Matthäus warnt: Bayern wandelt auf einem "schmalen Grat"

Für Borussia Mönchengladbach (1979 bis 1984) und den FC Bayern (1984 bis 1988 und 1992 bis 2000) absolvierte Lothar Matthäus über 460 Spiele in der deutschen Fußball-Bundesliga. Mit seinem enormen Erfahrungsschatz im Gepäck, blickt der deutsche Rekordnationalspieler nun auf die anstehende Spielzeit. Was Matthäus zu sagen hat, dürfte vor allem dem Liga-Platzhirsch aus München allerdings nicht gefallen.
"Der FC Bayern muss hoffen, dass man von gewissen Dingen verschont bleibt. Ich sehe den Kader in der Breite nicht nur bei Leipzig, sondern auch bei anderen Teams besser", rüttelt Matthäus im Gespräch mit der "Sport Bild" an der Dominanz des FC Bayern, der 2021/22 die zehnte Deutsche Meisterschaft in Serie einfahren will.
Zwar habe der Rekordmeister die "beste erste Elf", so Matthäus, sieht man "von den ersten elf, zwölf, 13 Spielern" ab, wird die Luft beim FC Bayern dünn. Matthäus vertritt sogar die Ansicht, dass gleich fünf Konkurrenten im heimischen Oberhaus in der Breite besser aufgestellt sind.
BVB und Co. mit besseren Kader als der FC Bayern
Neben Leipzig seien dies Borussia Dortmund, Bayer Leverkusen, der VfL Wolfsburg und Borussia Mönchengladbach. Das Quartett sei "in der Breite besser aufgestellt", überrascht Matthäus, betont jedoch: "Die erste Elf von Bayern ist europäisches Topniveau." Dennoch traut er vor allem dem BVB und RB Leipzig zu, die Titelserie der Bayern zu beenden.
An der Säbener Straße habe man mit Jérôme Boateng, Javi Martínez und David Alaba drei Spieler weggefallen, "die nicht nur auf dem Platz, sondern ebenso für die Kabine wichtig waren", konkretisiert Matthäus. Der FC Bayern verfüge auch ohne das Trio "nach wie vor sehr gute Führungsspieler, aber atmosphärisch muss erst wieder alles zusammenwachsen", warnt der 60-Jährige.
Der FC Bayern wandere auf einem "schmalen Grat", urteilt Matthäus: "Die erste Elf plus die Nummer zwölf bis 15 könnte die Champions League gewinnen. Viele Spieler sind jedoch der Drei- oder sogar Vierfachbelastung nicht gewachsen, inklusive der Reisestrapazen und allem Stress." Ein Umstand, der die Arbeit von Neu-Coach Julian Nagelsmann "sicher nicht einfacher" mache.
Nagelsmann muss beim FC Bayern zum "Zauberer" werden
Dass die Bayern-Führungsebene die vermeintlichen Probleme in der Öffentlichkeit ausblendet und stattdessen auf die Qualität des vorhandenen Personals verweist, wundert Matthäus derweil nicht. Sportvorstand Hasan Salihamidzic und Vorstandsboss Oliver Kahn könnten diesen Umstand gar nicht offen ansprechen, da sie selbst die Verantwortung für die Situation tragen. Außerdem würde dies die Preise möglicher Neuzugänge in die Höhe treiben.
Für die Wende könnte hingegen Nagelsmann sorgen. Wenn der 34-Jährige "einige Spieler besser macht, dann ist der Verein nicht nur der Meisterfavorit, sondern dann kann Bayern auch die Champions League gewinnen", ist sich Matthäus sicher. Damit dies gelingt, müsse sich Nagelsmann jedoch als "Zauberer" erweisen.