"Unglaubliches" Trainer-"Chaos" bei S04 und Co. eskaliert

Es vergeht gefühlt kein Tag, an dem nicht ein Trainer in der 2. Bundesliga gefeuert wird. Auch die Traditionsvereine FC Schalke 04 und 1. FC Köln sind betroffen. Der Trainerstuhl wird zum brutalen Schleudersitz, Kult-Coach Peter Neururer sieht die Vereinsführungen in der Verantwortung.
Rund um das vergangene Wochenende schepperte es erneut gewaltig in der 2. Bundesliga.
Erst verkündete der kriselnde FC Schalke 04 das vorgezogene Aus von Coach Kees van Wonderen, dann sorgte der 1. FC Köln mit der Entlassung von Gerhard Struber für einen Paukenschlag. Gefolgt von der SpVgg Greuther Fürth, die am Montag Trainer Jan Siewert vor die Tür setzte. Was ist da eigentlich los in der 2. Liga?
Immer mehr, immer schneller wird am Trainer-Karussell gedreht.
Kaum zu glauben, aber wahr: Von den 18 Zweitliga-Klubs haben nur noch sieben den gleichen Trainer wie zu Beginn der Saison. Dazu gehören der SC Paderborn, 1. FC Magdeburg, 1. FC Nürnberg, Fortuna Düsseldorf, Karlsruher SC, die SV Elversberg und Eintracht Braunschweig. Alle anderen haben schon den Panikknopf gedrückt.
Einige Klubs haben 2024/25 sogar schon zweimal den Coach gewechselt: Hannover, Schalke und Fürth haben gleich doppelt zugeschlagen.
14 Trainerwechsel waren es insgesamt schon während dieser Saison, in den vergangenen Tagen kam es dann zu einer wahren Flut an Entlassungen: Das Aus von Siewert in Fürth ist bereits der sechste Trainerwechsel in der 2. Liga binnen zwei Wochen.
"Was in diesem Jahr in der zweiten Liga passiert, ist Wahnsinn. Trainer dürfen nicht mal die kleinste Krise bewältigen, dann sind sie schon weg", sagt der langjährige Trainer Peter Neururer zu RTL/ntv und sport.de.
Allerdings: Auch in früheren Spielzeiten sparten die Klubs nicht an Rausschmissen. 2018/19 trennten sich auch elf Klubs von mindestens einem Coach. Genau wie 2000/01. Im Jahr darauf waren es sogar zwölf Teams, die sich von ihrem Trainer trennten.
"So schlecht war die zweite Liga noch nie"
Zudem sind die Ausgangslagen in den Klubs teils grundverschieden. Aufsteiger wie Ulm und Münster lassen sich nicht mit Schwergewichten wie Schalke, Kaiserslautern, dem HSV oder 1. FC Köln vergleichen. Sie haben andere Ziele, andere finanzielle Mittel, ein anderes Umfeld, andere Erwartungshaltungen.
Die Liga ist in diesem Jahr sehr eng, unten wie oben. Das spricht aber wohl eher gegen als für das Niveau im Bundesliga-Unterhaus.
"Was da für ein Chaos herrscht in Bezug auf das Trainer-Dasein in der zweiten Liga, ist unglaublich. Genauso wie das Chaos, das fußballerisch herrscht. Die attraktivste Liga seit Jahrzehnten, aber die fußballerische Qualität ist grauenhaft", sagt Neururer. "So schlecht war die zweite Liga noch nie."
Vor dem 32. Spieltag hatte noch die halbe Liga vom Aufstieg oder mindestens dem Relegationsplatz träumen dürfen. Auch jetzt sind noch mehrere Teams im Rennen.
Weil die Liga so eng ist, haben viele ihre Ziele noch in Reichweite, gleichzeitig aber schon sportliche Rückschläge verkraften müssen - wie beispielsweise der 1. FC Köln. Alle werden ihre Ziele naturgemäß nicht erreichen können.
Hilft die "letzte Patrone" wirklich?
Häufig wird dann die "letzte Patrone" Trainerwechsel abgefeuert, um im Finish einen weiteren Impuls zu setzen. Das ist die gängige Masche. Es ist die Zeit der Feuerwehrmänner wie Friedhelm Funkel, der die Kölner nun zum ersehnten Aufstieg führen und neue Euphorie entfachen soll.
Dass der Effzeh auf Rang zwei und drei Punkten Vorsprung auf den Drittplatzieren den Trainer rausschmeißt, wirkt erstmal überraschend, hat aber in Köln fast schon Tradition. Überraschend war auch der Rauswurf von Münster-Coach Sascha Hildmann, der mehr als fünf Jahre an der Seitenlinie stand, ehe ihn der zuspitzende Abstiegskampf den Job kostete.
Als einen der Gründe für die vielen Rausschmiss sieht Neururer derweil die Zusammensetzung der Führungsgremien. "Zu viele fachfremde Leute sitzen in der Vereinsführung. Vor allem bei Traditionsvereinen", sagt der 70-Jährige. "Sie urteilen über Dinge, mit denen sie selbst nie was zu tun hatten. Wie soll das gehen? Darum ist Bayern seit Jahrzehnten erfolgreich. Weil Fachkompetenz in der Vereinsführung ist."