehlt Emre Can dann auf dem Spielberichtsbogen, muss der BVB-Trainer auch die K-Frage moderieren. 

Macht es Can wie Reus und Schmelzer?

Oder, so schlug es der langjährige Bundesliga-Kommentator Marcel Reif zuletzt bei "Bild TV" vor: Emre Can gibt seine Kapitänsbinde freiwillig ab. "Er ist doch ein intelligenter Kerl, man möchte ihm fast raten, geh zu Nuri Sahin und sag: Die Binde zieht Blicke auf sich, nimm mich mal aus dem Fokus. Mach mich zum Vizekapitän. Mein Wort zählt weiter in der Kabine, aber vielleicht geht es mir dann besser", so Reifs Vorschlag.

Auch seine Vorgänger Marco Reus und Marcel Schmelzer waren einst bei jenem Punkt angekommen, Can wäre also nicht der erste Dortmunder Spielerführer, der die Binde freiwillig abdrückt.

Bis es so weit kommt, wird Emre Can aber drei zentrale Dinge unter Beweis stellen wollen: Führungsstärke, Konstanz und sportlichen Erfolg.