22.06.2016 20:26 Uhr

1:2 gegen Island! EM-Out für ÖFB-Team

Österreich ist bei der Europameisterschaft 2016 in Frankreich vorzeitig ausgeschieden. Im letzten Spiel der Gruppe F gab es am Mittwoch gegen Island vor 68.714 Zuschauern im Stade de France von Saint-Denis eine 1:2-Niederlage. Diese Pleite besiegelte den letzten Tabellenplatz und das Out schon in der Gruppenphase.

Das ÖFB-Team war bereits in der 18. Minute durch einen Treffer von Jón Daði Böðvarsson in Rückstand geraten und vergab in der 37. Minute die große Chance eines Elfmeters, als Aleksandar Dragović den Ball nur an die Außenstange setzte. Nach der Pause gelang dem eingewechselten Alessandro Schöpf in der 60. Minute zwar der zwischenzeitliche Ausgleich zum 1:1, aber Neo-Rapidler Arnór Ingvi Traustason fixierte in der 94. Minute aus einem Konter den 2:1-Erfolg der Isländer.

Mit nur einem Punkt in den drei Gruppenspielen gegen Ungarn, Portugal sowie Island steht für Österreich nur Platz vier zu Buche. Der angestrebte Aufstieg in das Achtelfinale, der von ÖFB-Präsident Leo Windtner vor Turnierbeginn als erklärtes Ziel ausgegeben war, wurde nach einer insgesamt völlig verpatzten EM klar verfehlt.

Taktik-Revolution beim ÖFB-Teamchef: Plötzlich mit Dreierkette

Teamchef Marcel Koller hatte seine Mannschaft nach dem torlosen Remis gegen Portugal erneut gehörig umgestellt. Es kam zu einer echten Taktik-Revolution des Schweizers: Vor Torhüter Robert Almer bildeten Sebastian Prödl, der nach seiner Sperre wieder zurückgekehrte Abwehrchef Dragović und Martin Hinteregger dabei überraschend eine Dreierkette. Eine Variante, die es unter Koller zuvor noch nie in einem Pflichtspiel gegeben hatte.

Dadurch rückten Florian Klein und Kapitän Christian Fuchs auf die Außenpositionen im Mittelfeld vor. Im Zentrum wurden sie durch Julian Baumgartlinger und Stefan Ilsanker unterstützt. An vorderster Front kamen Marcel Sabitzer und Marko Arnautović zum Einsatz, dazu rückte auch David Alaba immer wieder aus dem offensiven Mittelfeld in die Spitze. Die in der EM-Qualikation erprobte 4-2-3-1-Formation war ein Fall für den ÖFB-Papierkorb.

Martin Harnik und Sturmtank Marc Janko saßen zunächst ebenso nur auf der Ersatzbank wie der im Auftaktspiel verletzte Zlatko Junuzović.

Einstudierte Situation nach Einwurf bringt Island in Führung

Es war fast wie bei einem Heimspiel im Ernst Happel-Stadion. Die rund 30.000 mitgereisten österreichischen Fans verwandelten das Oval in eine rot-weiß-rote Hochburg. Prater-Feeling auch fernab der Heimat nördlich von Paris. Doch sie erlebten schon in der zweiten Minute fast ihr blaues Wunder, als ein herrlicher Weitschuss von Jóhann Berg Guðmundsson am Lattenkreuz landete.

Auf der anderen Seite schockte dafür auch Keeper Hannes Halldórsson die tausenden Schlachtenbummler aus Island. Er zögerte bei einem Abschlag viel zu lange und servierte das Leder nahezu ideal einschussbereit für Marko Arnautović. Doch der rutschte im entscheidenden Moment weg und ließ so die große Möglichkeit auf die 1:0-Führung aus.

Dafür lag das ÖFB-Team wenig später zurück: Nach einem weiten Einwurf von Islands Kapitän Aron Einar Gunnarsson setzte sich Kári Árnason im Kopfballduell mit Fuchs durch und verlängerte für Böðvarsson, der Almer mit einem Flachschuss bezwang (18.). Eine einstudierte Variante, so waren die Isländer schon zuletzt gegen Ungarn immer wieder gefährlich geworden. Österreich war nicht in der Lage diese in der Vorbereitung auf das Spiel sicher angesprochene Stärke des Gegner zu verteidigen.

Dragović setzt einen Elfmeter nur an die Außenstange

Es kam vor der Pause noch dicker: Als Ari Skúlason im Strafraum Alaba nur mehr zurückhalten konnte, gab es folgerichtig einen Elfmeter. Doch Dragović setzte den Ball nur an die Außenstange. ÖFB-Star Alaba, der in der EM-Qualifikation noch erster Elferschütze gewesen war, übernahm diesmal als gefoulter Spieler nicht die Verantwortung. Aber dieser Wechsel des Strafstoß-Exekutors blieb ebenso erfolglos wie das neue Koller-System.

Der Schweizer reagierte und brachte zur Pause mit Schöpf und Janko für Ilsanker und Prödl zwei neue Kräfte. Die Variante mit drei Innenverteidigern war so schnell wieder Geschichte. Ein gescheitertes Experiment zur falschen Zeit.

Österreich kam mit der gewohnten Viererkette im Spielaufbau viel besser zu Recht. Bei einem Alaba-Schuss, der im letzten Moment von Árnason geblockt wurde, klopfte man bereits am Ausgleich an (47.). Schöpf, der viel frischen Wind brachte, scheiterte gleich im Doppelpack (53. und 55.).

Schöpf gibt Österreich neue Hoffnung, Tiefschlag in der Nachspielzeit

Doch der stark auftrumpfende Tiroler gab dem ÖFB-Team dann mit seiner nächsten Talentprobe neue Hoffnung. Nach Alaba-Vorlage zog er mit einer schönen Körpertäuschung an der isländischen Innenverteidigung vorbei und traf zum 1:1 ins lange Eck (60.).

Almer bewahrte seine Mannschaft auf der Gegenseite bei einem Schuss von Gylfi Sigurðsson vor einem erneuten Rückstand. Für die nun drückend überlegen agierende rot-weiß-rote Auswahl ließen Janko (69.) sowie erneut Schöpf (72.) die besten Möglichkeiten zur 2:1-Führung aus. Weil auch ein Alaba-Freistoß von Halldórsson über die Latte gelenkt wurde (80.), blieb es bis in die Nachspielzeit beim 1:1.

Ein Ergebnis welches für Österreich zu wenig war. Man warf alles nach vorne, sogar Keeper Almer rückte bei einem Eckball mit auf. Doch in der 94. Minute war man bei einem Konter der Isländer völlig offen und ausgerechnet ein Mann, der in der kommenden Saison beim SK Rapid spielen wird, beendete den EM-Traum des ÖFB.

Der eingewechselte Arnór Ingvi Traustason traf aus kurzer Distanz zum 2:1-Sieg für Island. Almer konnte den Ball nicht mehr vor der Linie stoppen. Unmittelbar danach erfolgte der Schlusspfiff. Nicht nur für dieses Spiel sondern auch für die Europameisterschaft aus Sicht von Österreich. Ein Turnier bei dem die Nationalmannschaft und auch Teamchef Marcel Koller eine ganz große Chance ausgelassen haben.

Ungarn als sensationeller Gruppensieger, Island als Zweiter und Portugal als Dritter dürfen im Achtelfinale weitermachen. Die ÖFB-Auswahl fliegt nach Hause. Enttäuscht nach einer großartigen EM-Qualifikation nicht seine Möglichkeiten ausgeschöpft zu haben. Zur Analyse bleibt in den kommenden Tagen genug Zeit. Für die UEFA EURO 2016 kommt dies jedoch zu spät. 

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Christian Tragschitz, weltfussball.at aus Saint-Denis